Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angestrebte Krankenhausreform soll für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung sorgen. Der Profession Pflege fehlt dabei allerdings die konsequente Berücksichtigung pflegefachlicher Expertise. Die Pflege sei bisher nicht in den Entscheidungsgremien zur Krankenhausreform auf Bundesebene vertreten. Das lasse wichtige Aspekte der Versorgung unter den Tisch fallen, bemängeln Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), Deutscher Pflegerat (DPR), Verband der Schwesternschaften vom DRK und Bundesverband Pflegemanagement in einem gemeinsamen, achtseitigen Policy Brief an Lauterbach, die Mitglieder im Gesundheitsausschuss sowie die Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder.
Reform gelingt nur gemeinsam mit der Profession Pflege
Eine Krankenhausreform, die ohne die tatsächliche Einbeziehung der Pflegefachpersonen, ohne ihre Handlungsautonomie und ohne eine kompetenzorientierte Abstimmung aller Gesundheitsfachberufe untereinander umgesetzt werde, sei bereits bei ihrem Inkrafttreten reformbedürftig und zum Scheitern verurteilt.
Für eine gelingende Krankenhausstrukturreform, in der das pflegefachliche Potenzial entfaltet werden könne, seien drei Forderungen zu erfüllen:
- Primärversorgungszentren bzw. Level-1i-Krankenhäuser schließen eine Versorgungslücke und sind deshalb notwendig. Ihr Versorgungsschwerpunkt liegt wesentlich auf komplexen Pflegebedarfen. Eine Leitung durch qualifizierte Pflegefachpersonen muss möglich sein.
- Die Qualitätskriterien in den Leistungsgruppen müssen die pflegerische Leistung spiegeln und einen bedarfsgerechten Personalschlüssel sowie den notwendigen Qualifikationsmix für die Pflegeberufe beinhalten.
- Die Heilkundeübertragung auf Pflegefachpersonen muss im Sinne einer Substitution geregelt werden, damit sie eigenverantwortlich ihre Kompetenzen einsetzen und die Basisversorgung sichern können.
Fehlversorgungen in der Primärversorgung
Aus Sicht der professionellen Pflege bietet die Krankenhausstrukturreform jetzt die Chance, bestehende und künftige Probleme anzugehen. Mit ihrem Policy Brief forderten die Verbände verantwortliche Politikerinnen und Politiker auf, "endlich das Potenzial der professionellen Pflege zu entfalten und für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zu nutzen".
DBfK-Bundesgeschäftsführerin Bernadette Klapper verdeutlichte am Dienstag:
"Die Fakten zur Versorgungssituation liegen seit Jahren auf dem Tisch, während der Reformdruck immer weiter steigt."
Die vier Verbände zeigen, dass Deutschland im OECD-Vergleich schlechtere Ergebnisse trotz eines teureren Gesundheitssystems erzielt. Dies beruht den Verbänden zufolge vor allem auf Fehlversorgungen in der Primärversorgung.
Ausbildungsoffensiven und Anwerbungen aus dem Ausland reichen nicht
Bessere Gesundheitsversorgung sei außerdem auf angemessene Personalschlüssel und mehr hochqualifiziertes Pflegepersonal angewiesen. Der bestehende Pflegepersonalmangel werde sich durch den demografischen Wandel verschärfen und sei weder durch Ausbildungsoffensiven noch durch Anwerbungen aus dem Ausland aufzuhalten.
DPR-Präsidentin Christine Vogler fasste zusammen:
"Generell ist es unabdingbar, dass wir zu einer Neuorganisation und Neuverteilung der Aufgaben kommen."
Der Bundesverband Pflegemanagement verdeutlichte:
"Die vorgeschlagenen Eckpunkte sind in der aktuellen Form nicht dazu geeignet, die drei Ziele der Reform – Versorgungssicherheit, Behandlungsqualität und Entbürokratisierung – zu erreichen."
Einerseits solle die Ermittlung des Pflegebudgets unverändert bleiben, andererseits sollten künftig Pflegebewertungsrelationen pro Fall eingeführt werden. Dieser Ansatz birge das Risiko einer erhöhten Bürokratie. Es sei besorgniserregend, dass die Qualität der pflegerischen Versorgung und Leistung in den Eckpunkten nicht einmal erwähnt werde.
Unterstützung von der Pflegekammer Rheinland-Pfalz
Die Pflegekammer Rheinland-Pfalz hat sich am Dienstag hinter den offenen Brief der vier Pflegeverbände gestellt. Kammerpräsident Markus Mai sagte:
"Für eine gelungene zukunftsorientierte Krankenhausreform ist es entscheidend, dass wir gemeinsam diese gestalten und vor allem praxisorientiert umsetzen. Dies kann nur gelingen, wenn alle Akteure des Gesundheitswesens mit einbezogen werden."
Die Eckpunkte der Reform sollen am Donnerstag nach dem letzten Bund-Länder-Treffen veröffentlicht werden.