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Pflegekammer Rheinland-Pfalz vor der Landtagswahl

Was Politiker jetzt fordern

Steht die Pflegekammer in Rheinland-Pfalz am Scheideweg?

Die Kritik an der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz wird immer lauter. Im Vorfeld der Landtagswahl Ende März kommenden Jahres fordern Politiker eine Neuaufstellung des Selbstverwaltungsorgans. 

Die kritischen Stimmen rund um die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz erreichen inzwischen die Politik. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) hatten sowohl die SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, als auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Gordon Schnieder am vergangenen Samstag geäußert, dass die Pflegekammer mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen habe und es ein "Weiter so" nicht geben könne. Schnieder forderte zudem eine "grundlegenden Neuaufstellung" der Kammer und eine freiwillige Mitgliedschaft nach bayerischem Vorbild.

In einer Pressemitteilung von Mittwoch bezeichnete die Pflegekammer dies als kurzsichtig sowie als Gefährdung der Selbstverwaltung der Pflege und der pflegerischen Versorgungsqualität. Freiwillige Strukturen ersetzten keine Kammer, sondern verringerten die Durchsetzungskraft gegenüber anderen Akteuren im Gesundheitssystem. Die Pflichtmitgliedschaft sichere die Handlungsfähigkeit der Kammer, etwa bei der Entwicklung von ethischen Leitlinien und Qualitätsstandards sowie bei der politischen Einflussnahme.

BibliomedPflege hat Bätzing-Lichtenthäler und Schnieder um Interviews über die aktuelle Situation gebeten.

Bätzing-Lichtenthäler: Akzeptanzverlust schwächt Pflegekammer als Interessenvertretung

Bätzing-Lichtenthäler ließ über den Pressesprecher der SPD-Fraktion im Landtag Rheinland-Pfalz, Markus Kuhlen, Folgendes mitteilen: "Grundsätzlich ist eines wichtig: Die Pflege im Land muss eine starke Stimme und Vertretung haben. Das war auch der Kerngedanke, der hinter der Einführung der Landespflegekammer stand. Wir nehmen aber aktuell ernstzunehmende Stimmen wahr, die kritisieren, dass sich diese Hoffnung bis heute nicht komplett erfüllt hat. Zu hören sind  neben positiven Rückmeldungen  zunehmend kritischere Stimmen rund um die Pflegekammer, insbesondere von Pflegekräften selbst. Mit diesem Verlust an Akzeptanz bei ihren eigenen Mitgliedern kann eine Interessens-Vertretung nur schwer die maximale Kraft entfalten. Das ist aber der Anspruch, den wir an die Pflegekammer richten und die sie sicher selbst hat: eine breite Akzeptanz und eine starke Stimme, sie muss einen konkreten Nutzen bieten und diesen auch gut kommunizieren. Das ist leider bei der Pflegekammer in Teilen umstritten. Dies ist zehn Jahre nach ihrer Einführung ein Umstand, den die Politik bewerten muss und wird. Ein einfaches 'Weiter so' kann es allein deshalb nicht geben, weil dies auch die berechtigten Interessen an einer starken Vertretung der Pflege ignorieren würde."

Schnieder: "Eine Pflichtmitgliedschaft mit Mitgliedsbeiträgen lehnen wir klar ab"

Schnieder stand für ein Gespräch zur Verfügung.

Herr Schnieder, wie sollte es mit der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz weitergehen?

Eine Pflichtmitgliedschaft mit Mitgliedsbeiträgen lehnen wir klar ab. Zwangsbeiträge sind angesichts der ohnehin enormen Belastungen der Pflegefachkräfte nicht vermittelbar.

Eine Pflegekammer ohne Pflichtmitgliedschaft würde vermutlich zu deutlich geringeren Mitgliederzahlen führen, was ihre politische Schlagkraft schmälern würde. Sehen Sie das auch so?

Wir sehen das anders. Schlagkraft entsteht nicht durch Zwang, sondern durch Akzeptanz und Überzeugung. Wenn die Kammer gute Arbeit leistet und den Pflegekräften spürbaren Mehrwert bringt, werden sich die Menschen freiwillig engagieren.

Wie sollte die Pflegekammer künftig finanziert werden?

Das Land muss einen stärkeren Finanzierungsanteil leisten. Es ist nicht akzeptabel, die Kosten auf die Schultern der Pflegekräfte abzuwälzen. Wer eine starke Pflegevertretung will, muss sie aus Landesmitteln verlässlich unterstützen. So wie in Bayern, wo das Land seiner hoheitlichen Aufgabe nachkommt.

Können Sie sich vorstellen, die Mitglieder der Pflegekammer über die Zukunft des Selbstverwaltungsorgans abstimmen zu lassen oder sollte diese Entscheidung in den Händen der Politik liegen?

Wir nehmen die Stimmen der Pflegekräfte sehr ernst. Eine Befragung oder Abstimmung der Mitglieder kann ein sinnvolles Instrument sein, um Transparenz und Akzeptanz zu schaffen. Am Ende muss die Politik jedoch die Verantwortung tragen und den Rahmen gestalten.

In Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben solche Abstimmungen zur Abwicklung der Pflegekammern geführt. Wäre dies auch für Rheinland-Pfalz ein denkbares Szenario?

Wir wollen, dass die Interessen der Pflegekräfte mit einer starken Stimme vertreten werden. Wenn die jetzige Kammerstruktur nicht reformiert wird, ist es durchaus denkbar, dass ein Neustart sinnvoll sein kann. Entscheidend ist, dass die Pflegekräfte eine starke und akzeptierte Vertretung haben – nicht, dass Strukturen um jeden Preis erhalten werden.

Also Abwicklung nein – Neustart mit einer freiwilligen Interessenvertretung nach bayerischem Modell ja?

Eine Aufstellung unter Gegebenheiten, wo es keine Zwangsmitgliedschaften und Zwangsbeiträge gibt, findet meine volle Unterstützung.

In Bayern gibt es seit Juni eine verpflichtende Registrierung von Pflegefachpersonen. Für Deutschland ein Novum – in Österreich hingegen schon seit einigen Jahren praktiziert. Können Sie sich ein solches Modell für Rheinland-Pfalz auch vorstellen?

Eine verpflichtende Registrierung kann sinnvoll sein, um einen genauen Überblick über die Berufsgruppe zu erhalten. Das ist aber etwas anderes als eine Pflichtmitgliedschaft mit Beiträgen. Wir können uns ein solches Modell auch für Rheinland-Pfalz vorstellen, wenn es um Transparenz und Berufsstatistik geht.

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