• 28.07.2022
  • Bildung
Forschungsprogramm zur Pflegebildung und zum Pflegeberuf

Die Pflegeausbildung systematisch weiterentwickeln

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) vergibt im Rahmen des Pflegeberufegesetzes Forschungsaufträge zur hochschulischen und beruflichen Pflegeausbildung sowie zu aktuellen und künftigen Herausforderungen im Pflegeberuf. Die Ergebnisse sollen als Basis für politische Entscheidungen dienen – aber auch dazu, die Pflegeausbildung und den Pflegeberuf weiterzuentwickeln.

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 8/2022

Seite 62

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) vergibt im Rahmen des Pflegeberufegesetzes Forschungsaufträge zur hochschulischen und beruflichen Pflegeausbildung sowie zu aktuellen und künftigen Herausforderungen im Pflegeberuf. Die Ergebnisse sollen als Basis für politische Entscheidungen dienen – aber auch dazu, die Pflegeausbildung und den Pflegeberuf weiterzuentwickeln.

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) nimmt für die Weiterentwicklung der Pflegeausbildung und des Pflegeberufs unterschiedliche Aufgaben wahr, die im Pflegeberufegesetz (§§ 53 Abs. 5, 54) und im Berufsbildungsgesetz (§ 90 Abs. 3a) geregelt sind. Demnach fungiert das BIBB als Geschäftsstelle der Fachkommission nach dem Pflegeberufegesetz, berät und informiert zur Pflegeausbildung sowie baut unterstützende Angebote und Strukturen zur Organisation der Pflegeausbildung auf.

Dem BIBB wurde im Rahmen des Pflegeberufegesetzes (PflBG) zudem die Aufgabe „Forschung zur beruflichen Ausbildung und hochschulischen Ausbildung“ übertragen. Eine konkrete Teilaufgabe ist hier die systematische Langzeitbeobachtung über ein Monitoringsystem, das sogenannte Pflegepanel.

Darüber hinaus vergibt das BIBB seit 2021 Forschungsprojekte zur beruflichen und hochschulischen Pflegeausbildung und zum Pflegeberuf. Auftragnehmer sind beispielsweise Hochschulen und Forschungsinstitute. Häufig schließen sich mehrere Organisationen in einem Projekt zu einem Konsortium zusammen. Die Ergebnisse können als Basis für politische Entscheidungen dienen, aber auch dazu, die berufliche und hochschulische Pflegeausbildung und den Pflegeberuf weiterzuentwickeln sowie die Umsetzung der generalistischen Pflegeausbildung zu unterstützen.

Die Forschungsaufgaben des BIBB befinden sich an der Schnittstelle von Politik, Wissenschaft und Pflegepraxis. In Abgrenzung zum Pflegepanel werden Forschungsprojekte vergeben, die auch gegenstandsbezogene Fragen bearbeiten sowie Theorien und Methoden weiterentwickeln.

Die Projektleitung für das Forschungsprogramm zur Pflegebildung und zum Pflegeberuf liegt beim Arbeitsbereich 2.6 (Pflegeberufe, Geschäftsstelle der Fachkommission nach dem Pflegeberufegesetz) des BIBB. Die Forschungsarbeit des BIBB basiert auf dem § 54 PflBG und erfolgt nach Weisung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG).

Forschung kann sowohl im Rahmen des Vergaberechts beauftragt als auch im Kontext des Zuwendungsrechts gefördert werden. Die Forschungsprojekte des BIBB zur Pflegebildung und zum Pflegeberuf werden über das Vergaberecht beauftragt. Die Leistungs- beschreibung ist hier das zentrale Merkmal. Erfolgt eine Leistungsbeschreibung, liegt grundsätzlich eine Auftragsvergabe vor. Dies bedeutet: Es wird ein gegenseitiger Vertrag geschlossen, mit dem sich der Auftragnehmer zur Erbringung einer bestimmten Leistung und der Auftraggeber i. d. R. zur Zahlung eines Entgelts verpflichten. Findet kein Leistungsaustausch statt, handelt es sich um eine Zuwendung. Die Gewährung von Zuwendungen dient der Erfüllung von eigenen Aufgaben des Zuwendungsempfängers, an denen der Bund jedoch ein erhebliches Interesse hat.

Fünf Themenfelder

In der Vorbereitung des Forschungsprogramms nahm das BIBB eine systematische Dokumentenanalysen vor, um anhand von Publikationen, Gesetzestexten, Forschungsförderlinien und Strategiepapieren relevante Themen und Forschungslücken zu identifizieren. Die einbezogenen Zeitschriften verfügen überwiegend über ein Peer-Review-Verfahren. Durch die Begrenzung der Analyse auf die Jahre 2016 bis 2019 konnten die jüngsten Forschungsentwicklungen nachvollzogen werden. Insgesamt umfasste die Analyse 311 Artikel, 31 Kongressbeiträge und sieben sonstige Dokumente. Im Anschluss wurden die Ergebnisse mit politischen Veröffentlichungen, weiteren Forschungsprogrammen und -aufträgen des BMG und des BMFSFJ sowie Forschungsförderlinien der Bundesministerien für Bildung und Forschung sowie für Arbeit und Soziales abgeglichen und Forschungsdesiderata herausgearbeitet.

In diesem Jahr wurden die daraus abgeleiteten Themenfelder über eine systematische Literaturrecherche und im Austausch mit dem wissenschaftlichen Begleitkreis des BIBB aktualisiert, sodass insgesamt fünf Themenfelder den Rahmen der zu vergebenden Forschungsprojekte bis 2024 beschreiben:

  • Bildungsarchitektur in der Pflege: Trans-parenz und Durchlässigkeit der Bildungswege verbessern
  • Nachhaltige Migration gestalten
  • Den digitalen Wandel gestalten
  • Ausbildungsqualität stärken
  • Versorgungsqualität fördern

Ausgewählte Forschungsprojekte

Das BIBB hat bis heute insgesamt 18 Projekte im Umfang von rund 14 Millionen Euro vergeben (Tab. 1).

In diesem Jahr sind fünf weitere Forschungsvorhaben geplant (Tab. 2).

Ziel ist es, über die Forschungsvorhaben nicht nur Erkenntnisse als Basis für politische Entscheidungen bereitzustellen, sondern auch die pflegerische Versorgung zu unterstützen. Dies geschieht vor allem auch über die enge Einbindung von Vertreterinnen und Vertretern aus der Pflegepraxis.

Projekt „Analyse von Maßnahmen zur Verhinderung von Ausbildungsabbrüchen in der Pflege“. In diesem dreijährigen, im August 2021 gestarteten Projekt werden in Workshops mit Vertretenden aus Bildungs- und Versorgungspraxis Risikoprofile entwickelt, die in Pflegeschulen und Pflegeeinrichtungen eingesetzt werden können. Ziel ist, Personen, die besonders gefährdet sind ihre Ausbildung vorzeitig zu beenden, frühzeitig zu identifizieren und entsprechend zu fördern.

Projekt „Teilzeitausbildung in der Pflege (TiPA)“. In diesem 18-monatigen Projekt konnte der Auftragnehmer, die Universität Osnabrück, eine erweiterte Zielgruppe herausarbeiten, für die eine Ausbildung in Teilzeit attraktiv sein könnte. Darüber hinaus zeigt sich, dass derzeit vorwiegend Personen mit Erziehungsverantwortung Angebote der Teilzeitausbildung wahrnehmen, Pflegeschulen und Einrichtungen der praktischen Ausbildung, die Teilzeitausbildungen anbieten, überwiegend positiv über diese Gruppe berichten, sie als besonders motiviert, leistungsbereit, zuverlässig und selbstständig beschreiben.

Projekt „Begleitforschung des Veränderungsprozesses zur Einführung der neuen Pflegeausbildungen“. In diesem dreijährigen Projekt nimmt der Auftragnehmer – ein Verbund aus dem Forschungsinstitut Betriebliche Bildung gGmbH, der Hochschule Esslingen und der Katholischen Stiftungsfachhochschule München – eine Befragung der Auszubildenden und Studierenden der neuen Pflegeausbildungen in drei Befragungswellen vor. Die Auswertung der ersten Befragungswelle zeigt, dass die erste Kohorte der Auszubildenden die generalistische Pflegeausbildung grundsätzlich optimistisch betrachtet. Rund sechs von zehn Auszubildenden bewerteten die Ausbildung mit sehr gut (13,4 %) oder gut (46,2 %). Mehr als jede dritte befragte Person kommt allerdings nur zu einem befriedigenden (27,7 %), genügenden (8,4 %), ungenügenden (3,7 %) oder sogar mangelhaftem Gesamturteil (0,6 %). Acht von zehn Auszubildenden (80,5 %) würden den Beruf noch einmal wählen. Allerdings denkt rund jede vierte befragte Person eher häufig (9,7 %), häufig (8,4 %) oder sogar sehr häufig (6,5 %) über einen Abbruch der Ausbildung nach.

Projekt „Hochschulische Praxisanleitung“. In diesem Projekt werden auch die Pflegebedürftigen selbst einbezogen, da sich durch ein zu entwickelndes Modul zur Qualifizierung von akademisch ausgebildeten Praxisanleitenden bestenfalls auch die pflegerische Versorgung selbst verbessert.

Positive Entwicklung fördern

Die neuen Pflegeausbildungen erfordern eine systematische Weiterentwicklung der Bildungswege, um Pflegefachpersonen eine Karriere zu eröffnen, die eine Ausübung der Berufstätigkeit bis zum Renteneintritt attraktiv macht.

In den unterschiedlichen Projekten werden u. a. Materialien erarbeitet, die in den Einrichtungen der Bildungs- und Pflegepraxis genutzt werden können. Insgesamt zeigt sich, dass durch eine enge Verzahnung von Bildung, Forschung und Pflegepraxis eine positive Entwicklung möglich ist. Ein enger Austausch zwischen Politik, Wissenschaft und Praxis unterstützt nicht nur die Entwicklung der Qualität in Bildung und Versorgung, sondern auch die Professionalisierung des Berufs.

Erkenntnisse aus den laufenden Projekten werden unter www.bibb.de/pflegeforschung sukzessive veröffentlicht.

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