In einer groß angelegten Aktion hat die Polizei in München und Augsburg am Mittwoch mehrere Pflegedienste durchsucht und schließlich 13 Personen festgenommen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: bandenmäßiger und gewerbsmäßiger Abrechnungsbetrug. Begleitet wurden die Razzien von insgesamt 33 Staatsanwälten sowie Vertretern des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) und des Zolls. Das teilte die Staatsanwaltschaft München 1 mit.
"Systemische Schwächen" der Pflegeversicherung ausgenutzt
"Den Pflegediensten liegt zur Last, systematisch Schwächen im Kontrollsystem der Pflegeversicherung zu ihren Gunsten auszunutzen. Insbesondere besteht der Verdacht, dass bereits die Begutachtung der Patienten durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung für die Einstufung in den entsprechenden Pflegegrad von den Pflegediensten gezielt und mit Erfolg manipuliert wird“, heißt es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft.
In vielen Fällen lägen Hinweise dafür vor, dass ein Pflegebedarf zwar grundsätzlich gegeben sei, aber künstlich erheblich aufgebauscht werde, um mehr Leistungen als tatsächlich erforderlich abrechnen zu können.
Für ihre Mitwirkung an den Taten sollen die Patientinnen, Patienten und deren Angehörige in vielen Fällen sogenannte Kickback-Zahlungen in bar oder sonstige Sachleistungen des Pflegedienstes erhalten haben.
Vermögenswerte in Höhe von 3,6 Mio. Euro sichergestellt
Der Schaden für Krankenkassen und Sozialdienste geht laut Staatsanwaltschaft in den Millionenbereich. Vorsorglich wurden im Zuge der Razzien Vermögenswerte in Höhe von 3,6 Millionen Euro sichergestellt.
Die 10 Pflegedienste in München und Augsburg sind bereits seit 2 Jahren im Visier der Ermittler. Insgesamt gibt es Vorwürfe gegen 40 Hauptbeschuldigte, die vorwiegend aus Osteuropa stammen.
Der Zoll ist parallel Hinweisen auf Scheinselbstständigkeit und Schwarzarbeit von 24-Stundenpflegekräften nachgegangen.
Erst im Mai hatte die Polizei einen großangelegten Abrechnungsbetrug von Pflegediensten bei der Betreuung von Beatmungspatienten aufgedeckt. Diese Geschäfte auf Kosten von Betroffenen zu unterbinden, sind mit ein Grund für den Entwurf zum "Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz", den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor wenigen Wochen vorgelegt hat. Allerdings stoßen die Reformpläne auch auf viel Kritik.