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Berufspolitische Bildung in der Pflege

Warum Engagement und Kompetenzen entscheidend sind

Wie lassen sich Pflegende für Politik begeistern und wie ist berufspolitische Bildung in Ausbildungskonzepte zu integrieren?

Die Pflege steht vor großen Herausforderungen: Angesichts der prekären Versorgungslage und demografischen Entwicklungen wird berufspolitisches Engagement in der Pflege immer notwendiger. Doch wie lassen sich Pflegefachpersonen und Auszubildende für Politik begeistern? Und wie ist berufspolitische Bildung in Curricula und Ausbildungskonzepte zu integrieren? Der Bundesverband Lehrende Gesundheits- und Sozialberufe (BLGS) und der Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) haben Ideen entwickelt für eine starke politische Bildung in der Pflege. Im Rahmen eines Mitgliederaustausches ist ein Konzeptpapier entstanden, dessen Inhalt hier zusammenfassend dargestellt wird.

Die Pflegeprofession steht in Deutschland vor erheblichen Herausforderungen. Die demografische Entwicklung und der Mangel an qualifiziertem Pflegepersonal machen eine nachhaltige Sicherung der pflegerischen Versorgung dringend erforderlich. Berufspolitische Bildung ist dabei eine zentrale Komponente, um Pflegefachpersonen für diese Herausforderungen zu stärken und sie aktiv in gesundheitspolitische Debatten einzubinden. Doch berufspolitische Kompetenzen sind bisher nur unzureichend im Bildungssystem verankert.

Die Relevanz berufspolitischer Bildung in der Pflege

Politisches Engagement und eine fundierte berufspolitische Bildung sind wesentliche Bestandteile der Pflegeprofession. Der Ethikkodex des International Council of Nurses (ICN) betont die Verantwortung von Pflegefachpersonen, aktiv zur Sicherstellung einer gerechten und umfassenden Gesundheitsversorgung beizutragen. Diese Aufgabe kann nicht „delegiert“ werden und schließt politisches Engagement notwendigerweise mit ein.

Pflegende tragen nicht nur Verantwortung für die ihnen anvertrauten Patienten, sondern auch für sich selbst und ihre Arbeitsbedingungen. Eine gesundheitsfördernde Arbeitsumgebung ist unverzichtbar für die Qualität der Pflege. Pflegefachpersonen müssen daher auch ihre eigenen Belange und das Recht auf würdige Arbeitsbedingungen verteidigen.

Berufspolitische Bildung in der Pflege: Status quo

Berufspolitische Inhalte sind in den Curricula von Schulen und Hochschulen sowie in Ausbildungsplänen unterschiedlich verankert. Das hat eine Mitgliederbefragung von BLGS und DBfK (n = 112) unter Lehrenden in Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der praktischen Ausbildung und Praxisanleitung gezeigt. Dabei reicht der Stundenumfang, der für berufspolitische Bildung vorgesehen ist, von vier bis zu achtzig Stunden. In der Praxis wird die berufspolitische Bildung eher noch seltener und beiläufiger integriert. Das ist für eine systematische Kompetenzentwicklung unzureichend.

In den Lehrplänen zeigt sich eine große Varianz in der Vermittlung berufspolitischer Inhalte. Während einige Lehrplänen Themen wie Interessenvertretung, Professionalisierung und Pflegepolitik berücksichtigen, fehlen in anderen Curricula konkrete Vorgaben zu Inhalten und Zielen der berufspolitischen Bildung.

Voraussetzungen für eine effektive berufspolitische Bildung

Ein zentrales Problem ist das unterschiedliche Interesse an Berufspolitik unter den Auszubildenden. Zu Beginn der Ausbildung ist der Fokus meist stark auf pflegefachliche Inhalte gerichtet, und Berufspolitik wird als weniger relevant wahrgenommen. Zudem mangelt es vielen Auszubildenden an grundlegenden politischen Kenntnissen, besonders wenn sie aus anderen politischen Systemen kommen. Lehrende und Praxisanleitende haben ebenfalls sehr unterschiedliche berufspolitische Kompetenzen: Während einige über jahrelange Erfahrung in politischen Gremien verfügen und ihr Wissen aktiv in den Unterricht einfließen lassen, lehnen andere politische Themen im beruflichen Kontext eher ab.

Für eine nachhaltige berufspolitische Bildung ist eine verbindliche Verankerung der Kompetenzen und Lerninhalte in den Curricula und Ausbildungsplänen notwendig. Zu den zentralen Bildungszielen zählt, dass Auszubildende und Studierende politische Prozesse verstehen, ethische Standpunkte reflektieren und Handlungskompetenzen entwickeln.

Didaktische Ansätze für die berufspolitische Bildung in der Pflege

  1. Praxisnahe Gestaltung und Problemorientierung: Politisches Wissen sollte situativ vermittelt werden, sodass der Unterricht Bezug zur Lebenswelt der Auszubildenden nimmt. Erfahrungsberichte pflegebedürftiger Menschen, Angehöriger oder Beobachtungen in der Praxis bieten hierfür gute Anknüpfungspunkte. Politische Probleme, die im Pflegealltag auftreten, lassen sich als Ausgangspunkt nehmen, um politische und strukturelle Einflussfaktoren zu analysieren.
  2. Förderung politischer Mündigkeit und Mitbestimmung: Auszubildende sollten umfassend über ihre Rechte informiert und zur politischen Mitbestimmung ermutigt werden. Die Vermittlung von Mitbestimmungsmöglichkeiten in Schule und Praxis fördert das Vertrauen in politische Handlungsfähigkeit. Gemeinsame Aktionen wie die Teilnahme an Demonstrationen oder Streiks stärken zusätzlich das Gemeinschaftsgefühl und das Interesse am politischen Engagement.
  3. Vorbilder als Inspiration: Lehrende und Praxisanleitende wirken als Vorbilder. Lehrende mit einem hohen berufspolitischen Engagement sollten ihre eigenen Kompetenzen bewusst im Unterricht und in der Praxisvermittlung einbringen. Interviews mit berufspolitisch erfahrenen Pflegenden oder Besuche von Veranstaltungen wie dem Deutschen Pflegetag bieten inspirierende Einblicke und ermöglichen den direkten Austausch mit engagierten Vorbildern.
  4. Erfolgsgeschichten erzählen und Motivation fördern: Die Darstellung konkreter berufspolitischer Erfolge fördert das Interesse und das Vertrauen in die politische Wirksamkeit der Pflegeprofession. Positive Entwicklungen, wie etwa tarifliche Verbesserungen durch gewerkschaftliches Engagement, zeigen, dass sich politisches Engagement lohnen kann, und ermutigen zu eigenem Engagement.

Methodische Ansätze zur Vermittlung berufspolitischer Kompetenzen

Um berufspolitische Kompetenzen langfristig zu fördern, bieten sich verschiedene methodische Ansätze an. Hierzu zählen:

  • Planspiele und Simulationsaufgaben: Politische Kommunikationspraktiken können im Rahmen von Planspielen und Simulationen erlernt werden. So lässt sich beispielsweise eine pflegepolitische Podiumsdiskussion simulieren, in der unterschiedliche Standpunkte eingenommen und argumentativ vertreten werden.
  • Exkursionen und Beobachtungen politischer Sitzungen: Die Teilnahme an Sitzungen von Sozial- und Gesundheitsausschüssen bietet eine praxisnahe Möglichkeit, politische Prozesse zu beobachten und politische Muster zu analysieren.
  • Projekttage und Zukunftswerkstätten: Spezifische Projekttage, die sich mit berufspolitischen Themen beschäftigen, schaffen Raum für intensiven Austausch und die Entwicklung eigener politischer Standpunkte.

Die Rolle der Lehrenden: Berufspolitische Bildung als kollegiales Projekt

Eine effektive berufspolitische Bildung setzt die Zusammenarbeit der Lehrenden beider Lernorte – Schule und Praxis – voraus. Kollegiale Austauschformate bieten den Lehrenden die Möglichkeit, eigene politische Standpunkte zu diskutieren und ihre berufspolitischen Kompetenzen gemeinsam weiterzuentwickeln. Der Austausch zwischen Lehrenden und Praxisanleitenden fördert die Abstimmung didaktischer Konzepte und ermöglicht die gegenseitige Unterstützung in der Entwicklung und Umsetzung politischer Bildungsinhalte.

Unterstützung und Ressourcen für Lehrende

Damit berufspolitische Bildung wirksam wird, brauchen Lehrende und Praxisanleitende mehr didaktische Unterstützung. Dies umfasst ansprechende Informationsmaterialien, Vorschläge für Planspiele, konkrete Unterrichtsbeispiele sowie Fortbildungen zur berufspolitischen Bildung. Eine stärker differenzierte Ausarbeitung der berufspolitischen Bildung in den Rahmenplänen und Landeslehrplänen ist zudem unerlässlich, um ein verbindliches und praxisnahes Fundament für die berufspolitische Bildung zu schaffen.

Fazit: Berufspolitische Bildung als integraler Bestandteil der Pflegeausbildung

Berufspolitische Bildung ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass Pflegefachpersonen ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen und sich für die Verbesserung der Versorgungsqualität einsetzen können. Sie gelingt dann, wenn sie systematisch und verbindlich in Curricula und Ausbildungsplänen verankert ist, Lehrende und Praxisanleitende ihre berufspolitischen Kompetenzen weiterentwickeln und die Lernprozesse partizipativ gestaltet werden. Berufspolitisch engagierte Vorbilder und Erfolgsgeschichten stärken das Vertrauen in politische Handlungsfähigkeit und motivieren Auszubildende und Studierende, ihre berufspolitische Rolle aktiv zu gestalten.

Zusammenfassung eines siebenseitigen Konzeptpapiers, das DBfK und BLGS BibliomedPflege zur Verfügung gestellt haben.

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