Eine Juristin und eine Pflege-Influencerin erklären, welche Dos und Don’ts Beschäftigte in der Pflege auf Social Media berücksichtigen sollten.
Als kürzlich Mitarbeiterinnen der Intensivstation des Hüttenhospitals in Dortmund während ihrer Schicht einen Livestream auf Tiktok zeigten, ließ die Reaktion nicht lange auf sich warten. Ein Youtuber erhob schwere Vorwürfe gegen sie, das Klinikum mahnte die Mitarbeiterinnen ab. "Selbstverständlich dürfen Mitarbeitende unserer Klinik während ihrer Arbeitszeit keine privaten Videos, Fotos oder Live Streams vom Arbeitsplatz aufnehmen und veröffentlichen", so das Klinikum.
Der Vorfall in Dortmund ist ein Beispiel dafür, was schiefgehen kann, wenn Beschäftigte in der Pflege Social Media nutzen und dabei Grundregeln missachten. Wer jedoch bestimmte Dos und Don‘ts berücksichtigt, hat viele Möglichkeiten, um die Vielfalt des Berufs sichtbar zu machen.
Social-Media-Aktivitäten vorab klären
Ganz zu Beginn sollte jeder, der über seinen Berufsalltag berichten möchte, dies mit seinem Arbeitgeber abklären – und dafür seine Vorgesetzten oder Verantwortliche aus der Kommunikationsabteilung ansprechen. Ist es erlaubt, Beiträge während der Arbeitszeit zu erstellen und wenn ja in welchem zeitlichen Umfang? Sind Aufnahmen auf dem Gelände des Arbeitgebers möglich? Das sind einige der Aspekte, die man auf jeden Fall vorab klären muss, rät Rechtsanwältin Claudia Gips von der Kanzlei Unverzagt.
Bei ihren Social-Media-Posts müssen beruflich Pflegende dann unbedingt auf die Verschwiegenheitspflicht achtgeben. Das gilt insbesondere für Patientendaten. "Informationen wie etwa aus der Patientenakte widerzugeben, ist natürlich verboten", sagt Claudia Gips. Auch Daten zu Kollegen, wie sie auf Dienstplänen zu finden sind, dürfen nicht veröffentlicht werden.

Vorsicht bei Verwendung von Musik
Zudem gilt: Wer in seinen Beiträgen Personen zeigen oder zu Wort kommen lassen will, muss vorher deren Zustimmung einholen. "Dafür benötigt man keine Unterschrift, aber die Einwilligung muss belegt sein", erklärt Claudia Gips. Bei Videos kann die Zustimmung beispielsweise dokumentiert werden, indem die Person vor der eigentlichen Aufnahme kurz sagt, dass sie einverstanden ist.
Unbedingt beachten muss man außerdem das Urheberrecht. Sollen Fotos, Videos oder Tonaufnahmen, die man nicht selbst erstellt hat, für eigene Posts verwendet werden? Dann muss man klären, ob der Urheber damit einverstanden ist. Auch wer auf die Musikbibliotheken von Plattformen wie Facebook und Instagram zugreift, muss achtgeben. Denn diese Musik darf nur für private Zwecke genutzt werden. Wenn beruflich Pflegende über ihren Berufsalltag berichten, ist das eine Mischung aus privater und beruflicher Nutzung. "Das kann dann schnell teuer werden", sagt die Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht.
Kritik konstruktiv formulieren
Problematisch kann es auch werden, wenn man in Social-Media-Beiträgen Kritik am Arbeitgeber äußert. Dann kann es zu einer Abmahnung kommen. Statt die Kritikpunkte in die Öffentlichkeit zu tragen, sollte man lieber das Gespräch mit seinen Vorgesetzten suchen, empfiehlt Claudia Gips.
Das heißt natürlich nicht, dass allgemeine Kritik an den Arbeitsbedingungen in Social-Media-Posts keinen Platz bekommen sollte. Denn schließlich sind Beschäftigte in der Pflege tagtäglich mit zahlreichen Problemen konfrontiert, weiß Vanessa Schulte. Sie ist stellvertretende Leiterin der Stroke Unit und Neurologie am Städtischen Klinikum Braunschweig und erfolgreiche Social-Media-Influencerin. Bei aller Kritik ist Vanessa Schulte aber wichtig, diese immer auch konstruktiv zu äußern und Lösungsansätze aufzuzeigen.

Auf authentische Social-Media-Posts setzen
Die Gesundheits- und Krankenpflegerin rät Pflegefachpersonen, die über ihren Berufsalltag berichten wollen, sich vor jedem Beitrag immer eine Frage zu stellen: Welches Ziel will ich damit erreichen? Soll es zum Beispiel darum gehen, junge Menschen auf den Pflegeberuf aufmerksam zu machen, kann ein Blick hinter die Kulissen interessant sein. Wie sieht der Start in den Tag aus? Was macht es mit einem, wenn man im Schichtdienst arbeitet?
Wichtig sei grundsätzlich, authentisch zu bleiben, rät Vanessa Schulte. "Man merkt schnell, ob jemand hinter einem Beitrag steht oder ob es nur darum geht, viele Klicks zu bekommen", sagt sie. Das heißt nicht, dass auch sie nicht ab und zu mal etwas postet, weil sie weiß, dass es sehr wahrscheinlich gut ankommen wird. Grundsätzlich ist ihr aber wichtig, ein Bild davon zu zeichnen, was ihren Beruf ausmacht und dabei fachliches Wissen aus und über die Pflegewelt zu vermitteln – auch wenn das nicht so leicht ist. "Die Beiträge müssen sehr niederschwellig und einfach sein, sonst werden sie nicht geklickt", sagt Schulte, die auf Instagram 35.000 Follower hat und zum Thema Social Media berät.
Wie das gelingen kann, zeigt ihr aktueller Post unter dem Titel "Nurses eat their young" ("Das Pflegepersonal frisst seine Jungen"). Damit will die Social-Media-Influencerin auf das Phänomen aufmerksam machen, dass immer mal wieder erfahrene Beschäftigte jüngere, weniger erfahrene Kolleginnen und Kollegen schikanieren. Die Inhalte für ihren Beitrag basieren zwar auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Im Post hat sie aber auf Umgangssprache und eigene Erfahrungen gesetzt, um das Thema greifbar zu machen – mit Erfolg, wie die vielen Kommentare zeigen.