Die Resonanz im Netz für die 5-teilige Miniserie "Ehrenpflegas" des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ) fällt vernichtend aus. Auf den Social-Media-Accounts des Familienministeriums machen sich Nutzerinnen und Nutzer über die Jugendsprache lustig. Sie kritisieren, dass das Ministerium durch die Serie so wirke, als würden die Leute dort junge Menschen, die eine Ausbildung in der Pflege erwägen, nicht ernst nehmen. Die Reaktionen zeigen, dass die Serie das Berufsethos vieler professionell Pflegender verletzt.
Gut, dass jetzt alle über den #Pflegeberuf sprechen. Hier die Vorteile der neuen #Pflegeausbildung auf einen Blick. Weitere Infos: https://t.co/0UtU36APZU #Ehrenpflegas pic.twitter.com/CbKIGkn9t6
— Familien-, Senioren-, Frauen- & Jugendministerium (@BMFSFJ) October 13, 2020
In den FAQ zur Serie heißt es dazu: "Das Format entspricht in jungen Altersgruppen beliebten Serien und bedient sich einer modernen Bildsprache. Eine Verzerrung der Realität ist dabei Teil des humoristischen Konzepts."
Serie ungeeignet, um Interesse am Pflegeberuf zu wecken
Der Unmut unter Pflegenden ist mittlerweile so groß, dass sogar eine Petition gestartet wurde. Initiator ist der 31-jährige Onkologie- und Palliativpfleger Ludwig Montag. Mit der Petition fordert er die zuständige Bundesministerin Franziska Giffey (SPD) auf, die Serie umgehend einzustellen. "Unter Umständen" besitze diese zwar "komödiantisches Potenzial", heißt es darin, alles in allem sei die Kampagne aber "ungeeignet", Interesse am Pflegeberuf zu wecken. Einem Beruf, "der von Fachwissen, akademisch erworbenen Erkenntnissen, professioneller Kommunikation und Beratung, umfassendem Medikamentenwissen und auch der Fähigkeit lebt, sich im Notfall zum Wohle der behandelten PatientInnen in Konflikte mit dem behandelnden ärztl. Team zu begeben, um interdisziplinär gemeinsam mit den Erkrankten die bestmögliche Pflege- und Therapieoption zu ermitteln".
Nach Angaben von "Deutschlandfunk Kultur" liegen die Kosten für die Produktion von "Ehrenpflegas" bei rd. 700.000 Euro.
Nach Angaben des Bundesverbands Lehrende Gesundheits- und Sozialberufe (BLGS) ging außerdem eine Beschwerde beim Deutschen Werberat ein.
Pflegende fühlen sich von Politik verhöhnt
Der Vertrauensverlust gegenüber der Politik sei mittlerweile so gravierend, dass sich viele Betroffene von selbiger nicht nur ignoriert, sondern darüber hinaus sogar öffentlich verhöhnt fühlten, teilte der BLGS am Montag mit. Dahinter stehe die reale Erfahrung, dass selbst unter den Bedingungen von chronischem Personalnotstand, COVID-19-Pandemie und sich abzeichnender Pflegekatastrophe immer noch keine substanziellen Verbesserungen angestoßen worden seien. Diese seien wohl auch in naher Zukunft nicht zu erwarten.
"In diesem fortdauernden Politikversagen liegt die eigentliche und berechtigte Ursache der Empörung – die Ehrenpflegas sind dafür ein weiteres Symptom."
Die Videoreihe verfolge zwar einen richtigen Zweck, jedoch mit sehr strittigen Mitteln, kritisierte auch die Pflegekammer Rheinland-Pfalz. Es sei "absolut kontraproduktiv, ein so verzerrtes Bild des Pflegeberufes in die Öffentlichkeit zu tragen".
Zwar wolle die Pflegekammer auch künftig Ausbildungsoffensiven in der Pflege unterstützen. Wichtig sei dabei allerdings, dass die Berufsgruppe "viel stärker miteinbezogen" werde, wenn es um die Konzipierung solcher Formate gehe.
Bereits zum Start der Serie in der vergangenen Woche hatte der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe heftige Kritik geäußert.