Die komplexen Behandlungsverläufe in Krankenhäusern erfordern zunehmend pflegerische Spezialisierung. Doch Fortbildungsmaßnahmen müssen koordiniert, flächendeckend und mitarbeiterorientiert erfolgen, um gewünschte Effekte zu erreichen. Diese Möglichkeit bietet das Personalentwicklungskonzept nach Palm.
Ein Patient mit offener Wundheilungsstörung liegt stationär in der Abteilung für Gefäßchirurgie. Da die Erkrankung auf einen Diabetes zurückzuführen ist, wäre für die pflegerische Versorgung eine Fachkraft mit einer Zusatzqualifikation in der Ernährungsberatung die erste Wahl. Doch da solche spezialisierten Pflegenden in der Inneren Medizin eingesetzt werden, ist sie für den Patienten nicht direkt greifbar.
Gesamtpersonalstrategie erforderlich
Das Fallbeispiel zeigt: Die DRG-bedingten Veränderungen in den Krankenhäusern haben zur Folge, dass Patienten häufig nicht mehr alleine einer Fachabteilung zugeordnet werden. Eine umfassende Versorgung stellt vielmehr klare Anforderungen an verschiedene Berufsgruppen, die mit traditionellem Personalmanagement nicht mehr zu erfüllen sind.
Um auf diese veränderten Anforderungen adäquat zu reagieren, muss gerade bei der Pflege aufgrund ihres mit 70 Prozent höchsten Anteils am Gesamtpersonalschlüssel eine flexible Maßnahmengestaltung realisiert werden. Diese ist nur mit einer umfassenden Gesamtpersonalstrategie der Pflege zu erreichen, die auf das Leistungsportfolio einer Klinik abzustimmen ist. Nur so kann eine Klinik in die Lage versetzt werden, mit der Personaleinsatzplanung flexibel auf die komplexen und häufig interdisziplinären Behandlungsprozesse zu reagieren.
Das Personalentwicklungskonzept nach Palm (Abb. 1) bietet diese Möglichkeit. Es ermöglicht die Anpassung pflegerischer Handlungsfelder an die Anforderungen der Patientenversorgung. Die stringente Weiterqualifizierung der Pflegenden ist hierbei ein zentraler Aspekt.

Fundament des Konzepts ist die pflegerische Grundausbildung. Es ist unerheblich, ob diese akademisch oder nicht-akademisch erfolgt. Es folgt eine anschließende zweijährige Berufstätigkeit, um Fachkenntnisse zu vertiefen und Arbeitsroutine zu entwickeln. Die neuen Fachkräfte erkennen in der Regel in dieser Zeit, wo ihre Stärken und Interessen liegen.
Mitarbeiter haben nach Abschluss der ersten zwei Jahre nach Berufsausbildung drei mögliche Perspektiven:
- Der Mitarbeiter spezialisiert sich im fachpraktischen Bereich und entwickelt sich zum pflegerischen Experten.
- Der Mitarbeiter entwickelt sich in Richtung Leitung und Wissenschaft.
- Der Mitarbeiter nimmt nicht am Personalentwicklungskonzept nach Palm teil. Kein Mitarbeiter kann dazu gezwungen werden, denn nicht jeder verfolgt tiefergehende Karriere- und Entwicklungsziele. Einige möchten einfach nur „ihren Job" so gut wie möglich erledigen.
Expertenmodus: Die Ausbildungsprogramme, die im Rahmen des Expertenmodus durchlaufen werden, hängen stark mit dem Leistungsportfolio des Krankenhauses zusammen. Mögliche Spezialisierungen sind die Palliativpflege, die Versorgung von Schlaganfall-Patienten, die Onkologie, der Bereich Diabetes und die Wundversorgung. Mit dem Angebot solcher Spezialausbildungen – optimalerweise in Anlehnung an die von Fallgesellschaften angebotenen Weiterbildungen – kann die Klinik flexibel auf die Anforde‧rungen der Patienten reagieren. Es sollte sich möglichst um zertifizierte Ausbildungen eines externen Instituts handeln.
Bei der Finanzierung der Ausbildungen spielen Zulieferer eine wichtige Rolle. Diese profitieren vom Expertenwissen der Pflegenden, sodass erwartet werden kann, dass sie die Finanzierung der Ausbildung über einen definierten Zeitraum übernehmen – zumindest teilweise. Ein ähnliches Prinzip wurde schon in den 1990er-Jahren für den Homecare-Bereich realisiert. Der Expertenmodus erfährt eine besondere Dynamik, wenn die Teilnehmer in den Fachbereichen rotieren. Die Rotation orientiert sich an der Dauer und an den Kosten der Ausbildungen sowie an der Personalstrategie des Hauses. Die Rotation ermöglicht, dass im Laufe mehrerer Jahre zahlreiche pflegerische Experten ausgebildet werden. Nach einigen Ausbildungszyklen verfügen die Kliniken über Mitarbeiter, die in sämtlichen Fachbereichen ausgebildet sind und somit flexibel eingesetzt werden können. Durchlaufen einzelne Mitarbeiter alle Zusatzausbildungen, beginnt der Kreislauf erneut und die Inhalte können als Refresher definiert warden.
Sehr gut ausgebildete Mitarbeiter sind überaus attraktiv für andere Kliniken. Vor diesem Hintergrund sollte man mit entsprechenden Betriebsanbindungen arbeiten. Vorstellbar ist die Bindung der dreifachen Ausbildungszeit im Anschluss an eine Qualifizierung. Sollte ein Mitarbeiter das Unternehmen vorzeitig verlassen, kann der neue Arbeitgeber die anteilmäßigen Ausbildungskosten übernehmen.
Managementmodus: Die Teilnahme am Managementmodus ist nur für einen kleinen Teil der Mitarbeiter möglich. Nur zehn Prozent aller Mitarbeiter, die am Personalentwicklungskonzept nach Palm teilnehmen, können diesen Weg einschlagen. Grund dafür ist, dass entsprechende Ausbildungen oder Studiengänge langfristig angelegt sind und nicht fremdfinanziert werden können, wie dies im Expertenmodus anzustreben ist.
Eine Rotation ist im Managementmodus nicht vorgesehen. Absolventen stehen dem Management, aber auch der mittleren Führungsebene, in ausreichender Zahl zur Verfügung. Der eigene Nachwuchs an Führungskräften und Stabsstellenbesetzern kann so aus diesem Personenkreis rekrutiert werden.
Mögliche Ausbildungen können sein: Pflegewissenschaft, -management und -pädagogik sowie Projekt-, Qualitäts-, Risiko- und Case Management.
Nach Abschluss eines Ausbildungsgangs im Managementmodus unterliegt der Absolvent einer definierten Betriebsbindungszeit. Verlässt ein ausgebildeter Mitarbeiter vorzeitig das Krankenhaus, übernimmt er oder der neue Arbeitgeber anteilmäßig die Kosten der Ausbildung. Ist der definierte Zeitpunkt überschritten, kann das Management entscheiden, ob die Pflegeperson langfristig übernommen oder weiterempfohlen wird.
Was zu beachten ist
In jedem Unternehmen kommt es zu Bewegungen in der Personalstruktur – Mitarbeiter ziehen in eine andere Stadt, werden krank, gehen in Rente oder kündigen.
Daraus ergeben sich Schwankungen, die aber keine Auswirkungen auf das Personalentwicklungskonzept nach Palm haben. Bei der Suche nach einer Schwangerschaftsvertretung oder einem neuen Mitarbeiter kann gezielt auf die Teilnahme am Programm hingewiesen und nach geeigneten Nachfolgern gesucht werden.
Nahtlos steigt der neue Mitarbeiter in das Personalentwicklungskonzept ein und übernimmt die Stelle des Vorbesetzers. So kann die Rotation ohne Zeitverlust fortgeführt werden. Was geschieht, wenn Mitarbeiter aus langer Abwesenheit zurückkehren? Gerade der Expertenmodus stellt hier einen attraktiven Neueinstieg dar. Nach kurzer Einarbeitungszeit können sich die Mitarbeiter für eine Expertenausbildung entscheiden.
Ein Wechsel vom einen Modus in den anderen ist jederzeit möglich, wenn nicht sogar wünschenswert. Voraussetzung ist, dass entsprechende Ausbildungskapazitäten vorhanden sind.
Richtet sich eine Klinik neu aus, wird der entsprechende fachliche Teil gestrichen oder um neue ergänzt. Somit erweitert oder reduziert sich automatisch das Personalentwicklungskonzept nach Palm.
Qualitätssteigerung ist zu erwarten
Das vorgestellte Personalentwicklungskonzept kann vollumfänglich umgesetzt werden.
Es kann Kliniken aber auch nur als Orientierung dienen. Ein erster Schritt kann darin bestehen, die Fortbildungsangebote am Leistungsportfolio der Klinik auszurichten. Zulieferer werden im Rahmen des Konzepts zu festen Kooperationspartnern der Einrichtung.
Eine Qualitätssteigerung der Prozesse ist zu erwarten, weil die Ausbildung von Experten kontinuierlich frisches Wissen in das Unternehmen bringt. Durch die Rotation der Mitarbeiter im Expertenmodus kann Pflege flexibel auf Patientenanforderungen oder dem Prozessmanagement eines Unternehmens reagieren.
In welchem Umfang das Personalentwicklungskonzept umgesetzt wird, bleibt jeder Klinik selbst überlassen. Eine Übertragung in die stationäre Langzeitpflege und ambulante Pflege oder sogar andere Berufsgruppen ist jederzeit möglich.
Letztlich geht es immer darum, Mitarbeiter passgenau fortzubilden – stets orientiert am Leistungsspektrum der Einrichtung. Dann profitiert am Ende jeder.