• 01.08.2016
  • Bildung
Pflegeberufsgesetz

Generalistik braucht Spezialisierung

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 8/2016

Eine Generalisierung der Pflegeausbildung kann nicht gedacht werden, ohne die Frage nach der Spezialisierung zu beantworten. Leider ist dieses Thema bislang unterrepräsentiert. Dabei sind gerade jetzt gute Spezialisierungskonzepte gefordert. Das könnte auch die wissenschaftliche Entwicklung der Pflege vorantreiben. 


Das Vorhaben zur Neuregelung des Pflegeberufegesetzes wird seit einiger Zeit intensiv diskutiert. Insbesondere die Absicht, eine generalisierte Ausbildung der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege einzuführen, ruft vielfältige Diskussionen hervor. Im Wesentlichen wird dabei erörtert, ob und warum eine gemeinsame Ausbildung für die grundständige Qualifikation der Pflege wichtig ist.

So wird argumentiert, dass der Bedarf an Pflege sich nicht in erster Linie nach dem Lebensalter richtet, sondern nach der individuellen Situation der Klienten und ihrer Familien. Zudem steigt der Anteil an älteren, chronisch und multimorbid erkrankten Menschen in der Akutversorgung. Dabei reicht es heute nicht mehr, dass Pflegende in Kliniken und Krankenhäuser nur auf eine akute Krankheitssituation antworten. Sie müssen die zugrundliegenden chronischen Erkrankungen auf den Lebensalltag der Menschen beziehen können, um eine Kontinuität in der gesundheitlichen Versorgung sicherzustellen. Gleichzeitig bewohnen Menschen mit multimorbiden Erkrankungen Pflege- und Altenheime. Sie benötigen dort kompetente und professionelle Unterstützung, um ihren Lebensalltag gestalten zu können.

Jedoch kann die Generalisierung der Pflegeausbildung nicht gedacht werden, ohne die Frage nach der Spezialisierung der Pflege zu beantworten. Leider ist dieses Thema in der Diskussion bisher unterrepräsentiert oder es wird gar genutzt, um gegen die Generalisierung zu argumentieren. Dabei wird durch das neue Gesetzesvorhaben die Notwendigkeit einer spezialisierten Ausbildung in der Pflege nicht infrage gestellt. Vielmehr erhöht es die Bedeutung von spezialisierten Kompetenzen für die zunehmend komplexer werdenden Pflegesituationen.

Hier sind die Pflegenden, die Ausbildungseinrichtungen, die berufsständischen Organisationen und die Pflegewissenschaft aufgerufen, Weiterqualifizierungskonzepte zu entwickeln beziehungsweise weiterzuentwickeln. Es muss deutlich werden, dass mit einer dreijährigen generalisierten Ausbildung nicht alle Kompetenzen erworben werden können, die für die pflegerische Versorgung in komplexen und spezifischen Gesundheitssituationen notwendig sind. Dabei sollten sich auch Spezialisierungsangebote in ihrer Systematik an den Bedarfen der Menschen orientieren und nicht an der Versorgungsstruktur.

Die Bedeutung der Spezialisierung stärkt außerdem die wissenschaftliche Entwicklung der Pflege, da tradierte Konzepte nicht mehr auf die Herausforderungen der demografischen Entwicklung antworten können. Pflege muss in der Lage sein, selbstständig Wissen und Evidenzen zu genieren und umzusetzen. Auch dies muss in Weiterbildungs- und Spezialisierungskonzepten berücksichtigt werden.

Deshalb sind auch die Hochschulen gefordert, neben der Entwicklung von grundständigen generalisierten Bachelorstudiengängen Studienangebote für die spezialisierte pflegerische Versorgung, beispielsweise auf Masterebene, zu schaffen. 
 

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