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NRW stoppt Förderung des Instituts für Pflegewissenschaft

"Ein katastrophales Zeichen für die Pflege"

Prof. em. Dr. Sabine Bartholomeyczik ist Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft zur Förderung der Pflegewissenschaft Nordrhein-Westfalen. Die 80-Jährige zählt zu den renommiertesten Persönlichkeiten der Pflegewissenschaft in Deutschland. Seit 2001 bis zur Emeritierung 2015 war sie Professorin und Lehrstuhlinhaberin am Institut für Pflegewissenschaft an der Universität Witten/Herdecke. Von 1999 bis 2009 war sie Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft (DGP).

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) stoppt zum Jahresende die institutionelle Förderung des Instituts für Pflegewissenschaft (IPW) an der Universität Bielefeld. Über die Hintergründe und Folgen sprachen wir mit Sabine Bartholomeyczik, Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft zur Förderung der Pflegewissenschaft Nordrhein-Westfalen, dem Trägerverein des IPW.

Frau Professorin Bartholomeyczik, was bedeutet die Entscheidung des Ministeriums für das IPW?

Das bedeutet auf jeden Fall das Ende des Instituts. Das MAGS begründete die Entscheidung vor allem mit der prekären Haushaltslage. Als weiterer Grund wurde genannt – und das hat mich richtig geärgert –, dass es heute nicht mehr innovativ sei, ein pflegewissenschaftliches Institut zu fördern.

Welche Bedeutung hatte das IPW für die deutsche Pflegewissenschaft?

Die Forschungsarbeiten des IPW sind besonders für die Langzeitpflege von Bedeutung. Spätestens mit den umfassenden Arbeiten zur Überarbeitung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs und zur Erfassung von Pflegebedürftigkeit wurde das Institut deutschlandweit bekannt. 

Erst das Aus der pflegewissenschaftlichen Fakultät in Vallendar, jetzt die auslaufende Förderung des IPW: Warum, glauben Sie, misst die Politik der Pflegewissenschaft so wenig Bedeutung bei? 

Die Pflegepraxis steht angesichts langjährig aufgeschobener Reformen, des eklatanten Personalmangels, der rasanten demografischen Entwicklung enorm unter Druck. Die Herausforderungen werden durch die geplante Krankenhausreform noch weiter zunehmen. Die Notwendigkeit pflege‧rischer Versorgung in allen Settings auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse, umgesetzt von entsprechend qualifizierten Fachpersonen, nimmt dramatisch zu. Vor diesem Hintergrund ist die Schließung des IPW ein katastrophales Zeichen für die Pflege – und auch für die Gesellschaft. Dieser Schritt steht auch in scharfem Widerspruch zu dem, was auf anderer Ebene gesetzlich beschlossen wurde. Hier scheinen sich die verschiedenen politischen Ebenen und Akteure den Schwarzen Peter zuzuschieben.

Sie gelten als Pionierin der Pflegewissenschaft in Deutschland. Wie bewerten Sie den Status quo?

Obwohl die Pflegewissenschaft in den vergangenen 30 Jahren weiterent‧wickelt werden konnte, hinkt sie in Deutschland immer noch vielen vergleichbaren Ländern hinterher. Sie ist keineswegs so gefestigt, wie es notwendig wäre. Um die Pflegewissenschaft in den 1990er-Jahren überhaupt voranzutreiben, mussten Sonderwege beschritten werden. Dies lässt sich auch an der Gründung des IPW an der Universität Bielefeld ablesen, das von einem Gesundheitsministerium gefördert wurde anstelle eines Wissenschaftsministeriums, wie es sonst bei Universitätsinstituten üblich ist. Das Engagement um die Weiterentwicklung der Pflegepraxis und -wissen‧schaft muss also intensiv weitergehen. Ausruhen können wir uns nicht!

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