Der Umgang mit der Corona-Krise offenbart nach Ansicht von 9 renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern "gravierende politische Fehlentscheidungen". Sie plädieren deshalb für
- eine sorgfältige Integration der Impfung in eine umfassende Präventionsstrategie inkl. einer umfassenden sachlichen und offeneren Informationskampagne
- eine wissenschaftlich begleitete und "resiliente" Impfkampagne, die eine möglichst große Elastizität gegenüber Störungen und Konflikten aufweist, die ihren Erfolg schmälern könnten,
- eine individuelle Aufklärung zur Impfung, damit Patientinnen und Patienten eine selbstbestimmte Entscheidung über Behandlung oder Nicht-Behandlung treffen können.
Impfen allein reicht nicht
Nur in Kombination der Ansätze und nicht mit einer eindimensionalen Betrachtungsweise könne eine Wirkung gegen das Corona-Virus erzielt werden. Die Impfung allein könne das nicht richten, heißt es in dem am Sonntag veröffentlichten 111-Seiten starken Thesenpapier "Die Pandemie durch SARS-CoV-2/CoViD-19".
Ein sinnvolles, zu definierendes Ziel der Impfkampagne sei laut Autorenteam die stabile Kontrolle unter der Überschrift "Leben mit dem Virus".
Wirkung der Impfkampagne evaluieren
Das Papier gliedert sich in 3 Themenkomplexe: Epidemiologie, Prävention und Gesellschaftspolitik. Außerdem stellt das Autorenteam ein methodisches Gerüst vor, das die Wirkung einer Impfkampagne zu prognostizieren helfe.
Denn bei der Etablierung und Bewältigung der Impfkampagne sei es nicht ausreichend, einen Impfstoff zur Verfügung zu haben, sondern die vielfältigen, grundrechtsbezogenen und ethischen Konflikte in der Organisation, Vermittlung sowie Erfolgskontrolle einer solchen Kampagne müssten bedacht werden.
Nicht auf Einzelmaßnahmen fokussieren
Die Erfolgskontrolle der Impfkampagne dürfe deshalb auch nicht an Einzelkriterien wie der Impfquote gemessen werden. Denn dieses Vorgehen sei störanfällig und gebe unter Umständen Anlass zu falscher Sicherheit.
Mit multidimensionalem Score frühzeitig ungünstige Entwicklungen erkennen
Das Wissenschaftsteam schlägt einen multidimensionalen Score vor, der neben der Impfquote u. a. die Inanspruchnahme der intensivmedizinischen Behandlung vorsieht oder den Grad der Kooperation von Krankenhaus- und Pflegeheimpersonal.
Ein solches Scoresystem sollte von Beginn der Impfkampagne an mitgeführt werden, heißt es in dem Thesenpapier, und würde erlauben, einen ungünstigen Verlauf frühzeitig zu erkennen.
Zum Autorenteam des Thesenpapiers zählen: Matthias Schrappe, Hedwig François-Kettner, Matthias Gruhl, Dieter Hart, Franz Knieps, Philip Manow, Holger Pfaff, Klaus Püschel und Gerd Glaeske.