Klärung im Streit um die Pflichtmitgliedschaft erhoffen sich die Kritikerinnen und Kritiker der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz von einer Petition, die die Auflösung der Kammer zum Ziel hat. Mit 2.833 Unterzeichnungen erreichte sie das notwendige Quorum, um im Landtag gehört zu werden. Wir sprachen mit Petentin Alexandra Schug über ihren Termin am Dienstag im Petitionsausschuss. Sie ist Krankenschwester und Leiterin einer Pflegeeinrichtung im Landkreis Birkenfeld.
Frau Schug, Sie haben eine Petition zur Auflösung der Pflegekammer Rheinland-Pfalz gestartet und durften Ihr Anliegen am Dienstag im Petitionsausschuss des Landtags vorstellen. Wie haben Sie den Termin erlebt?
Sehr gut. Ich konnte alles vortragen, was ich mir vorgenommen habe. Die Anwesenden schüttelten mehrfach mit dem Kopf. Ich glaube, den Petitionsausschuss überzeugt zu haben.
Was hat Sie motiviert, eine Petition mit dem Ziel der Auflösung der Pflegekammer zu starten?
Aufgrund sehr negativer persönlicher Erfahrungen mit der Kammer bin ich davon überzeugt, dass es so wie jetzt nicht weitergehen kann. Ursprünglich habe ich mich für die Gründung der Kammer eingesetzt und für sie geworben. Aber heute muss ich feststellen, dass die Kammer nicht meiner Vorstellung einer berufsständischen Vertretung entspricht, die für die Pflegeprofession einen konkreten Nutzen hat. Nachdem ich in den vergangenen Jahren zunehmend gemerkt habe, dass der Unmut gegen die Kammer nicht nur bei mir, sondern gefühlt bei der Mehrheit der Pflegefachpersonen in Rheinland-Pfalz steigt, habe ich den Schritt gewählt, mich an Demonstrationen gegen die Kammer zu beteiligen und mich im Rahmen einer Petition an die Politik zu wenden.
Welche negativen Erfahrungen mit der Kammer haben Sie gemacht?
Eines Tages schrieb mir die Kammer, dass ich 1.741 Euro nachzahlen müsse. Das war für mich unerklärlich, weil ich meine Beiträge immer ordnungsgemäß bezahlt habe – also legte ich Widerspruch ein. Kurz darauf kam die Antwort der Kammer: Man habe sich geirrt, es seien nur 800 Euro, die ich nachzahlen müsse. Auch dem widersprach ich, denn auch das konnte nicht stimmen. Danach hörte ich lange nichts, sodass ich davon ausging, dass sich die Angelegenheit erledigt habe. Dennoch war ich natürlich verärgert. So suchte ich im Rahmen einer Vertreterversammlung das Gespräch mit einer Führungsperson der Kammer und teilte ihr meinen Unmut mit. Noch in derselben Woche lag eine neue Zahlungsaufforderung in meinem Briefkasten. Das mag Zufall sein, aber das glaube ich nicht. Die Pflegekammer Rheinland-Pfalz steht für Abzocke, Inkompetenz, Arroganz und Ignoranz. Einen anderen Schluss lassen meine persönlichen Erfahrungen und jene meiner Mitstreiterinnen und Mitstreiter nicht zu – ganz unabhängig davon, wie man zum Thema Pflegekammer grundsätzlich steht. Das habe ich den Mitgliedern des Petitionsausschusses auch so mitgeteilt.
Hätten Sie die Angelegenheit mit den womöglich fehlerhaften Beitragsbescheiden nicht telefonisch mit der Geschäftsstelle der Kammer klären können?
Nein, ich kam telefonisch an die Verantwortlichen nicht heran, sondern landete immer im Callcenter. Damals gab es auch ständige Wechsel der Geschäftsführer.
Zumindest dieses Problem hat sich erledigt – die Kammer hat seit fast drei Jahren einen festen Geschäftsführer. Wäre es also nicht besser, der Kammer Zeit zu geben, um womöglich bestehende Mängel in den Griff zu bekommen, als gleich ihre Auflösung zu fordern?
Es gibt ja noch viele andere Kritikpunkte. Der größte Vorwurf, den ich der Kammer mache, ist die desolate Verwaltung. Hätte ich mich damals nicht gewehrt, wäre mein Geld weg. Es gibt aber viele Kolleginnen und Kollegen, die sich nicht wehren und aus Angst einfach zahlen. Doch was haben sie davon? Meine Erwartungen, die ich mit der Kammer verband – mehr Attraktivität in der Berufsausübung, besseres Image des Pflegeberufs, Entwicklung von Qualitätsstandards – haben sich allesamt nicht erfüllt.
Ein neues Selbstverwaltungsorgan benötigt mehrere Jahre, um spürbar Wirkung zu entfalten. Daher noch mal die Frage: Wäre es nicht besser, wenn die Kammer bestehen bliebe? Schließlich gibt es eine solche Interessenvertretung in allen anderen Bundesländern – außer Nordrhein-Westfalen – nicht.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Kammer in ihrer jetzigen Form darf nicht bestehen bleiben. Wir bräuchten mindestens einen neuen Vorstand.
Im Rahmen der Kammerwahl im nächsten Jahr haben die Mitglieder die Möglichkeit, die Mitglieder der Vertreterversammlung neu zu wählen. Wäre es nicht sinnvoll, diese Chance zu nutzen, anstatt leichtfertig die eigene Berufsvertretung aufzugeben?
Das hat mit leichtfertig nichts zu tun. Mir ist wichtig, dass die Mitglieder über die Zukunft der Pflegekammer entscheiden. Deshalb ist eine Vollbefragung über das Fortbestehen oder die Auflösung der Kammer Bestandteil meiner Petition.
Das könnte das Aus der Kammer bedeuten. Daher noch mal die Frage: Wäre es nicht besser, an der Kammer festzuhalten – gegebenenfalls unter neuer Führung nach der Kammerwahl?
Das wird nicht gut. Der Begriff „Pflegekammer Rheinland-Pfalz“ ist mittlerweile zu negativ besetzt.
Sie haben mehrfach geäußert, dass die Kammer einen Standortnachteil für Einrichtungen in Rheinland-Pfalz bedeutet. Sie leiten eine Pflegeeinrichtung in der Nähe des Saarlands. Ist das der wahre Grund für Ihre Petition?
Dieser Punkt war Bestandteil meiner Argumentation, warum die Kammer nicht gut für uns ist. Aber das war nicht der Grund für meine Petition.
Haben Sie eine Vorstellung, was es anstelle der Pflegekammer geben sollte? Der CDU-Spitzenkandidat Gordon Schnieder sprach sich beispielsweise für eine freiwillige Berufsvertretung nach bayerischem Vorbild aus. Wäre das für Sie eine denkbare Alternative?
Ja, das wäre durchaus denkbar. Meiner Einschätzung nach leistet das bayerische Modell eine vergleichbare Arbeit wie eine Pflegekammer. Das Argument, dass eine freiwillige Körperschaft als Berufsvertretung nicht funktioniere, kann ich daher nicht gelten lassen.
Wie geht es nun mit Ihrer Petition weiter?
Die Vorsitzende des Ausschusses, Petra Schneider von der CDU, konnte mir nicht sagen, wann ich weitere Informationen dazu erhalte. Ich denke aber, wir – die Kritikerinnen und Kritiker der Kammer – sind auf einem guten Weg.