Eine viel engere Kooperation der Gesundheitsberufe und eine neue Aufgabenverteilung innerhalb dieser Berufe fordert die Präsidentin des Deutschen Pflegerats (DPR), Christine Vogler. Wie das Deutsche Ärzteblatt mitteilt, sagte Vogler am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin:
"Wir müssen weg von der ärztezentrierten Betrachtung des Gesundheitssystems."
Dabei verwies sie auf die von der Bundesregierung 2020 eingesetzte Arbeitsgruppe zur "Neujustierung der interprofessionellen Zusammenarbeit", die auch die Ausweitung medizinischer Kompetenzen auf Pflegefachpersonen untersucht hatte.
Dass die Pflege es bislang nicht geschafft habe, sich besser zu organisieren und ihre Interessen gegenüber Politik und Gesundheitswesen stärker durchzusetzen, sei zum einen historisch in der Entwicklung der Pflegeberufe begründet, scheitere zum anderen am Widerstand von Arbeitgebern und Gewerkschaften gegen die Gründung von Pflegekammern. Vogler weiter:
"Wir brauchen auf jeden Fall viel mehr Selbstverwaltung und eine stärkere Stimme in den entscheidenden Gremien des Gesundheitswesens, vor allem im Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten und Krankenkassen."
Der Staat müsse Interesse an einer besseren Selbstorganisation der Pflege haben und z. B. Pflegekammern finanzieren. Vogler kritisierte in dem Zusammenhang die Machtverteilung im Gesundheitswesen. Dazu verglich sie die Struktur der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), die als Interessenverband in Berlin über 100 Mitarbeitende verfüge, mit der des DPR, der als Dachorganisation der Pflegeverbände nur eine Handvoll Mitarbeiter habe.
Zentrales Ziel der Koalitionsverhandlungen müsse es sein, mehr Menschen in den Pflegeberuf zu bekommen. Die DPR-Präsidentin sagte:
"Alle Reformen nützen nichts, wenn es niemanden gibt, der die Pflege übernimmt."
Westerfellhaus: Reformen mit "viel Drive" fortführen
Eine grundlegende Reform des Gesundheitssystems forderte der Pflegebeauftragte Andreas Westerfellhaus. Gegenüber dem SWR sagte der CDU-Politiker am Montag, es reiche nicht, einzelne "Symptome" zu behandeln:
"Eine neue Regierung muss bereit sein, das Gesamtsystem Gesundheitsversorgung ganz neu zu denken."
Dies betreffe insbesondere den Pflegebereich. Dazu gebe es "keine Alternative". Westerfellhaus sagte:
"Es ist das gesellschaftspolitische Thema, was uns bewegt."
Aus seiner Sicht habe es in der vergangenen Legislaturperiode viele Verbesserungen für die Pflege gegeben, die "zugegebenermaßen noch nicht bei allen angekommen" seien. Die Reformen müssten daher "mit viel Drive in der nächsten Legislaturperiode auch weitergehen".
Westerfellhaus verwies etwa auf den Pflegepersonalmangel, die Überlastung von Angehörigen und die langen Wartezeiten älterer Menschen auf Krankenhausaufenthalte oder Facharzttermine.