Die Arbeitssituation für Beschäftigte in Pflegeberufen hat sich während der Corona-Zeit weiter verschärft. Das geht aus neuen Zahlen der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) sowie der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund hervor. In ihrem zweiten Berufsgesundheitsindex ist die Gesundheit des Pflegepersonals sowohl im Krankenhaus als auch in der Altenpflege auf ein Rekordtief gesunken.
Fachkräftebedarf hat negative Auswirkungen
Für den aktuellen Bericht sei der Zeitraum vom Basisjahr 2013 bis 2021 ausgewertet worden. Mit einem Wert von 94 in der Altenpflege sowie 88 in der Gesundheits- und Krankenpflege sei der Index deutlich unter den Ausgangswert 100 des Basisjahrs gefallen. Mithilfe des Index wollen BGW und DRV Bund widerspiegeln, wie sich be- und entlastende Einflüsse für die Gesundheit und Arbeitssituation des Pflegepersonals über die Jahre verändert haben. Dafür blicken sie auf vier Bereiche, die sich positiv oder negativ auf Berufsgesundheit auswirken können:
- Ressourcen (z. B. Weiterbildung und Einkommenszufriedenheit)
- Belastungen (z. B. Überstunden und wechselnde Arbeitszeiten)
- Arbeits- und Erwerbsfähigkeit (z. B. Krankheitstage, Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und Risiken der Erwerbsminderung)
- Berufsansehen/Medien-Meinungsklima (Anerkennung und Wertschätzung in der Öffentlichkeit)
Maßgeblich beeinflusst worden sei diese Entwicklung durch die Folgen der Covid-19-Pandemie. Auch der anhaltend starke Fachkräftebedarf habe sich negativ ausgewirkt.
Hohe Zahl an Verdachtsmeldungen auf Berufskrankheiten
Die größte Veränderung von 2020 auf 2021 zeigt sich in der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit. So fällt dieser Wert den Angaben zufolge in der Altenpflege von 85 auf 48 sowie in der Gesundheits- und Krankenpflege von 69 auf 24. Das liege vor allem an der hohen Zahl an Verdachtsmeldungen auf Berufskrankheiten, die durch die Covid-19-bezogenen Meldungen in extremer Weise gestiegen sei. Die Meldungen hätten nach 2021 noch einmal stark zugenommen, deshalb sei eine weitere Verschlechterung des Berufsgesundheitsindex absehbar, so BGW und DRV Bund.
Hinsichtlich der Ressourcen habe sich die Berufszufriedenheit nach dem Einbruch im ersten Pandemiejahr leicht erholt. In Sachen Einkommenszufriedenheit seien die Anstrengungen der vergangenen Jahre von Politik und Branche erkennbar: In der Gesundheits- und Krankenpflege habe dieser Wert einen langjährigen Höchststand (Indexwert: 115) erreicht, in der Altenpflege rangiere der Wert stabil im oberen Bereich (114). Nicht verbessert habe sich hingegen die Inanspruchnahme von Weiterbildungen, die besonders in der Altenpflege relativ niedrig seien.
Geringe Angst vor Arbeitsplatzverlust
Die Arbeitsbedingungen hätten sich in der Alten- sowie Gesundheits- und Krankenpflege 2021 verbessert. Mit 126 (Altenpflege) und 119 (Gesundheits- und Krankenpflege) lägen beide Indexwerte deutlich über dem Basiswert 2013.
Der Fachkräftebedarf spiegele sich beispielsweise darin, dass Beschäftigte in der Gesundheits- und Krankenpflege geringe Angst vor Arbeitsplatzverlust hätten und der Anteil befristeter Arbeitsverträge in der Altenpflege gesunken sei.
Die Kehrseite der Medaille zeige sich in der steigenden Zahl an Überstunden, insbesondere bei Personal in der Altenpflege.