Die Positionsunterstützung von Intensivpatienten mit schwerwiegenden COVID-19-Pneumonien in Bauchlage fördert deren Beatmung. Doch die Bauchlage führt zu Komplikationen, die grundsätzlich bei stark bewegungseingeschränkten Intensivpatienten in allen Positionen auftreten. Dazu gehören Hautschäden, dauerhafte Bewegungseinschränkungen und kardiopulmonale Auswirkungen. Der Autor beschreibt, wie sich diese Komplikationen vermeiden oder verringern lassen.
Die Bauchlage wird in der Intensivpflege seit vielen Jahren insbesondere zur Behandlung akuter pulmonaler Störungen eingesetzt. Aus der Positionierung selbst ergibt sich zunächst kein erhöhtes Komplikationsrisiko. Vielmehr stellt der erhebliche Krankheitsgrad kritisch beatmeter Intensivpatientinnen und -patienten (im Folgenden: Patienten bzw. Intensivpatienten) das erhöhte Risiko dar. Der pflegerische Auftrag basiert hier grundsätzlich u. a. auf den vorhandenen Evidenzen aus den nationalen Expertenstandards und den Leitlinienempfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF):
- Nationaler Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege
- Nationaler Expertenstandard Erhaltung und Förderung der Mobilität in der Pflege
- S2e-Leitlinie „Lagerungstherapie und Frühmobilisation zur Prophylaxe oder Therapie von pulmonalen Funktionsstörungen“ der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) in der AWMF
Dekubitusprophylaxe in Bauchlage
Das Dekubitusrisiko in Bauchlage ergibt sich einerseits aus dem Schweregrad der Erkrankung und andererseits aus den empfohlenen Liegezeiten von bis zu 16 Stunden. Das Risiko erhöhende Faktoren sind u. a.
- Kreislaufinstabilität mit hohen Katecholamindosierungen,
- septische Funktionsstörungen,
- Ödembildung,
- diverse Zu- und Ableitungen.
Hautschäden lassen sich zwar nicht 100-prozentig verhindern, mit gezielten Maßnahmen aber auf ein Minimum reduzieren. Für Pflegende gilt, nicht von einem „Entweder-oder“-Paradigma auszugehen: Entweder überlebt der Patient oxygeniert oder er erleidet Hautschäden. Stattdessen ist ein „Sowohl-als-auch“-Paradigma hilfreicher: Der Patient erfährt bestmöglichen Hautschutz und eine gute Oxygenierung.
Die oben genannte AWMF-Leitlinie spricht der kompletten 180-Grad-Bauchlage eine ähnlich hohe Wirksamkeit bei der Oxygenierung zu wie der inkompletten 135-Grad-Position. Der Wirkungseintritt erfolgt laut Leitlinie in der 180-Grad-Position allerdings schneller. Für beiden Positionen gilt, dass eine effektive Dekubitusprophylaxe möglich ist.
Dekubitusprophylxe in der 180-Grad-Position. In der kompletten Bauchlage werden die stabilen Massen (Kopf, Brustkorb, Becken, Beine) mit druckentlastendem Material unterstützt. Dies ist wichtig, da das Abdomen für die Atmung nicht komprimiert werden soll und einigermaßen frei liegen muss. Konsekutiv entsteht mehr Druck auf die unterstützten Massen.
Die Industrie bietet hierfür zahlreiche vorgefertigte Schaumstoffprodukte an, z. B. speziell angefertigte Materialien zur Unterstützung des Kopfes, dazu zählen Schalen, Gelringe u. a. (Bilder 1–3).
- Vorteil: Es ist genau festgelegt, welches Produkt wie welches Körperteil entlastet.
- Nachteil: Standardgrößen sind nicht an alle Körpermaße anzupassen und dadurch nicht für alle Patienten gleich geeignet. Außerdem entsteht bei Verwendung solcher universeller Hilfsmittel ein erhöhter Druck auf die Haut.
- Lösung: Flexible Materialien lassen sich allen Körperkonstitutionen anpassen, sowohl in der Höhe als auch in der Breite und Länge. Auch permanente Anpassungen/Positionsveränderungen sind damit effektiver gestaltbar.
Handling in der 180-Grad-Position. Auch während der Bauchlage bedarf es regelmäßiger Anpassungen mithilfe von Positionsveränderung. Denn der Patient sollte keinesfalls längere Zeit in der gleichen Position liegen müssen. Dieses gilt etwa für Arme, Beine und Kopf:
- Die Arme lassen sich gut bewegen und regelmäßig umpositionieren, um einen Plexusschaden zu vermeiden. Der Positionswechsel der Arme erwirkt zudem eine Druckveränderung im seitlichen Brustkorb.
- Auch die Positionierung der Beine lässt sich entsprechend regelmäßig verändern. Diese hat Einfluss auf die Auflagestellen des Beckens. Die regelmäßigen Positionsanpassungen vermeiden zusätzlich wirksam Gelenksversteifungen (Bild 4).
- Ebenso ist die Position des Kopfs regelmäßig leicht anzupassen: Der Hals sollte nicht überstreckt werden und leicht beweglich sein.
Dekubitusprophylaxe in der 135-Grad-Position. Diese Position ist der Physiologie zuträglicher und ermöglicht daher eine effektivere Prophylaxe gegen Dekubitus und Gelenksteifigkeit bzw. Plexusschäden. Viele Menschen schlafen bevorzugt in dieser oder einer ähnlichen Position.
Die auf der Matratze aufliegende Körperunterseite – insbesondere untere Schulter, Brustkorb und Oberschenkel – trägt bei dieser Positionierung das Gewicht. Die obere, nicht druckbelastete Körperseite ist nur leicht mit einer Rolle zu unterstützen. Es genügt, unter dem Kopf einen kleinen Gel- oder Schaumstoffring zur Druckentlastung des Gesichts und des Ohrs zu platzieren.
Die seitliche Position des Kopfes erlaubt, das Gesicht und den Tubus gut einzusehen und die Atemwege endotracheal abzusaugen. Der untere Arm kann je nach Konstitution und Mobilität nach oben gestreckt oder nach unten gebeugt liegen. Um Durchblutungsstörungen zu vermeiden, bietet sich die Messung der arteriellen Sauerstoffsättigung (SaO²) über die freiliegende Hand an.
Auch in dieser Position lassen sich Arme und Beine eines Patienten regelmäßig umpositionieren. Ein großer Vorteil der 135-Grad-Position ist die Möglichkeit, den Patienten regelmäßig von der rechten Körperseite auf die linke zu positionieren und umgekehrt. Diese komplette Druckveränderung senkt die Dekubitusgefahr erheblich.
Ein solcher Wechsel der 135-Grad-Position ist im Vergleich zur Umpositionierung bei der 180-Grad-Position mit weniger Personal und Aufwand zu realisieren, da der Patient nicht angehoben werden muss, um druckentlastende Materialien unter Brustkorb und Becken zu platzieren. Je nach Erfahrung des Pflegepersonals reichen zwei Pflegende. Normalgewichtige Patienten kann auch ggf. eine einzelne Pflegeperson umpositionieren (Bild 5).
Spezialmatratzen. Laut oben genanntem Expertenstandard sollten Niederdruck- oder Wechseldrucksystem zum Einsatz kommen, wenn eine ausreichende Druckentlastung durch Bewegung/Positionswechsel nicht möglich ist. Auch ein erhöhtes Risiko bei sehr invasiven Intensivpatienten kann eine Indikation sein. Der Einsatz weicher Matratzen erhöht Aufwand und Belastung des Pflegepersonals. Als Arbeitsschutzmaßnahmen sind daher unbedingt zu berücksichtigen: gute funktionale, den biometrischen Maßen der Menschen angepasste elektrische Bettsysteme, Hilfsmittel wie Antirutschmatten und -socken sowie Gleitmatten. Da der Patient in der 180-Grad-Position kaum direkt auf der Matratze aufliegt, sondern größtenteils auf den Positionierungshilfsmitteln, schränkt dies die Effektivität einer Spezialmatratze deutlich ein.
Vermeidung pulmonaler Komplikationen und kardiozirkulärer Einbrüche
Die Umpositionierung von der Rücken- in die Bauchlage führt zunächst sehr häufig zu einer konsekutiven Verschlechterung der Oxygenierung. Dieser ist meist mit invasiveren Einstellungen am Respirator zu begegnen. Der Positionswechsel wirkt sich oftmals auch auf den Kreislauf eines Patienten aus: Massive Blutdruckeinbrüche bedürfen dann der erhöhten Gabe von Katecholamin, da der Körper keine Zeit hat, sich auf die neue Position umzustellen. Insbesondere die Lunge eines schwer erkrankten Intensivpatienten ist wenig compliant. Ein schnelles „Hauruck“-180-Grad-Umdrehen um die Körperachse bringt das Ventilations-Perfusions-Verhältnis chaotisch durcheinander. Daher sollte die komplette Umpositionierung schrittweise erfolgen.
Anschaulich darstellen lässt sich dies anhand eines mit zähflüssigem Honig halb gefüllten Glases: Langsames, schrittweise Drehen (30 Grad, 90 Grad usw.) lässt die zähflüssige Masse koordiniert nach unten fließen. Es erfolgt stets eine klare Umverteilung von Luft und Flüssigkeit: Luft immer oben – Flüssigkeit immer unten. Das schnelle Drehen des Glases um 180 Grad führt hingegen zu unkoordinierter chaotischer Tropfenbildung mit einem diffusen Flüssigkeits-Luft-Verhältnis.
Ebenso verhält es sich mir der schwer geschädigten Lunge: Sekret kann nur langsam transportiert werden. Beim langsamen Umdrehen von der Rückenlage über einen individuellen Zeitraum kann sich der Körper eines Patienten oftmals wesentlich besser anpassen.