• 25.11.2022
  • Management
Forschungsprojekt „Weiterbildung von Führungskräften (FüKo)“

Führungspersonen zeitgemäß qualifizieren

Ein Forschungsteam hat die bestehenden Weiterbildungen und Studiengänge für Führungspersonen in der Pflege analysiert, gegenwärtige und künftige Qualifikations- und Kompetenzanforderungen herausgearbeitet sowie Anforderungen für eine Neuordnung der Weiterbildungsangebote identifiziert.

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 12/2022

Seite 68

Ein Forschungsteam hat die bestehenden Weiterbildungen und Studiengänge für Führungspersonen in der Pflege analysiert, gegenwärtige und künftige Qualifikations- und Kompetenzanforderungen herausgearbeitet sowie Anforderungen für eine Neuordnung der Weiterbildungsangebote identifiziert.

Führungspersonen in der Pflege sind fachlich gut aufgestellt, erstklassig qualifiziert und im Umgang mit Menschen ausgesprochen kompetent. Sie machen sich gleichermaßen stark für die zu pflegenden Menschen und Mitarbeitenden. Sie haben zudem ein klares pflegeberufliches Selbstverständnis und finden sich mit unzureichenden Rahmenbedingungen nicht ab, sondern gestalten sie verantwortlich weiter – mit dem Ergebnis, dass das Personal gerne und selbstbewusst in der Pflege arbeitet. Zu schön, um wahr zu sein?

Unübersichtliche Weiterbildungslandschaft

Eine zeitgemäße und hochwertige Weiterbildung für Führungspersonen in der Pflege ist ein wesentlicher Schlüssel, um die wachsenden Anforderungen zu erfüllen. Doch die Realität ist eine andere: Wie die gesamte Weiterbildungslandschaft in der Pflege sind auch die Qualifikationsangebote für Führungspersonen in der Pflege unübersichtlich, fragmentiert und heterogen.

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) ist daher im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege (KAP) mit der Durchführung einer Studie beauftragt worden, in der die gegenwärtigen und künftigen Anforderungen und Qualifikationsangebote für Führungspersonen in der Pflege untersucht werden sollen. Das BIBB vergab das Projekt, das von April 2021 bis März 2022 lief, an das Institut Arbeit und Technik der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, Bocholt, Recklinghausen und das BiG – Bildungsinstitut im Gesundheitswesen gGmbH in Essen.

Zunächst erfolgten systematische Recherchen zur Erfassung der bestehenden Weiterbildungsangebote und Studiengänge für Führungspersonen in der Pflege. Dabei wurden die Angebote nach diversen Kriterien analysiert; von besonderem Interesse waren hier die vermittelten Kompetenzen. Auf der Grundlage einer systematischen Literaturrecherche, von Fallstudien in unterschiedlichen Settings und Experteninterviews wurden die gegenwärtigen und künftigen Anforderungen definiert. Die Erkenntnisse wurden schließlich zu einem integrierten Rahmenkonzept für Weiterbildungen zum Thema „Führung in der Pflege“ weiterentwickelt.

Steigende Ansprüche an Führungspersonal

Die wachsenden Anforderungen an die professionelle Pflege (fachlicher Anspruch, Fachkräftemangel, heterogene Teams, Kostendruck usw.) sind in allen Arbeitsfeldern mit steigenden Ansprüchen an Führung verbunden. Insbesondere die Sicherung der Qualität der pflegerischen Versorgung erfordert unter den sich verschlechternden Bedingungen neben der Fachlichkeit auch kompetentere Führung.

Eine Weiterbildung sollte Führungspersonen besser als bisher in die Lage versetzen, ihre Aufgaben aktiv gestaltend zu bewältigen. Damit kann auch ein Beitrag zur Erhöhung der Attraktivität einer Führungstätigkeit in der Pflege geleistet werden. Dabei unterscheiden sich einerseits die Anforderungen je nach Führungsebene (obere Ebene: Pflegedienstleitung, Pflegedirektion usw.; untere Ebene: Wohnbereichsleitung, Stationsleitung usw.) und nach Einrichtungstyp (Krankenhaus, stationäre Langzeitpflege, ambulanter Pflegedienst usw.). Andererseits bestehen allgemeine Führungsanforderungen, die unabhängig von Führungsebene und Einrichtungstyp gelten.

Die heterogene Weiterbildungslandschaft für Führungspersonen in der Pflege wird den Anforderungen nur noch bedingt gerecht. Auffällig ist die mangelnde Transparenz der Bildungsangebote. So wurden unter Nutzung vielfältiger Informationsquellen rund 370 Kurse (ohne Mehrfachangebote) von über 200 Anbietern recherchiert. Festgestellt wurden nicht nachvollziehbare Unterschiede bei den Anforderungen je nach Bundesland und Sozialgesetzbuch: Die Anforderungen für die Leitung einer Station im Krankenhaus nach Empfehlungen der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) beispielsweise sind in der Regel höher als jene für die Leitung eines Pflegedienstes („Verantwortliche Pflegefachkraft“). Sachlich kaum nachvollziehbar sind auch Unterschiede bei den Anforderungen und dem Umfang gleichartiger Weiterbildungsmaßnahmen. Solche Unterschiede wirken zum Teil getrieben vom Streben nach Alleinstellungsmerkmalen der Anbieter.

Angesichts der stetig wachsenden Anforderungen an Führung in der Pflege ist zu befürchten, dass die Länder und die Bildungsanbieter darauf mit zusätzlichen Regelungen und Inhalten reagieren werden, was die Zersplitterung, die Intransparenz und das Fehlen von Qualitätssicherung weiter verschärfen würde. Dieser Entwicklung sollte durch eine grund-legende Reform der Weiterbildung entgegengewirkt werden.

Grundsätze für künftige Weiterbildungen

In der Untersuchung wurden insbesondere folgende Grundsätze für künftige Weiterbildungen für Führungspersonen in der Pflege als zielführend erachtet:

  • Die Weiterbildung sollte bundeseinheitlich für alle pflegerischen Einsatzfelder und Führungsebenen systematisiert und hinsichtlich der Anforderungen des Fünften und Elften Sozialgesetzbuchs vereinheitlicht werden.
  • Bei der Weiterbildung sollte lediglich zwischen der unteren Führungsebene (z. B. Wohnbereich, Station) und der oberen Führungsebene (z. B. Pflegedienstleitung, Pflegedirektion) unterschieden werden. Die Weiterbildung sollte Führungspersonen für alle Einsatzbereiche qualifizieren.
  • Die Weiterbildung sollte modular struk-turiert sein und zwischen Pflichtmodulen (Basismodulen) und Wahlmodulen (Aufbaumodulen) unterscheiden. Die Pflichtmodule bilden je Führungsebene die für alle Settings relevanten Inhalte ab (Beziehungsgestaltung, evidenzbasiertes Arbeiten, professionelles Rollenverständnis als pflegerische Führungsperson entwickeln usw.). Die Wahlmodule beziehen sich auf einrichtungstypenspezifische Besonderheiten (Krankenhaus, ambulante Pflege usw.) und ermöglichen inhalt- liche Vertiefungen zu speziellen Themen je nach Interesse (z. B. einrichtungsspezifische Finanzierung, Personalbemessungssysteme).
  • Für die untere und obere Führungsebene sollten bundeseinheitlich Mindeststundenumfänge definiert werden. Ein Umfang von etwa 720 Stunden (Unterrichtseinheiten à 45 Minuten) für die untere Ebene erscheint angemessen. Die Regelzeit der Qualifizierung sollte 18 bis 24 Monate betragen.
  • Als Zulassungsvoraussetzung für die Weiterbildung in der unteren Führungsebene sollte eine Mindestberufserfahrung definiert werden. Eine Zeit von mindestens zwei Jahren Vollzeitbeschäftigung bzw. entsprechend länger in der Teilzeitbeschäftigung, sollte nicht unterschritten werden. Die Weiterbildung sollte Voraussetzung für die Übernahme einer Führungsposition sein.
  • Es sollten Mindestanforderungen für die Lehrenden festgelegt werden. Die Kursleitungen bzw. verantwortlich Lehrenden sollten über eine pädagogische Qualifikation auf dem Masterniveau verfügen. Die weiteren Lehrenden sollten nach Möglichkeit einen Hochschulabschluss bzw. ergänzende Qualifizierungen für die jeweiligen Unterrichtsthemen besitzen. Außerdem sollten sie über eine pädagogische Basisqualifizierung mit einem Umfang von ca. 400 Stunden verfügen.
  • Die theoretischen Anteile der Weiterbildung sollten systematisch mit den konkreten Bedingungen der beruflichen Praxis der Teilnehmenden verknüpft werden, um das Interesse der Teilnehmenden zu stärken und den nachhaltigen Praxistransfer zu unterstützen.
  • Es sollte verstärkt auf bewusst ausgewählte digitale Vermittlungsformate und kürzere Lerneinheiten gesetzt werden, um selbstgesteuertes Lernen zu fördern, die Integration in den Arbeitsalltag zu verbessern sowie Teilnehmende und Arbeitgeber zu entlasten. Eine Modernisierung der didaktischen Methoden kann die Qualität der Weiterbildung erhöhen. Alternative, innovative Vermittlungsmethoden sollten gefördert werden.
  • Die Teilnehmenden benötigen eine verpflichtende Begleitung am Arbeitsplatz (internes Mentoring) im Rahmen der Weiterbildung. Mentorinnen und Mentoren können erfahrene Personen anderer Arbeitsbereiche sein, die keine Vorgesetztenfunktion für die Teilnehmenden haben und die zu Verschwiegenheit gegenüber Dritten, ins- besondere dem Arbeitgeber, verpflichtet sind. Auch langfristig begleitende Bildungsangebote, z. B. externes Coaching, sollten integriert werden.
  • Zur Sicherung der Qualität der Angebote sollte ein bundeseinheitliches Verfahren zur Akkreditierung bzw. Zertifizierung der Weiterbildungen eingeführt werden, das nach Möglichkeit von den Pflegekammern, sonst ggf. von Berufsverbänden oder durch ausgewählte, unabhängige und pflegespezifische Standards berücksichtigende Akkreditierungsagenturen, durchgeführt wird. Vorzusehen sind auch Auffrischungszertifizierungen.
  • Die Finanzierung der Weiterbildung sollte reformiert werden, um der gesellschaftlichen Bedeutung der Führung in der Pflege besser zu entsprechen. Instrumente hierfür können das Aufstiegs-BAföG, tarifliche Regelungen oder Weiterbildungsfonds sein.
  • Es wird empfohlen, ein offizielles Informationsportal mit allen Weiterbildungs- und Studienangeboten zu entwickeln und dauerhaft zu betreiben.
  • Es sollten Regelungen zur Durchlässigkeit zwischen Weiterbildungen und Studien­gängen im Pflegemanagement vereinbart werden. Auch die Anrechenbarkeit von Weiterbildungsleistungen auf das Studium sollte geregelt werden.
  • Die Einführung eines (digitalen) Weiterbildungspasses zum transparenten Nachweis über absolvierte Weiterbildungen und Module sollte geprüft werden.

Reform umgehend angehen

Die Autoren empfehlen, die notwendige Reform der Führungsweiterbildung in der Pflege umgehend anzugehen. Bei den Weiterbildungsinhalten sollten insbesondere folgende Felder größeres Gewicht erhalten:

  • Reflexion und Entwicklung der Führungsrolle
  • Förderung eines professionellen Pflege­verständnisses
  • fachliche Begründung pflegerischen Ressourcenbedarfs
  • Prioritätensetzung bei unzureichenden Ressourcen samt fachlicher Begründung
  • Absicherung der Vertretung der Pflege in allen Leitungsgremien
  • Mitgestaltung bei der Organisationsentwicklung und der Verteilung finanzieller Ressourcen
  • Nutzung von betrieblichen Gestaltungsspielräumen
  • Förderung flexibler Problemlösekompetenz
  • Gesundheitsschutz und -förderung (eigene Person und Personal)
  • Personal- und Teamentwicklung
  • Gestaltung informeller Bildungsprozesse am Arbeitsplatz und ihrer Bedingungen

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