Die Ausbildung in der Pflege so umzugestalten, damit Auszubildende bei COVID-19-Testungen oder der Impforganisation unterstützen können, kommt in der Profession Pflege nicht gut an. Der Vorschlag von Bundesfamilien- und Bundesgesundheitsministerium stieß bereits zu Beginn der Woche beim Verband für Lehrende in Gesundheitsberufen auf Unverständnis.
Jetzt äußerten sich auch Deutscher Pflegerat (DPR) und Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK).
Verständnis für Komplexität der Pflegeausbildung fehlt
Schulische Ausbildungsabschnitte zu verschieben und die Reihenfolge der praktischen Ausbildungsabschnitte zu ändern, lasse jegliches Verständnis für die Komplexität einer solchen Umplanung und die Lage in der Ausbildungsrealität vermissen, kritisierte DPR-Vizepräsidentin Christine Vogler am Mittwoch.
"Pflegeeinrichtungen brauchen keine Verzweiflungstaten, sondern ernst gemeinte, umsetzbare Vorschläge, um die Aufgaben vor Ort bewältigen zu können."
Der Vorschlag sei unverantwortlich. Der „paradoxe Hinweis“ auf den Krisenmodus und die dies absichernde Pandemiegesetzgebung seien keine rechtfertigende Argumentation für ein solches Vorgehen.
"Auszubildende in der Pflege sind keine Testobjekte", betonte Vogler.
Mit Flexibilität und Einsatzbereitschaft allein, wie im Schreiben der Ministerien genannt, könne die Pandemie nicht bewältigt werden. Insbesondere die Maßnahmen der Hygiene und die der Testungen erforderten Fachwissen und seien nicht verantwortlich auf Auszubildende zu übertragen.
"Das ist nicht das Verständnis davon, wie Ausbildung sachgerecht funktionieren muss."
Auch der DBfK erteilt der Idee aus den Ministerien eine deutliche Absage.
DBfK rechnet mit zunehmenden Ausbildungsabbrüchen
"Dieser Vorschlag zeugt einmal mehr davon, welchen geringen Stellenwert die beiden Ministerien der Pflegeausbildung und damit auch der Professionalität unseres Berufs insgesamt beimessen", ärgerte sich DBfK-Präsidentin Christel Bienstein.
"Wir haben Ministerin Giffey und Minister Spahn bereits schriftlich unseren Unmut mitgeteilt. Aus unserer Sicht ist das einzig Richtige, dass wir trotz der Pandemielage in die Ausbildung und die Auszubildenden investieren müssen und sie nicht als billige Arbeitskräfte missbrauchen dürfen."
Die Pflegeausbildung erfolge während der Pandemie bereits unter erschwerten Bedingungen mit vielen Kompromissen. Der DBfK rechne deshalb mit zunehmenden Ausbildungsabbrüchen. Der theoretische Unterricht erfolge digital, Praxisanleitungen seien aufgrund des Personalmangels nicht in der notwendigen Intensität möglich und alle an der Ausbildung Beteiligten suchten gute Lösungen, um dies zu kompensieren.
Bundeswehr soll unterstützen
Personelle Unterstützung müssten die Einrichtungen bei den Testungen laut DBfK von Bundeswehrangehörigen sowie geschulten Personen erhalten, die nicht in der Versorgung der Menschen mit Pflegebedarf eingesetzt seien oder diese gerade erst erlernten.
Der Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste, Bernd Meurer, nannte die Vorschläge indes "so vernünftig wie selbstverständlich".
"Auszubildende können die Beschäftigten entlasten. Nach einer entsprechenden Einweisung ist auch ein Einsatz als Testhelfer möglich."