Die designierte schwarz-rote Koalition in Hessen hat sich für ihre gemeinsame Legislaturperiode bis 2029 viel für die Pflege vorgenommen. Insbesondere Kapitel 6 des in zwölf Abschnitte gegliederten und 184 Seiten starken Entwurfs für einen Koalitionsvertrag befasst sich mit der künftigen pflegerischen Versorgung im Land.
Neues Ministerium für Pflege und Gesundheit
Novum: Die Bereiche Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege, die bisher Innen- oder Sozialministerium zugeteilt waren, erhalten ein eigenständiges Ministerium. Wie die Hessenschau berichtet, wird die CDU das Gesundheitsressort übernehmen.
Im Koalitionsplan von CDU und SPD vorgesehen ist zum Beispiel der Aktionsplan "Komm in die Pflege". Dafür soll sich eine Task-Force "Pflegepersonal" gründen, die Kompetenzen aus Politik, Wissenschaft, Praxis und Arbeitsverwaltung bündelt, heißt es im am Mittwoch publik gewordenen Entwurf, der BibliomedPflege vorliegt.
Die Kapazitäten der Fachkraftausbildung, der Helferausbildung und die Zahl der Studienplätze sollen sich erhöhen. Der Abbruchquote in der Pflegeausbildung will die Koalition mit "gezielten Maßnahmen" entgegenwirken. Welche das sind, bleibt unklar. Die Finanzierung von Pflegekursen soll nach Kurs und nicht nach Kopfzahl erfolgen.
Stipendium für Lehrkräfte an Pflegeschulen
Im Rahmen der generalistischen Pflegeausbildung soll die Möglichkeit der pädiatrischen Vertiefung besser beworben werden. Um die Ausbildung von Lehrkräften für Pflegeschulen zu intensivieren, etablieren CDU und SPD ein entsprechendes Stipendium.
Landesweit setzen sich beide Parteien für eine Modernisierung der Pflegeschulen ein – "entsprechend den Bedarfen einer qualitativ hochwertigen und innovativen Ausbildung, nach wissenschaftlichen Standards".
Umschulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen seien in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit auszubauen, heißt es in dem Dokument weiter.
Initiative zur Rückgewinnung von Pflegekräften geplant
Starten soll eine Initiative zur Rückgewinnung von Pflegekräften, die aus dem Beruf ausgestiegen sind. Ebenso wollen CDU und SPD versuchen, das Potenzial der "stillen Reserve" von Teilzeitbeschäftigten mit einer Ausweitung des Arbeitszeitvolumens zu nutzen.
In allen Gesundheitseinrichtungen in Hessen sollen sich die Arbeitsbedingungen mithilfe einer konsequenten Umsetzung des Personalbemessungsgesetzes verbessern. CDU und SPD fordern den Bund auf, Leiharbeit im Gesundheitssystem zu begrenzen.
In der stationären Pflege setzt die Koalition auf Trägervielfalt und Modellprojekte wie "Pflegeheim mitten im Leben". Das soll Pflegeheime stärker in den sozialen Nahraum einbinden.
Eine Förderung für Investitionskosten soll Ausstattung und Schaffung neuer Plätze in Heimen verbessern. Dabei würden insbesondere die energetische Sanierung und die Digitalisierung, sowohl für Hardware als auch für die digitale Teilhabe, berücksichtigt.
Digitalisierung verpflichtend in Pflegeausbildung integrieren
Eine digitale Agenda für die Pflege soll unter Einbeziehung des Kompetenzzentrums für Telemedizin und eHealth entwickelt werden. Zudem sei Digitalisierung "verpflichtend" in Aus-, Fort- und Weiterbildung aller Gesundheitsberufe zu integrieren.
Die Initiative "Mehr Pflegezeit – weniger Bürokratie" soll Arbeit in der Pflege mit Digitalisierung und Entbürokratisierung erleichtern.
Community Health Nurses in der ambulanten Versorgung etablieren
Die Koalitionsparteien machen sich stark für die Delegation ärztlicher Leistungen und eine Kompetenzerweiterung von Beschäftigten im Gesundheitssystem, um die Attraktivität der Berufe zu steigern und Hausarztpraxen zu entlasten. Pflegekompetenzen sollen in den Praxen stärkere Berücksichtigung finden, zum Beispiel über Community Health Nurses oder sogenannte Gemeindeschwestern.
Was der Koalitionsvertrag für Krankenhäuser vorsieht, lesen Interessierte auf BibliomedManager.
Das von einer Verhandlungskommission ausgehandelte Papier braucht nun noch die Zustimmung beider Landesparteien. Dazu treffen sich die Mitglieder des CDU-Landesausschusses am Samstag zu einem kleinen Parteitag in Frankfurt. In Groß-Umstadt (Darmstadt-Dieburg) kommt die SPD zur gleichen Zeit zu einem außerordentlichen Landesparteitag zusammen.