In Wiesbaden kooperieren seit 2018 die Beratungsstellen für selbständiges Leben im Alter des Sozialdezernats mit den Rettungsdiensten. Eine aktuelle Studie dazu hat jetzt ergeben, dass durch diesen Ansatz Krankenhauseinweisungen vermieden und Betreuungsmöglichkeiten zeitnah organisiert werden konnten.
Immer mehr Menschen mit Unterstützungsbedarf lebten allein, Fälle von häuslicher Unterversorgung, Isolation und auch Verwahrlosung nähmen zu, teilte das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) in einer Pressemitteilung zum Thema mit. Das vom hessischen Ministerium für Soziales und Integration geförderte Projekt „Schnittstellenmanagement bei Krankenhausaufnahme und -Entlassung“ biete hier eine vielversprechende Lösung.
Voraussetzung: Übernahmestrukturen im ambulanten Bereich
Allerdings: In Wiesbaden können die Beratungsstellen für selbstständiges Leben im Alter im Sozialdezernat die Meldungen der Rettungsdienste annehmen und weiterbearbeiten. Ein solcher Dienst sei Voraussetzung für das Gelingen einer derartigen Kooperation, betonte KDA-Aufsichtsratsmitglied und Abteilungsleiter der Altenarbeit im Sozialdezernat Wiesbaden, Johannes Weber.
In Wiesbaden überprüft im Notfall das Rettungspersonal nicht nur den gesundheitlichen Status des Notrufenden, sondern anhand eines Meldebogens mit vorgegebenen Kategorien auch das Vorliegen möglicher sozialer Bedarfe. Je nach medizinischen Erfordernissen erfolgt die Versorgung vor Ort oder ein Transport in ein Krankenhaus. Die Entscheidung der zusätzlichen Einbindung der Beratungsstellen trifft das Rettungsteam vor Ort. Die Schulung des Rettungspersonals ist Inhalt der Einweisungskonzepte aller Leistungserbringer und zudem Bestandteil der Jahrespflichtfortbildung. Die Mitarbeitenden der Beratungsstellen geben innerhalb von fünf Werktagen nach Meldung Feedback über die Versorgung der Person an den Rettungsdienst.
Universität Heidelberg hat Kooperation evaluiert
Die Studie "Kooperation zwischen Rettungsdienst und kommunaler Altenhilfe: ein Weg zur Entlastung der Notfallversorgung?" von Petra Schönemann-Gieck vom Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg zum Projekt hat gezeigt, dass das Kooperationsverfahren ein vielversprechender Ansatz zur Entlastung des Rettungsdiensts und der Krankenhäuser ist.
Insgesamt wertete sie über einen Zeitraum von vier Jahren rund 650 Notfallsituationen aus.
In etwa der Hälfte der Fälle war eine Krankenhauseinweisung nicht notwendig. Es zeigte sich, dass die Fälle mit sozialen Hilfebedarfen kontinuierlich anstiegen. Während im ersten Jahr nach Einführung des Verfahrens monatlich etwa sechs Notfälle mit sozialen Bedarfen gemeldet wurden, waren es Mitte 2022 9,5 Fälle pro Monat. Die vom Rettungspersonal mit 58,3 Prozent aller Fälle am häufigsten gemeldeten Bedarfe bezogen sich auf eine häusliche Unterversorgung. In 56,5 Prozent der gemeldeten Fälle mit sozialem Hilfebedarf ging es um Verwahrlosung, in 41,4 Prozent der Fälle sah das Rettungspersonal Hinweise auf überforderte Angehörige oder eine Unterversorgung einer pflegebedürftigen Person. In knapp einem Drittel der Fälle bestand eine Unterversorgung aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung (31,6 Prozent). In 98 Prozent der gemeldeten Fälle wurde die Einschätzung des Rettungspersonals bestätigt und die Beratungsstellen wurden aktiv.