Ein Großteil der Krankenkassen versagt dabei, dem kriminellen Treiben in Sachen Abrechnungsbetrug in der Pflege Einhalt zu gebieten. Ein interner Bericht aus dem Gesundheitswesen zeigt, dass viele Krankenversicherungen die Betrügereien einfach geschehen lassen. Das hat Spiegel online am Dienstag berichtet und bezieht sich dabei auf einen Berichtsentwurf für das Bundesgesundheitsministerium, den der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen gerade erstellt hat und welcher dem Online-Magazin vorliegt.
Zwar hätten die Kassen deutschlandweit 2016 und 2017 zusammen 14 Millionen Euro von Abrechnungsbetrügern in der ambulanten Pflege zurückholen können – immerhin doppelt so viel wie in den beiden vorherigen Jahren und mehr als jemals zuvor. Aber verglichen mit dem wirklichen Schaden sei diese Summe "lächerlich gering". Experten schätzen, dass durch Betrug in der ambulanten Pflege rund 2 Milliarden Euro jährlich verloren gingen.
"Armutszeugnis für die Kassen"
"Viele Krankenkassen haben trotz des sich ausbreitenden Betrugs in der ambulanten Pflege kaum etwas dagegen getan", zitierte das Magazin einen Kassenexperten. "Es ist ein ungeliebtes Thema. Den meisten Unternehmen ist es zu aufwendig, weil oft eine Vielzahl geringer Einzelpositionen für den Nachweis von Abrechnungsbetrug geprüft werden muss."
Die Vorstände der Kassen hielten das Aufdecken von Betrug im Gesundheitswesen insgesamt für wenig beachtenswert, bestätigt auch ein Betrugsbekämpfer. "Angesichts ihres Milliardengeschäfts sehen viele Manager die wenigen Millionen Euro, die ihre Ermittler bislang zurückholen konnten, offenbar als kaum erheblich an. Es ist ein Armutszeugnis für die Kassen, dass man sie zum Kampf gegen den Pflegebetrug zwingen muss. Immerhin ist es nicht ihr Geld, das sie sich hier stehlen lassen."
Dass das 2016 in Kraft getretene Gesetz gegen Abrechnungsbetrug von Pflegediensten offenbar sein Ziel verfehlt, hatten Recherchen von Bayerischem Rundfunk und Welt bereits Ende vergangenen Jahres ergeben.