Das baden-württembergische Kabinett hat am Mittwoch per Umlaufbeschluss die Anhörung des Gesetzentwurfs für eine Pflegekammer im Land freigegeben. Bis 1. Februar haben Interessierte Zeit, im Beteiligungsportal der Landesregierung den Entwurf einzusehen und zu kommentieren.
Kritik am 60-Prozent-Quroum
Für den Landespflegerat (LPR) Baden-Württemberg ist das ein wichtiger Schritt. LPR-Vorsitzende Susanne Scheck sagte:
"Wir sehen den Willen der Politik, ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und freuen uns, dass es noch in diesem Jahr geklappt hat."
Gleichwohl hält Scheck an ihren bereits im September geäußerten Kritikpunkten an dem weiteren Prozedere fest. So dürfe jedem klar sein, dass 18 Monate sehr kurz sind, um 60 % der Pflegenden in Baden-Württemberg zu registrieren, betonte Scheck. Da Baden-Württemberg ein Flächenland sei, werde es nötig, in die Einrichtungen und Kliniken vor Ort zu gehen, um die Beschäftigten in der Pflege direkt anzusprechen und mit ihnen in die Diskussion zu gehen. Das sei bei knapp 110.000 potenziell Wahlberechtigten eine "Mammutaufgabe" für alle ehrenamtlichen Helfer des Gründungsausschusses – insbesondere in der kurzen Zeit.
Zudem kritisierte Scheck das 60-Prozent-Quroum:
"Wir sind auch für eine demokratische Legitimation der Pflegekammer. Doch dazu hätte auch eine Mehrheit von 51 Prozent ausgereicht, die sich für die Kammer ausspricht und das Wahlrecht in Anspruch nimmt."
Der Skepsis vieler Kolleginnen und Kollegen gegenüber der Pflegekammer wolle der LPR mit Informationen und Transparenz begegnen. In einem guten und vertrauensvollen Diskurs wollten sie versuchen, allen die Vorteile einer Pflegekammer aufzuzeigen.
Die Vorsitzende des LPR rechnet fest damit, dass spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2023 der Gründungsausschuss an den Start gehen kann.
Kritikern mit Information und Transparenz begegnen
Für den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Südwest ist es eine einmalige Chance, "die Belange unserer Profession selbst in die Hand zu nehmen und darüber auch die Qualität der pflegerischen Versorgung der Bevölkerung zu sichern". Diese Chance gelte es, zu ergreifen.
Die Vorsitzende des DBfK Südwest, Andrea Kiefer, sagte am Mittwoch:
"Wir haben lange für eine Pflegekammer auf allen politischen Ebenen geworben und lange auf den Gesetzentwurf gewartet. Wir werden ihn nun gründlich prüfen und dort Stellung beziehen, wo wir Optimierungsbedarf sehen."
Bereits 2018 erfolgte eine Befragung von Pflegefachpersonen in Baden-Württemberg, bei der sich 68 % für die Errichtung einer Landespflegekammer aussprachen.