Mit einer möglichen Wiedereinführung der 2011 ausgesetzten verpflichtenden Wehrpflicht könnte auch ein neuer Zivildienst eingeführt werden. Das berichtete am Montag das Nachrichtenportal tagesschau.de unter Berufung auf einen Beitrag des Hessischen Rundfunks (hr).
Ein Ziel könnte es sein, soziale Einrichtungen zu entlasten und dem Fachkräftemangel in Pflege, Erziehung und Gesundheit entgegenzuwirken, berichtete der hr. Konkrete Pläne für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr gebe es bislang aber nicht. Verteidigungsminister Boris Pistorius habe jedoch angedeutet, dass eine Rückkehr der Wehrpflicht denkbar sei, falls sich nicht genügend Freiwillige für die Bundeswehr melden. In diesem Fall müsste laut Grundgesetz auch ein Ersatzdienst eingeführt werden.
Zahlen zeigen große Lücke
Zumindest zahlenmäßig gebe es bislang "für diese helfenden Hände" seither keinen Ersatz, heißt es im hr-Bericht weiter. Im Jahr 2010 habe es deutschlandweit noch rund 78.400 Zivildienstleistende gegeben. Für den nach dem Ende der Wehrpflicht als Zivildienst-Ersatz eingeführten Bundesfreiwilligendienst (BFD) hätten sich "deutlich weniger junge Menschen" gemeldet. Im Jahr 2024 seien es 31.685 gewesen. Selbst bei einem Hinzurechnen derer, die sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) entschieden, seien die "fehlenden" Zivildienstleistenden nicht auszugleichen: "Schon 2010, zu Zeiten des Zivildienstes, hatten sich rund 35.400 FSJler engagiert, 2024 waren es immerhin rund 63.800", gab der hr an.
Kritik von Sozialverbänden und Trägern
Ob Einrichtungen den Zivildienst überhaupt zurückwollen, sei fraglich. Sozialverbände und Träger bewerteten die Idee kritisch. Michael Saitner vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein sprach von einer "Denke der Achtziger und Neunziger". Willem Heins vom Sozialen Friedensdienst Kassel warnte vor unmotivierten Jugendlichen und fehlender Infrastruktur. Der Aufbau einer Begleitstruktur könne fünf bis zehn Jahre dauern. Zudem seien Zivildienstleistende früher oft in Hilfstätigkeiten eingesetzt worden und hätten Fachpersonal nie ersetzen können, betonte Axel Eppich von der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Freiwilligendienste Hessen.
Freiwilligendienste statt Pflichtdienst
Viele Träger plädierten stattdessen für eine Stärkung der Freiwilligendienste wie FSJ und BFD. Dazu gehörten eine bessere Bezahlung und mehr Anreize, etwa die Möglichkeit, während des Engagements den Führerschein zu machen. "Wir haben das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft", so Eppich.