Die Forderung des Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, nach einem sog. "Freedom Day", an dem alle Corona-Einschränkungen Ende Oktober aufgehoben werden, hat der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) scharf kritisiert.
DBfK-Präsidentin Christel Bienstein sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland am Montag:
"Mit diesem sogenannten 'Freedom Day' eine Art Impfdeadline festlegen zu wollen ist verantwortungslos."
Für den Herbst rechnet Bienstein mit einem weiteren Anstieg der Infektionen und "zum wiederholten Male" einer starken Belastung auf den Corona-Stationen.
"Die Pflegefachpersonen sind seit über 18 Monaten am Limit, der Personalmangel ist nach wie vor massiv und die Kolleginnen und Kollegen brauchen endlich Entlastung."
Gassen hatte in der Vorwoche in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" die Politik in Deutschland aufgefordert, sich Großbritannien zum Vorbild zu nehmen. Dort waren am 19. Juli fast alle Corona-Beschränkungen aufgehoben worden. Gassen sagte, die Politik müsse eine klare Ansage machen: "In sechs Wochen ist auch bei uns 'Freedom Day'! Am 30. Oktober werden alle Beschränkungen aufgehoben!" Das ließe allen, die wollten, genug Zeit, sich noch impfen zu lassen.
Kritik auch vom Kanzleramtschef
Auf Ablehnung stößt Gassens Vorschlag u. a. auch bei Kanzleramtschef Helge Braun. Er sagte der Nachrichtenagentur Reuters:
"Von einem 'Freedom Day' im Herbst (...) halte ich derzeit nicht viel. Denn es kann gut sein, dass es noch eine weitere Welle geben wird."
Gut 4 Mio. Menschen hätten sich bis heute infiziert, aber 20 Mio. noch keinen Impfschutz.
"Das zeigt, wie groß eine neue Welle im schlechtesten Fall werden kann. Wir sollten erst eine Aufhebung der Beschränkungen versprechen, wenn der Prozentsatz der Durchgeimpften insbesondere in den höheren Altersgruppen deutlich gestiegen ist – wir also eine Gemeinschaftsimmunität erreichen."