Zwei Drittel der Pflegefachpersonen, Ärztinnen und Ärzte in der Wundversorgung befürchten aufgrund neuer Regelungen zur Erstattung von Wundauflagen Nachteile für die Patientenversorgung. Das hat eine Online-Umfrage im Auftrag des Bundesverbands Medizintechnologie (BVMed) ergeben. Demnach rechneten 9 von 10 Befragten – auch hinsichtlich der medizinischen Therapiehoheit oder der Produktauswahl – mit negativen Effekten. Nur 12 % erwarteten keine oder geringe Auswirkungen, teilte der BVMed am Donnerstag mit. Die Behandlung von infizierten oder infektionsgefährdeten Wunden sei für die meisten Befragten "hoch relevant". Rd. 70 % nutzten regelmäßig antimikrobielle Wundauflagen. Für die Auswahl der Produkte orientierten sich medizinisch-pflegerische Fachpersonen vorrangig an eigenen Erfahrungen (76 %) und medizinischen Anforderungen (75 %) – für 39 % seien auch wirtschaftliche Kriterien relevant.
Mehrheit der Befragten rechnet mit negativen Effekten
Der Gemeinsame Bundesauschuss (G-BA) habe allerdings mit Beschluss vom 20. August 2020 eine Abgrenzung von "Verbandmitteln" zu "sonstigen Produkten zur Wundbehandlung" vorgenommen, erläuterte der BVMed weiter. Dafür sei die Arzneimittel-Richtlinie geändert worden. Diese "sonstigen Produkte zur Wundbehandlung" seien künftig nur noch nach Abschluss eines positiven Nutzenbewertungsverfahrens seitens des G-BA über die gesetzliche Krankenkasse erstattungsfähig. Eine Übergangsfrist gelte noch bis 2. Dezember 2023.
Nur jede zweite befragte Person kenne jedoch diese Richtlinienänderung.
BVMed: Beschlossene Regelung kritisch prüfen
Diese beschlossene Regelung ist deshalb aus Sicht des BVMed kritisch zu prüfen und zu diskutieren. Die Leiterin des Referats Ambulante Versorgung im BVMed, Juliane Pohl, sagte:
"Der Blick in die Praxis zeigt, dass sich die lokale Therapie komplexer Wunden mit antimikrobiellen Wundauflagen bewährt hat. Sie kann die Gabe von Antibiotika vermeiden oder reduzieren. Das könnte sich gravierend ändern, wenn die Auswahl an erstattungsfähigen antimikrobiellen Wundverbänden reduziert wird. Etablierte Lokaltherapien würden erheblich behindert."
Die Umfrage erfolgte über das Marktforschungsinstitut rc – research & consulting. Insgesamt haben sich nach BVMed-Angaben im Februar und März 2022 rd. 150 Pflegefachpersonen sowie niedergelassene Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen beteiligt (n=153).