Welche Tätigkeiten auf einer Intensivstation stehen definitiv unter Arztvorbehalt und welche Tätigkeiten können auch von Pflegefachpersonen mit absolvierter Fachweiterbildung übernommen werden? Dieser Frage hat sich ein juristisches Gutachten gewidmet, das die Deutsche Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste (DGF) in Auftrag gegeben hat.
Vorbehaltsaufgaben Fachpflegepersonen zugestehen
Die Kurzversion des Gutachtens hat die DGF am Donnerstag veröffentlicht. Darin stellen die Gutachter grundsätzlich fest, dass die Zuordnung von Vorbehaltsaufgaben immer der Qualität der Patientenversorgung dienen muss. Sie benennen einen "weitgespannten" Bereich von Tätigkeiten, die prinzipiell sowohl der ärztlichen als auch der pflegerischen Berufsgruppe "zugänglich" sind. Hierfür sei erforderlich, dass die Handelnden über die notwendige fachliche Qualifikation verfügten und der Gesetzgeber die Handlungsfelder "als prioritäre oder relative Vorbehaltsaufgaben" den beiden Berufsgruppen zuschreibe.
Die ausschließliche, prioritäre oder auch bloß relative Zuweisung von Vorbehaltsaufgaben an Fachpflegepersonen mit Fachweiterbildung Anästhesie und Intensivpflege (A+I) müsse von deren Qualifikation nach Maßgabe der einschlägigen Weiterbildungsverordnungen gedeckt sein.
Reform der Weiterbildungsordnungen nötig
Soweit die bestehenden Fachweiterbildungen der Länder die tatsächlich vorfindliche klinische Praxis nicht (mehr) abbildeten, bedürfe es einer entsprechenden Reform der Weiterbildungsordnungen in Form einer – bestenfalls einheitlichen – Überarbeitung oder Neufassung mit Ausweitung der fachlichen Kompetenzen, schreiben die Gutachter.
Weiter heißt es im Gutachten:
"Die Einheitlichkeit der Neufassung könnte eine Musterweiterbildungsordnung A+I (einer Bundespflegekammer) gewährleisten, die sodann durch die jeweilige Pflegekammer in länderspezifisches Recht mittels eines Mitgliederbeschlusses verbindlich umzusetzen wäre. Solange diese Selbstverwaltung nicht weitgehend umgesetzt ist, bedarf es zwingend der Umsetzung durch das Länderparlament."
Die DGF empfiehlt, dass Pflegende mit absolvierter Fachweiterbildung A+I auch formal für die Tätigkeiten zuständig sind, die sie auf vielen Intensivstationen bereits seit Jahrzehnten – gemeinsam mit Medizinerinnen und Medizinern – übernehmen. Dies sei zum Beispiel das Steuern der Beatmungseinstellung oder der Medikamente zur Kreislaufunterstützung.
Heilkundliche Aufgaben als rechtliche Grauzone
Bislang geschehe das allerdings in einer rechtlichen Grauzone, da für sogenannte heilkundliche Tätigkeiten primär Ärztinnen und Ärzte verantwortlich sind. Hier benötigten Pflegefachpersonen die juristische Absicherung für ihr tägliches komplexes Handling im Setting der Intensivstation, argumentierte die DGF.
DGF-Vorsitzender Lothar Ullrich sagte:
"Wir werden jetzt den konstruktiven Dialog mit anderen Fachgesellschaften suchen, um einen Konsens in der Frage der Vorbehaltsaufgaben zu erreichen. Unser Ziel ist es, dass dieser Bereich fachpflegerischen Handelns gesetzlich legitimiert wird. Diese Forderung wollen wir gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften an die Politik richten."
Anfang des Jahres hatte die DGF Vorbehaltsaufgaben für Pflegefachpersonen auf Intensivstationen definiert.