Pflegeverbände haben sich besorgt geäußert zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG), dessen öffentliche Anhörung diesen Mittwoch im Gesundheitsausschuss vorgesehen ist. Deutscher Pflegerat (DPR), Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) und Bundesverband Pflegemanagement warnen vor Fehlentwicklungen. Statt Pflegepersonal zu entlasten – so die Intention der Bundesregierung – könnten Mehrbelastungen für Pflegende die Folge sein.
DPR: Etikettenschwindel für verbesserte Arbeitsbedingungen im Krankenhaus
DPR-Präsidentin Christine Vogler warnte am Dienstag: Falls die Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0) aufgrund mangelhafter Umsetzung nur als "Mogelpackung und Etikettenschwindel für Verbesserungen der Arbeitsbedingungen im Krankenhaus" umgesetzt werde, sei mit "massivem Widerstand" aus der Pflege zu rechnen.
Vogler kritisierte:
"Die politische Denkweise, durch mehr Tagesbehandlungen und eine Krankenhausstrukturreform nicht mehr Pflegepersonal zu benötigen, ist kurzfristig gedacht, illusorisch und gefährlich."
Bereits Ende Septemer hatt der DPR gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Gewerkschaft Verdi in einem Schreiben an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses um Unterstützung gebeten und den Gesetzentwurf zu korrigieren.
DBfK: PPR 2.0 nicht verwässern
Der DBfK hat eine "ambitionierte und sofortige Umsetzung" der PPR 2.0 gefordert. Dies sei dringend notwendig, um die professionell Pflegenden zu entlasten und damit weitere Berufsausstiege zu verhindern.
Die PPR sei ein erprobtes Instrument, um den Personalbedarf zu ermitteln. Sie werde seit vielen Jahren zur Kalkulation der Pflegeanteile der DRG genutzt. Die weiterentwickelte PPR 2.0 sei ein unbürokratisches Instrument, das lediglich eine tägliche Einstufung durch Pflegefachpersonen von maximal einer Minute pro Patientin oder Patient erfordere.
DBfK-Präsidentin Christel Bienstein verdeutlichte:
"Die pflegefachliche Erhebung des Pflegebedarfs ist eine Kernkompetenz der Pflegefachpersonen und außerdem eine Vorbehaltsaufgabe nach dem Pflegeberufegesetz."
Wenn das Gesetz die PPR 2.0 verwässere und wirkungslos mache, würden weitere Kolleginnen und Kollegen den Pflegeberuf verlassen, warnte Bienstein. Eine gute Personalbemessung im Krankenhaus sei die Bedingung für bessere Arbeitsbedingungen. Nur sie garantiere eine qualitativ hohe und sichere Pflege.
Pflegemanagement warnt vor "totalem Fiasko"
Insbesondere angesichts der demografischen Situation mit mehr alten und multimorbiden Menschen sowie Menschen mit komplexen Pflegebedarfen sei ein Zuwachs an hochqualifizierten Pflegefachpersonen nötig – auch an akademisch ausgebildeten Pflegenden. Sonst seien die Menschen im Krankenhaus nicht sicher versorgt, so die DBfK-Präsidentin besorgt.
Das Pflegeentlastungsgesetz dürfe nicht weiter zum Pflegebelastungsgesetz mutieren, kritisierte auch der Bundesverband Pflegemanagement und sprach ebenfalls von einer "Mogelpackung", die das Bundesgesundheitsministerium aus der PPR 2.0 zu machen drohe.
Verbandsvorstandsvorsitzender Peter Bechtel appellierte:
"Wir benötigen Klarheit, Transparenz und Verlässlichkeit in den politischen Aussagen, um nicht im totalen Fiasko zu enden."
Die Profession Pflege drängt bereits seit Wochen darauf, den Gesetzesentwurf nachzubessern. Den Pflegeverbänden geht es dabei v. a. um 3 Punkte:
- Der Zusammenhang zwischen Pflegebudget und Personalbedarfsermittlung sei im Gesetzentwurf herzustellen. Die PPR 2.0 sei ein Instrument für die bedarfsgerechte Personalausstattung und müsse langfristig zu 100 % über das Pflegebudget refinanziert sein.
- Benötigt werde ein klares politisches Bekenntnis zu den Instrumenten der PPR 2.0 und der Kinder-PPR 2.0 inklusive deren Eckpunkte und Anwendungsvorschriften. Diese seien im Gesetzentwurf eindeutig zu benennen.
- Ziel der PPR 2.0 sei, Transparenz zu schaffen und die Überlastung zu dokumentieren, außerdem einen verbindlichen Personalaufbau einzuleiten oder Leistungen einzuschränken, falls notwendig. Die Berufsgruppe brauche diese deutliche Botschaft, damit sich Berufsflucht und die Gefährdung der Sicherheit der Patientinnen und Patienten nicht weiter verschärften.