Eine bundesweite Online-Studie der Alice Salomon Hochschule (ASH) Berlin hat ergeben, dass Pflegepersonal zwar "in hohem Maße bereits geimpft" ist. Dennoch sei mit Versorgungsengpässen zu rechnen aufgrund der nahenden einrichtungsbezogenen Impfpflicht und damit einhergehender Betretungsverbote.
Impfquote in der Pflege wird vermutlich unter 90 % bleiben
Zwischen 23. Januar und 15. Februar 2022 beteiligten sich gut 1.800 Gesundheitseinrichtungen und -dienste an der Umfrage. Diese beschäftigen nach Angaben der ASH knapp 130.000 Pflegende.
Die Impfquote habe mit mehr als 82 % über jener der Allgemeinbevölkerung gelegen, teilte die Hochschule am Dienstag mit. Zwar werde die Impfquote nach Schätzungen der befragten Leitungskräfte noch weiter steigen, allerdings vermutlich unter 90 % bleiben.
Dies habe laut Studie bei konsequenter Umsetzung des Betretungsverbots direkte Auswirkungen auf die Versorgungskapazität. Dabei sei die ambulante Pflege stärker von Einschränkungen betroffen als die Pflege im Krankenhaus.
Ambulante Pflege stärker betroffen als Pflege im Krankenhaus
Durchschnittlich könnten 15,3 % weniger zu pflegende Personen versorgt werden, träfen die Prognosen der teilnehmenden Einrichtungen ein und würden ab 16. März Betretungsverbote ausgesprochen.
In der ambulanten Pflege beträfe das rd. 200.000 Menschen (-19,9%), in Krankenhäusern rd. 2,5 Mio. (-13,1 %) und in der stationären Langzeitpflege rd. 50.000 (-5,9%) Menschen.
Die höchsten Rückgänge würden insbesondere in der ambulanten Pflege in den östlichen Bundesländern Sachsen (-31,3 %), Brandenburg (-21,9 %) und Thüringen (-21,5 %) erwartet. Aber auch in den Ländern Sachsen-Anhalt (-18,7 %), Bayern (-18,0 %), Mecklenburg-Vorpommern (-17,3 %) Baden-Württemberg (-15,4 %) und Hessen (-15,3 %) würden „nicht unerhebliche“ Versorgungslücken erwartet.
6 Forderungen an die Politik
Um eine Unterversorgung in der Pflege zu vermeiden, stellt die ASH 6 Forderungen an die Politik:
- Ernstnehmen von Sorgen der Verantwortlichen und Mitarbeitenden
- Kommunikation bezüglich der Einhaltung des Immunitätsnachweises gegen COVID-19 nach §20a IfSG
- Anbieten zielgruppenspezifischer Aufklärung über die Notwendigkeit von Impfungen gegen das Corona-Virus
- Bereitstellung alternativer Impfstoffe (z. B. Novavax)
- Entwicklung von Notfallplänen, falls die Versorgung nicht mehr sichergestellt werden kann
- Berücksichtigung der zusätzlichen Arbeitsbelastung durch geringere Personalausstattung
Bayern hatte am Dienstag ein eigenes Konzept für die Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht vorgelegt. Das Konzept, für das sich in ähnlicher Form auch Nordrhein-Westfalen entschieden hat, sieht ein gestuftes Verfahren und Betretungsverbote erst ab Sommer vor.
Einigkeit scheint über Partei- und Verbändegrenzen hinaus zu herrschen, dass unmittelbar auf die einrichtungsbezogene Impflicht die allgemeine Impfpflicht folgen muss.