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Dortmund

Pflegenden drohen Konsequenzen wegen Livestream

Auf der Intensivstation des Hüttenhospitals in Dortmund haben drei Mitarbeiterinnen einen Livestream bei Tiktok erstellt. Nun sind sie schweren Vorwürfen ausgesetzt.

Weil drei beruflich Pflegende live von der Intensivstation berichteten, erhebt Youtuber Kevin Hartwig schwere Vorwürfe. Das betroffene Hüttenhospital in Dortmund überprüft möglich Konsequenzen, wie der Westfälische Anzeiger in seiner Online-Ausgabe wa.de berichtete.

Youtuber Kevin Hartwig, der laut eigenen Angaben früher selbst als Krankenpfleger auf einer Intensivstation tätig gewesen ist, hat in einem Youtube-Video schwere Vorwürfe gegen die beruflich Pflegenden erhoben. Nach Informationen von wa.de handelt es sich um drei Frauen, die an ihrem Arbeitsplatz, einer Intensivstation, einen Livestream auf ihrem TikTok-kanal "@dieintensiven" starteten, in dem sie von ihrer Arbeit erzählten und Fragen von Zuschauern beantworteten. Hartwig habe das Krankenhaus, in dem die drei Frauen tätig sind, als das Hüttenhospital in Dortmund identifiziert.

Youtuber kritisiert Verhalten

Auf dem Video sind im Hintergrund immer wieder verschiedene Töne zu hören. Laut Hartwig handelt es sich dabei neben "normalen Monitoralarmen" auch um "Alarme von Beatmungsmaschinen". In den Videoausschnitten, die Hartwig präsentiert, fragen die Zuschauer des Livestreams, um welche Art von Piepsgeräusche es sich handelt und ob sich die Pflegenden nicht darum kümmern müssten. Dazu entgegnet eine der Frauen lachend: "Man muss Prioritäten setzen." Hartwig kritisiert, dass die Mitarbeiterinnen des Hüttenhospitals nicht nach den Patientinnen oder Patienten gesehen haben.

Eine von ihnen gebe sich im Video als die Stationsleitung zu erkennen. Im von Hartwig zur Verfügung gestellten Video-Ausschnitt erklärt sie: "Das ist ein Alarm, aber ein allgemeiner Alarm." Hartwig sieht das anders. In seinem Video erklärt er: "Ich als ehemaliger Pfleger höre da durchaus auch Beatmungsmaschinen klingeln." Auch wenn es sich nicht um einen akuten Notfall handele, deute ein solcher Ton "oft auch auf Veränderungen hin". Und daher, so Hartwig weiter, es sei "die verdammte Pflicht" der beruflich Pflegenden, sich "die Gründe der Alarme genauer bei den Patienten anzuschauen".

Hüttenhospital reagiert auf Vorwürfe

Auf Nachfrage von wa.de habe das Hüttenhospital in schriftlicher Form Stellung zu den Vorwürfen des Youtubers genommen. In der Stellungnahme heißt es: "Im Hüttenhospital existiert eine Social-Media-Richtlinie, die den Umgang mit den sozialen Medien regelt und insbesondere auch die Grenzen und Gefahren beschreibt." Arbeitszeiten dürften nicht für Livestreams verwendet werden. Gegen diesen Vorgaben hätten die drei Frauen verstoßen.

Zu den Alarmen erklärte das Krankenhaus, es habe sich um "Hinweissignale eines Beatmungsgerätes" gehandelt. Diese ertönten bereits dann, "wenn die Grenzen des eingestellten Atemdrucks minimal oder kurzfristig über- bzw. unterschritten werden." In solchen Fällen sei eine Kontrolle des Beatmungsgeräts oder des Patienten noch nicht notwendig. Erst, "wenn ein sogenannter 'roter Alarm' ertönt", müssten "die Mitarbeiterinnen den Alarm persönlich quittieren und sich zum Patienten begeben". Dies sei im Video nicht der Fall gewesen.

Mitarbeiterinnen sehr zuverlässig

Somit hätten sich "die Mitarbeiterinnen nicht falsch verhalten". Dass "für den Laien" der Eindruck entstanden sei, sie hätten sich nicht um die Patientinnen und Patienten gekümmert, "bedauern wir zutiefst, da die Gesundheit und das Wohl der Patienten selbstverständlich höchste Priorität haben". Auch hätten sich keine Datenschutzverstöße ergeben.

Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) zitierte eine Oberärztin. Sie bezeichnet die drei Frauen als "sehr zuverlässige Mitarbeiterinnen, die in keinster Weise Patienten gefährden würden". Laut WDR prüfen das NRW-Gesundheitsministerium und die zuständige Bezirksregierung Arnsberg den Fall.

Krankenhaus kündigt Konsequenzen an

Das Hüttenhospital prüft derzeit Konsequenzen für die drei Mitarbeiterinnen. Diese seien "nach Bekanntwerden der Vorfälle umgehend bis zur abschließenden Klärung des Sachverhalts freigestellt" worden. Nach Angaben der Ruhr Nachrichten sieht das Krankenhaus allerdings von Kündigungen ab. Der Tiktok-Kanal "@dieintensiven" ist inzwischen offline.

Postel: Patienten waren nicht gefährdet

Die öffentliche Empörung in den sozialen Medien könne sehr schnell groß werden, sagte die Präsidentin der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen, Sandra Postel, auf Anfrage von bibliomed-pflege.de. "Deshalb ist es wichtig, die Debatte zu versachlichen und die Fakten sorgfältig zu prüfen", so Postel, die sich mit dem Vorfall beschäftigt hat.

Grundsätzlich müssten akustische Alarme, wie sie im Video zu hören sind, überprüft werden. "Auch wenn es sich nicht um Notfallalarme handelte, bei denen sofortiges Handeln erforderlich ist, sind solche Signaltöne ernst zu nehmen."

Im Fall des TikTok-Livestreams aus dem Hüttenhospital hätten die drei Frauen im Livestreams allerdings darauf hingewiesen, "dass sie sich in ihrer Pause befinden". Nach den aktuell vorliegenden Informationen seien in der Zeit des Livestreams auch keine Patientinnen oder Patienten gefährdet geworden.

Social-Media-Kanäle wichtig für das Bild der Pflege in der Öffentlichkeit

Postel betonte umgekehrt die Bedeutung von Social-Media-Beiträgen für das Bild der Pflege in der Öffentlichkeit: "Gute Social-Media-Kanäle leisten einen wichtigen Beitrag zur Sichtbarkeit unseres Berufsstandes. Sie zeigen, wie vielfältig und verantwortungsvoll Pflege ist und können auch helfen, mit gängigen Vorurteilen aufzuräumen."

Zur Vorsicht mahnte sie indes bei Livestreams während des Dienstes, da diese "vielzählige Fallstricke" böten. Wer dort öffentlich auftrete, trage auch die Verantwortung für die Einhaltung des Datenschutzes, die Sicherstellung der Patientensicherheit und die Integrität des Berufsstands.

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