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Pflegebonus

Das Dilemma mit der Prämie

Seit November 2022 erfolgt die Auszahlung des Pflegebonus. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte im vergangenen Sommer 500 Mio. Euro für professionell Pflegende in Krankenhäusern und 500 Mio. Euro für jene in der Altenpflege veranschlagt. Doch wie schon die Auszahlung der Corona-Prämie "fehler- und missbrauchsanfällig" verlief, scheint auch diesmal wieder nicht alles glatt zu laufen. Viele Pflegende warten auf ihren Bonus. Die auf Arbeitsrecht spezialisierte Anwältin Rabia Zayani von der Anwaltskanzlei Chevalier erklärt, welche Pflegenden anspruchsberechtigt sind und welche Wege sie einschlagen können, um an ihr Geld zu kommen.

 

Nach der im Mai 2020 verabschiedeten Corona-Prämie für Beschäftigte in der Altenpflege hatte die Bundesregierung 2022 einen Pflegebonus sowohl für Pflegepersonal in Krankenhäusern als auch in der Altenpflege beschlossen. Welche Pflegenden sind in dieser zweiten Runde anspruchsberechtigt beziehungsweise welche Voraussetzungen müssen sie erfüllen, um den Bonus zu erhalten?

Anspruchsberechtigt sind in der Alten- und Langzeitpflege alle Beschäftigten, die zwischen November 2020 und Juni 2022 mindestens drei Monate in einer zugelassenen Pflegeeinrichtung tätig waren. Diese müssen bis zum Stichtag, den 30. Juni 2022, bei ihren Arbeitgeber:innen tätig gewesen sein, um den steuer- und sozialabgabenfreien Bonus zu erhalten. Krankenhäuser bekommen den Pflegebonus, wenn diese im Jahr 2021 besonders viele Corona-infizierte Patient:innen zu behandeln hatten, die beatmet werden mussten. Konkret müssen mehr als zehn infizierte Patient:innen behandelt worden seien, die mehr als 48 Stunden beatmet wurden. Die 837 betroffenen Krankenhäuser geben den Pflegebonus an Pflegekräfte in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen und an Intensivpflegefachpersonen weiter, die im Jahr 2021 für mindestens 185 Tage im Krankenhaus beschäftigt waren.

Wie hoch fällt die Prämie im Einzelnen aus?

In der Altenpflege richtet sich die Höhe des Pflegebonus nach der wöchentlichen Arbeitszeit. Vollzeitbeschäftigte in der direkten Pflege und Betreuung erhalten bis zu 550 Euro. Weiteres Personal, das mindestens 25 Prozent seiner Arbeitszeit in der direkten Pflege und Betreuung der Pflegeeinrichtung mitarbeitet, erhält bis zu 370 Euro. Auszubildende in den Pflegeberufen erhalten 330 Euro.

Haben Pflegende in Spezialbereichen wie Notaufnahmen, der Diagnostik oder Anästhesie Chancen auf den Bonus?

Dem Gesetzeswortlaut ist zu entnehmen, dass Pflegefachpersonen auch in anderen Funktionsbereichen einen Anspruch auf den Pflegebonus haben. Pflegefachpersonen in der Intensivpflege und Anästhesie haben gemäß Paragraf 26e Absatz 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz einen Anspruch auf den Pflegebonus. Pflegefachpersonen aus der Diagnostik sind nicht explizit genannt. Sollten die Pflegefachpersonen in diesem Bereich aber auch Corona-Patienten in dem genannten Umfang behandelt haben, besteht auch hier die Chance auf den Corona-Pflegebonus.

Haben Leiharbeitnehmerinnen und -nehmer in der Pflege die gleichen Ansprüche auf den Bonus wie festangestellte Mitarbeitende in Kliniken und Pflegeheimen?

Ja, Leiharbeitnehmer:innen haben den gleichen Anspruch auf den Pflegebonus wie festangestellte Mitarbeitende in der Pflege.

Leiharbeit in der Pflege: vermeidbar oder unausweichlich?

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Welche Ansprüche haben Teilzeitbeschäftigte und Pflegehilfskräfte?

Teilzeitbeschäftigte erhalten eine anteilige Prämie. Die Höhe hängt von dem tatsächlich gearbeiteten oder vertraglich vereinbarten durchschnittlichen wöchentlichen Stundenumfang ab. Pflegehilfskräfte, die die direkte Pflege und Betreuung von Pflegebedürftigen erbringen, haben Anspruch auf einen Pflegebonus in Höhe von 550 Euro. Dies betrifft aber nur jene Pflegehilfskräfte, die schwerpunktmäßig in der direkten Pflege und Betreuung von Pflegebedürftigen arbeiten. Die direkte Pflege umfasst die Betreuung im Rahmen der Grundpflege und die Förderung von Alltagsfähigkeiten und Kommunikation.

Erhalten Pflegende, die nicht gegen das Corona-Virus geimpft sind, den Bonus?

Grundsätzlich sind die gesetzlichen Grundlagen nicht an eine Immunität des anspruchsberechtigten Personenkreises geknüpft. Sollte allerdings aufgrund der fehlenden Immunität ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot ausgesprochen worden sein, der die Unterbrechung der Tätigkeit im Bemessungszeitraum vom 1. November 2020 bis zum 30. Juni 2022 zur Folge hatte, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf den Pflegebonus. Unbeachtlich ist eine Unterbrechung von bis zu 14 Kalendertagen.

Müssen Pflegende einen Antrag stellen, um den Bonus zu erhalten?

Ein Antrag muss nicht gestellt werden. Die Prämien werden durch die Arbeitgeber:innen direkt an das Pflegepersonal ausgezahlt. Die Krankenhäuser erhalten das Geld über den GKV-Spitzenverband.

Was müssen Pflegende in Sachen Steuern beachten?

Der Pflegebonus ist steuer- und beitragsfrei.

Bis wann müssen die Arbeitgebenden den Bonus an das Pflegepersonal zahlen?

Krankenhäuser sollen den Bonus innerhalb von vier Wochen nach Auszahlung durch den GKV-Spitzenverband an die Pflegekräfte zahlen. Arbeitgeber:innen in der Alten- und Langzeitpflege waren verpflichtet, den Pflegenden den Bonus spätestens bis 31. Dezember 2022 zu zahlen – das ist aber in vielen Fällen nicht passiert.

Was resultiert daraus?

Hier ist es erstmal ratsam zu schauen, ob die Arbeitgeber:innen zu den zugelassenen Pflegeeinrichtungen gehören und die Arbeitnehmer:innen damit zum anspruchsberechtigten Personenkreis. Sollte dies der Fall sein, muss überprüft werden, ob die Arbeitgeber:innen den Pflegebonus beantragt und von den Pflegekassen erhalten haben.

Der Bundesrechnungshof hatte bereits die Vergabe der Corona-Prämie als fehler- und missbrauchsanfällig gerügt. Viele Beschäftigte in Pflegeheimen hatten diese Sonderzahlung nicht erhalten. Auch aktuell mehren sich wieder Aussagen von Pflegenden, die keinen Bonus erhalten. In welchen Fällen haben Pflegende Anspruch auf Schadensersatz und wie können sie diesen Anspruch geltend machen?

Die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs erfordert eine Pflichtverletzung und einen daraus resultierenden Schaden. Der Wegfall des Prämienanspruchs könnte eine Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht der Arbeitgeber:innen darstellen. Der Schaden bestünde dann in gleicher Höhe.

Welches Gericht wäre im Fall einer Klage zuständig?

Für Rechtsstreitigkeiten in Arbeitsverhältnissen ist das jeweilige Arbeitsgericht zuständig.

Wie weit sollten Betroffene gehen, um an ihren Bonus zu kommen? Lohnt der Weg zur Anwaltskanzlei oder stehen Kosten und Erfolgsaussichten nicht im Verhältnis zueinander?

Sicherlich können Betroffene Anwält:innen konsultieren und den Bonus geltend machen. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass man sich in einem bestehenden Arbeitsverhältnis befindet und das Einschreiten von Anwält:innen das Arbeitsverhältnis „strapazieren“ könnte. Ob sich die Einschaltung von Anwält:innen lohnt, hängt davon ab, ob betroffene Arbeitnehmer:innen eine Rechtsschutzversicherung haben.

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