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Krankenhausreform

KHAG: Länder bekommen Hoheit über die Fachkliniken

Nach wochenlangem Ringen zwischen Bund und Ländern hat das Bundeskabinett nun den Entwurf des KHAG verabschiedet. 

Das Bundeskabinett hat den Entwurf des Gesetzes zur Anpassung der Krankenhausreform (KHAG) verabschiedet. Nun geht das Gesetz in den parlamentarischen Prozess. Zuvor hatten Gesundheitsministerium, Bundesländer und vor allem die SPD-Bundestagsfraktion deutlich länger verhandelt als geplant. "Mit dem Gesetz sorgen wir dafür, dass Krankenhäusern genügend Zeit bleibt, die neuen Qualitätsvorgaben auch umzusetzen", erklärte Gesundheitsministerin Nina Warken.

Vorhaltepauschale verzögert sich, aber bleibt 

Wie bereits im ersten KHAG-Entwurf vorgesehen, wird das neue Finanzierungssystem mit Vorhaltepauschale um ein Jahr verschoben. 2026 und 2027 sind budgetneutrale Jahre, 2028 und 2029 Konvergenzphase und ab 2030 soll das neue System scharfgeschaltet werden. Damit steht dieses für viele Krankenhausvertreter disfunktionale Instrument weiter im Raum.

Ausnahme-Versprechen geschleift

Die Zahl der Leistungsgruppen wird von 65 auf 61 reduziert. Auch das war zwischen Bund und Ländern Konsens. Allerdings haben sich mehrere Details zum ursprünglichen KHAG-Entwurf verändert. Die von den Ländern vehement geforderten und im ersten KHAG-Entwurf festgelegten Ausnahmeregelungen hat das Bundesgesundheitsministerium nun zurückgedreht – nachdem vor allem die SPD-Bundestagsfraktion interveniert hatte. Länder dürfen Kliniken nicht mehr bis zu sechs Jahren die Erlaubnis erteilen, Qualitätsvorgaben der Leistungsgruppen zu unterschreiten – sondern nur noch drei Jahre. Für diese Ausnahmen müssen die Länder außerdem das Einverständnis der Landesverbände der Krankenkassen einholen. Ob die Kassen solche Ausnahmen wirklich blockieren (und so den "Schwarzen Peter" für eine Klinikschließung riskieren), muss sich zeigen. Für die Kliniken dürfte vor allem die Umsetzung der Personalvorgaben in vielen Fällen problematisch werden. 

2-Kilometer- und Fachärzte-Regel bleiben

Im Sinne der Länder werden hingegen Erreichbarkeitsklauseln (30- oder 40-Minuten-Regel) aus dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) gestrichen. Kliniken dürfen Leistungsgruppenkriterien in Ausnahmen außerdem in Kooperation mit anderen Häusern erfüllen, wobei der Kooperationspartner nicht mehr als 2.000 Meter entfernt residieren darf (2-Kilometer-Regel). Zum Ärger der Kliniken bleibt die Vorgabe bestehen, dass Kliniken ihre Fachärzte maximal drei Leistungsgruppen zuordnen dürfen. Hier könnten vor allem kleinere Kliniken in den Abteilungen Allgemeine Chirurgie oder Innere Medizin Personalprobleme bekommen. Für Personalvorgaben gelten laut Entwurf generell 38,5 Stunden als Vollzeitäquivalent. Das hatte der Leistungsgruppenausschuss festgezurrt. 

BMG präzisiert Definition der Fachkliniken

Das BMG präzisiert im Entwurf außerdem die Definition für Fachkliniken. Als Fachkliniken gelten demnach Häuser, die sich auf eine bestimmte Erkrankung, Krankheitsgruppe oder Patientengruppe spezialisiert haben und einen relevanten Anteil der Versorgung leisten. Die KHVVG-Regel, wonach Fachkliniken mindestens 80 Prozent ihrer Fälle in vier Leistungsgruppen abrechnen müssen, weicht der Gesetzgeber auf. Diese Regelung dürfte zum Kompromiss beigetragen haben, denn die Länder erhalten hier viel Spielraum.

29 Milliarden für den Transformationsfonds

Wie bereits berichtet, passt das BMG mit dem Gesetzentwurf auch die Finanzierung des Krankenhaustransformationsfonds (KHTF) an. In dem Topf liegen 50 Milliarden Euro für Strukturveränderungen der Kliniklandschaft. Ursprünglich sollten Krankenkassen und Länder je die Hälfte des Betrags bezahlen. Nun finanziert der Bund 29 Milliarden und die Länder 21 Milliarden Euro: In den Jahren 2026 bis 2029 übernimmt der Bund jährlich 3,5 Milliarden Euro – und die Bundesländer 1,5 Milliarden –, in den Folgejahren bis 2035 finanzieren beide Seiten mit je 2,5 Milliarden Euro pro Jahr. 

Der Atlas bleibt

Die Definition der Level-1i-Einrichtungen oder Sektorenübergreifenden Versorungseinrichtungen (SÜV) bleibt vage. Interessanterweise bleibt mit dem KHAG auch der umstrittene Klinikatlas im Spiel. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken hatte den Atlas in der Vergangenheit als verzichtenswert eingestuft. Für die Kliniken bedeutet die Weiterführung hohen bürokratischen Aufwand. 

Fazit: Die Länder mussten einige Kröten schlucken, von maximaler Beinfreiheit kann nicht mehr die Rede sein. Allerdings zahlt der Bund über die nächsten zehn Jahre vier Milliarden Euro mehr, die eigentlich die Länder berappen müssten. Außerdem bekommen die Länder bei den Fachkliniken viel Spielraum. Die Vorhaltepauschale dürfte derweil noch für viel Reibungen zwischen Bund, Ländern und Kliniken sorgen. Ausgang: ungewiss. 

Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig. Laut Zeitplan soll es im Bundesrat Mitte November abschließend beraten werden. 

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