Obwohl sich die Kritik an der einrichtungsbezogenen Impfpflicht seit dem Scheitern der allgemeinen Impfpflicht mehrt, will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) daran festhalten. Sie sei kein Mittel gewesen, um die allgemeine Impfpflicht umzusetzen, sondern ein Instrument, um Menschen zu schützen, "die sich uns anvertraut haben", sagte der Politiker nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht stehe nicht zur Disposition. Die Regelungen würden gut angenommen und geräuschloser umgesetzt als von manchen vermutet.
Überlastete Gesundheitsämter
Die Vizepräsidentin des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), Margit Benkenstein, kritisierte in dieser Woche, die einrichtungsbezogene Impfpflicht sei als Vorstufe zur allgemeinen Impfpflicht gedacht gewesen, um vulnerable Gruppen umfangreich zu schützen.
"Es ergibt keinen Sinn, wenn ungeimpfte Angehörige das Virus einschleppen oder sich geimpftes Personal außerhalb der Einrichtungen ansteckt."
Benkenstein ist auch thüringische bpa-Landesvorsitzende. In dem Bundesland seien seit Mitte März fast 9.000 ungeimpfte Beschäftigte vom zuständigen Gesundheitsministerium als "Zwischenstand" gemeldet worden. Noch sei zwar die Rede davon, dass ab Mitte Juli erste Arbeits- und Betretungsverbote ausgesprochen werden könnten. Doch alle Verantwortlichen wüssten, dass es dazu "aller Voraussicht nach" nicht kommen wird.
Werbung für freiwillige Impfung "massiv" ausweiten
Zum einen würden sich nach Aussagen von Benkenstein "gefährliche Versorgungslücken" auftun, zum anderen kämen die Gesundheitsämter hinsichtlich der erforderlichen Einzelfallprüfung personell "überhaupt nicht hinterher".
Für die bpa-Vizepräsidentin ist wichtig, eine geplante erneute und detailliertere Erhebung des Impfstatus der Beschäftigten im Herbst zu verhindern. Die Einrichtungen hätten keine Zeit dafür, Daten doppelt zu erheben und zu melden. Stattdessen müsse die Werbung für eine freiwillige Impfung mit Blick auf eine mögliche drohende Herbstwelle "massiv ausgeweitet" werden.
Sanktionen fallen unterschiedlich aus
Nach Angaben des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) haben die Gesundheitsämter der 20 größten Städte Deutschlands bisher mehr als 47.000 Verstöße gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht gemeldet.
Die bayerische Staatsregierung hatte bereits Mitte April angekündigt, Verstöße nur bedingt zu bestrafen.
Die Städte Düsseldorf, Essen und Hamburg wollen nach RND-Angaben im Fall eines Verstoßes von einem Tätigkeits- oder Betretungsverbot Gebrauch machen, nicht aber von einem Bußgeld.