Eine Stellschraube, um dem wachsenden Personalbedarf in Kliniken und Pflegeeinrichtungen gerecht zu werden, ist die Anwerbung internationaler Pflegefachpersonen. Das Gütesiegel "Faire Anwerbung Pflege Deutschland" zeichnet dabei eine faire und ethisch vertretbare Anwerbepraxis aus.
Wer sich für eine Erwerbsmigration in die Pflege nach Deutschland entscheidet, vertraut darauf, dass die gemachten Zusagen und die Hoffnung auf eine sichere Arbeits- und Lebenssituation erfüllt werden. Mit dem Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ können eigenorganisiert anwerbende Gesundheitseinrichtungen und Vermittlungsagenturen eine faire Anwerbepraxis sichtbar machen und sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Denn nicht nur Deutschland wirbt im Ausland um Pflegefachpersonal.
Das Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ ist eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) und des Vereins Gütegemeinschaft Anwerbung und Vermittlung von Pflegefachkräften aus dem Ausland. Das Gütesiegel ist ein Angebot vor allem an Unternehmen der privaten Personalvermittlung, aber auch an Pflege- und Gesundheitseinrichtungen, die ohne die Zwischenschaltung einer Agentur eigenorganisiert anwerben möchten. Pflege- und Gesundheitseinrichtungen, die eine Vermittlungsagentur für die Auslandsanwerbung beauftragen möchten, erhalten durch das Gütesiegel eine Orientierung, welche Agentur nach den Vorgaben des Gütesiegels handelt.
Die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, wurden im KDA vom Deutschen Kompetenzzentrum für internationale Fachkräfte in den Gesundheits- und Pflegeberufen (DKF), das vom BMG gefördert wird, entwickelt. Das DKF hat die für den Prüfprozess relevanten Güte- und Prüfbestimmungen unter Einbeziehung von Fachexpertisen und unter Berücksichtigung internationaler Normen und Standards entwickelt. Wichtig ist dabei auch, dass nicht in Ländern angeworben wird, die selbst unter einem Fachkräftemangel in der Pflege leiden.
Zu den Standards, die einen fairen Anwerbeprozess gewährleisten, gehören u. a. die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen, die Arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der International-Recruitment- Integrity-System-(IRIS-)Standard der Internationalen Organisation für Migration (IOM).
Der „Werkzeugkoffer Willkommenskultur und Integration“ des DKF zeigt Möglichkeiten für eine nachhaltige, betriebliche und soziale Integration in Deutschland auf. Dieser Werkzeugkoffer mit vielen Hilfestellungen und Best-Practice-Beispielen ist interessierten Einrichtungen besonders ans Herz zu legen: Die Anwerbung der Pflegefachperson aus dem Ausland ist ein Schritt, dem im Rahmen eines Integrationsmanagements viele weitere folgen sollten.
Schon während der Anwerbephase sollte im Unternehmen eine Willkommenskultur geschaffen und das Team vorbereitet werden. Hilfreich ist es auch, wenn Tutorinnen und Tutoren den Neuankömmlingen beim Einleben und Einarbeiten helfen. Sinnvoll kann etwa die Vernetzung zum örtlichen Sportverein sein, um ein Ankommen auch außerhalb des Arbeitsplatzes zu unterstützen.
BMG-Förderprogramm
Arbeitgeber, die am Förderprogramm „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“ des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zur Gewinnung von Pflegefachpersonen aus weit entfernten Drittstaaten teilnehmen, können einen Zuschuss zu den Anwerbekosten erhalten. Dieser beträgt pro angeworbener Pflegefachperson bis zu 6.000 Euro, jedoch nicht mehr als die tatsächlichen Aufwendungen für die Anwerbung, deren Höhe nachzuweisen ist. Je Träger ist die Zuwendung auf die Anwerbung von höchstens 40 Pflegefachpersonen begrenzt. Förderanträge sind an die Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe (DeFa) zu stellen. Anträge werden für die BMG-Hauptpilotländer Philippinen, Mexiko und Brasilien sowie für Kolumbien, die Dominikanische Republik, Indien, Indonesien, Vietnam und Guatemala angenommen. Eine Erweiterung der Länderliste ist auf Anfrage möglich; Grundlage der Bewertung ist ein gutes Ausbildungsniveau, Ausbildungsüberschuss und die Erfüllung der Voraussetzungen für schnelle Verfahren. Weitere Informationen zum Förderprogramm finden sich auf der Website der DeFa: www.defa-agentur.de/de/bmg-forderprogramm.
Keine Pflicht zum Gütesiegel
Eine Pflicht zum Gütesiegel gibt es nicht. Möchten Unternehmen allerdings am Förderprogramm des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zur Anwerbung von Pflegefachpersonen in Drittstaaten (Textkasten: BMG-Förderprogramm) teilhaben, ist das Gütesiegel Voraussetzung.
Der Anforderungskatalog zum Gütesiegel legt einen Schwerpunkt auf umfassende Informationen zur Erwerbsmigration in die Pflege nach Deutschland und auf Transparenz im Anwerbe- und Vermittlungsprozess. So sollen z. B. keine versteckten Kosten lauern. Ebenso sieht das Siegel vor, dass zum Arbeitsplatz- angebot ein betriebliches Integrationsmanagementkonzept des möglichen neuen Arbeitgebers vorgelegt wird. Tatsächlich erweist sich ein betriebliches Integrationsmanagement-Konzept als hilfreich, wenn es darum geht, Fachpersonal zu binden.
Um eine Pflegefachperson nachhaltig an das eigene Unternehmen zu binden, ist z. B. die Schaffung von Fortbildungsmöglichkeiten – und somit die Möglichkeit, sich weiterent- wickeln zu können, ein wichtiger Aspekt.
Die Güte- und Prüfbestimmungen setzen damit Impulse zu Servicequalität, Seriosität, Transparenz und Verlässlichkeit im Gesamtprozess. Sechs Prinzipien sind dabei leitend:
- Schriftform für die Überprüfbarkeit
- Unentgeltlichkeit des Vermittlungspro-zesses für Pflegefachpersonen
- Angemessenheit des wirtschaftlichen Risikos
- Transparenz bezüglich Strukturen, Leistungen und Kosten
- Nachhaltigkeit und Partizipation
- Gesamtverantwortung: Unternehmen, denen für ihre Anwerbungs- und Vermittlungspraxis das Gütezeichen verliehen wurde, sind verpflichtet, die damit ver-bundenen Anforderungen auch in Selbstüberwachung einzuhalten.