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Pflegegesetzgebung

Gesetzespläne für "Stambulant" – BeneVit mahnt Rahmenbedingungen an

Die Bundesregierung plant die gesetzliche Zulassung des Pflegekonzepts "Stambulant". BeneVit fordert klare Rahmenbedingungen und kündigt Investitionen an – sollte die Umsetzung wie bisher weiterhin möglich sein.

Die Bundesregierung plant, das Pflegekonzept "Stambulant" ab September gesetzlich zu ermöglichen. Das Konzept kombiniert Elemente stationärer und ambulanter Versorgung und wird seit rund zehn Jahren in mehreren Einrichtungen der BeneVit-Gruppe praktiziert. Laut BeneVit spart das Modell durchschnittlich rund 1.000 Euro monatlich beim Eigenanteil der Bewohnenden und bis zu 7.200 Euro jährlich für die Pflegekassen. Das geht aus einer aktuellen Mitteilung der Gruppe hervor. Gleichzeitig sei die Pflegequalität nicht nur erhalten geblieben, sondern habe sich verbessert. Eine Rückstufungsquote von rund 30 Prozent wird als Indikator für den gesundheitlichen Zustand der Bewohner genannt.

Bürokratische Hürden verzögern Umsetzung

Trotz positiver Erfahrungen konnten geplante Projekte in Meßstetten und Biederbach bislang nicht realisiert werden. Als Grund nennt BeneVit fehlende gesetzliche Grundlagen, obwohl Investitionen in Höhe von 25 Millionen Euro bereits vorbereitet seien. Diese sollten ohne öffentliche Fördermittel erfolgen.

Ein in der Vorwoche vorgelegter Gesetzentwurf sehe vor, dass die Ausgestaltung des Modells durch die Spitzenverbände erfolgt. Dafür ist eine Frist von zwölf Monaten vorgesehen. BeneVit kritisiert, dass ein tatsächlicher Start erst nach dieser Phase möglich sei.

"Stambulant ist eine Win-win- Situation für alle Beteiligten"

Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht unter anderem vor, die nachhaltige Finanzierung und Finanzierbarkeit der Pflegeversicherung zu sichern, ambulante und häusliche Pflege zu stärken sowie zu gewährleisten, dass Leistungen der Pflegeversicherung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen leichter in Anspruch genommen werden können. Die Grundlagen der Reform soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände erarbeiten. Zum Arbeitsauftrag der Kommission gehöre unter anderem die Prüfung, ob Modellprojekte wie "Stambulant" in die Regelversorgung überführt werden sollten. Dieses Versorgungskonzept – eine Mischform aus stationärer Versorgung und ambulanten Leistungen – hatte auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in der zurückliegenden Legislatur wiederholt ins Spiel gebracht.

Das Versorgungsmodell Stambulant wurde vor rund zehn Jahren von Kaspar Pfister initiiert – dem Gründer und geschäftsführenden Gesellschafter der BeneVit-Gruppe, die vor allem in Süddeutschland unter anderem stationäre Pflegeeinrichtungen betreibt. Erprobt wurde Stambulant 2015 bis 2019 als Modellprojekt in der BeneVit-Einrichtung "Haus Rheinaue" im baden-württembergischen Wyhl – das Konzept wird deshalb auch als "Wyhler Modell" bezeichnet. Seit 1. Januar 2025 ist Stambulant in Baden-Württemberg als dauerhafte Lösung im Rahmen eines integrierten Versorgungsvertrags nach § 92b SGB XI etabliert.

Stambulant sei eine "kluge Kombination aus stationärer und ambulanter Versorgung", wie es Kaspar Pfister Mitte April auf der Fachmesse "Altenpflege" in Nürnberg bezeichnete. Zentrales Merkmal der stambulanten Versorgung sei der Umstand, dass Unterkunft, Betreuung und Pflege im Rahmen der stationären Versorgung durch unterschiedliche ambulante Leistungen ergänzt werden können – je nach individuellem Bedarf.

Das "Stammpersonal" der Einrichtung, bestehend aus Pflegefachpersonen sowie Betreuungs- und Hauswirtschaftskräften, erbringe "Grundleistungen in den Bereichen Pflege und Betreuung", die Bewohnerinnen und Bewohner können sich aktiv einbringen, etwa bei der Zimmerreinigung. Fachkraftquoten und Personalschlüssel gebe es bei Stambulant nicht. Die Mischung aus Grund- und Wahlleistungen ergebe einen "passgenauen und flexiblen Leistungszuschnitt"“ – also eine "hohe Pflege- und Betreuungsqualität zu bezahlbaren Preisen", sagte Pfister.

Acht Jahre Praxiserfahrung hätten gezeigt, dass Stambulant zu einer hohen Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit sowie einer Verbesserung des Allgemeinzustands der Bewohnerinnen und Bewohner führe. Die Kombination aus stationärem Ordnungsrecht und ambulantem Leistungsrecht führe zu deutlich geringeren Kosten: "Der Eigenanteil ist bis zu 1.000 Euro günstiger im Vergleich zu stationär", führte Pfister aus. Das Einsparpotenzial für die Pflegeversicherung bezifferte der BeneVit-Gründer auf insgesamt vier Milliarden Euro pro Jahr – und begründete diese Zahl mit dem besseren Allgemeinzustand der Bewohnerinnen und Bewohner, der hohen Bereitschaft der Angehörigen, sich aktiv einzubringen, und dem geringeren Bedarf an Pflegefachpersonen.

Stambulant sei laut Pfitzer eine "Win-win-Situation für alle Beteiligten", weil sich Bewohnerinnen und Bewohner, ihre Angehörigen und das Personal "wohlfühlen und Lebensqualität erfahren". Geringere Eigenanteile und Kosteneinsparungen für die Kassen bei besserer Ergebnisqualität seien die Folge, resümierte der Pflegeunternehmer. Zur Untermauerung seiner These führte Pfister wissenschaftliche Evaluierungen an, unter anderem eine Untersuchung des IGES-Instituts zu den Kosten des Stambulant-Modells aus dem Jahr 2023. Alle Untersuchungen seien zu einem positiven Ergebnis gekommen – "pro Stambulant", so Pfister.

"Es geht doch nur um ein paar Sätze im Sozialgesetzbuch", sagte BeneVit-Geschäftsführer Kaspar Pfister. "Wir wollen nicht die dritte Säule der Pflege erfinden, sondern eine bewährte Ergänzung, die niemand umsetzen muss, der nicht will. Aber bitte – ohne unnötige Bürokratie."

Investitionsbereitschaft abhängig von Gesetzeslage

Die BeneVit Gruppe kündigte an, bei klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen bis zu 100 Millionen Euro in neue Projekte investieren zu wollen. Sollte das Konzept jedoch nicht wie bisher praktiziert umsetzbar sein, werde auf weitere Investitionen verzichtet.

Die Forderung lautet: Pflegeleistungen sollen sich am Bedarf der Menschen orientieren – nicht an der Wohnform. Die Gruppe sieht in der gesetzlichen Anerkennung von Stambulant eine Chance, das Pflegesystem finanziell und strukturell zu entlasten.

Die BeneVit Gruppe bietet seit 2004 Pflege- und Betreuungsleistungen für ältere Menschen und ist bundesweit an 32 Standorten in fünf Bundesländern aktiv. Sie betreibt 48 Einrichtungen mit Schwerpunkt auf 128 Hausgemeinschaften in 27 stationären Pflegeeinrichtungen mit rund 1.750 Plätzen. Etwa 700 Menschen werden ambulant versorgt. Ergänzt wird das Angebot durch Tagespflege, barrierefreies Wohnen und betreute Wohnformen. Bundesweit sind rund 1.900 Mitarbeitende beschäftigt.

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