Eine neue Umfrage des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK) zeigt, dass viele internationale Pflegefachpersonen hierzulande trotz ihrer Qualifikationen vor massiven Herausforderungen stehen. Neben komplizierten Anerkennungsverfahren und eingeschränkten Befugnissen erleben sie häufig Diskriminierung im Berufsalltag. Die Folgen könnten gravierend sein: Viele erwägen, Deutschland wieder zu verlassen, teilt der DBfK mit.
Bereits zum zweiten Mal hat der Berufsverband unter dem Titel "Pflege, wie geht es dir?" eine große Jahresumfrage durchgeführt. Der Fokus lag dieses Jahr auf den Arbeitsbedingungen internationaler Pflegefachpersonen. Das Ergebnis: Deutschland zieht zwar qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland an, doch der Integrationsprozess läuft alles andere als reibungslos. Laut der Erhebung fühlen sich viele nicht ausreichend wertgeschätzt und in ihrem Fachwissen eingeschränkt.
Eingeschränkte Befugnisse und langsame Anerkennungsverfahren
Besonders brisant: 77 Prozent der befragten Pflegefachpersonen, die im Ausland ausgebildet wurden, gaben an, dass sie in Deutschland weniger Befugnisse haben als in ihrem Herkunftsland. Das bedeutet, dass sie Aufgaben übernehmen könnten, die sie hier nicht ausführen dürfen – ein enormes ungenutztes Potenzial, urteilt der DBfK.
Hinzukomme der langwierige Anerkennungsprozess ihrer Qualifikationen, der viele abschrecke. 39 Prozent der Befragten würden Kollegen in ihrem Herkunftsland nicht empfehlen, nach Deutschland zu kommen, um in der Pflege zu arbeiten.
"Das Potenzial der professionellen Pflege wird gleich doppelt ausgebremst", warnt DBfK-Bundesgeschäftsführerin Bernadette Klapper. Zum einen bei den internationalen Pflegefachpersonen, deren Qualifikationen nicht voll anerkannt würden, und zum anderen bei den in Deutschland ausgebildeten Pflegefachpersonen, die sich mehr Verantwortung wünschten.
Diskriminierung im Berufsalltag: Ein unterschätztes Problem
Neben den beruflichen Einschränkungen offenbart die Umfrage ein weiteres alarmierendes Problem: Diskriminierung und Rassismus im Pflegealltag. Viele internationale Pflegefachpersonen berichten von negativen Erfahrungen – von abwertenden Bemerkungen bis hin zu körperlichen Angriffen.
82 Prozent der Befragten mit internationalem Hintergrund fühlen sich im Berufsalltag nicht ernst genommen. 79 Prozent erleben, dass ihre Kompetenz angezweifelt wird. Noch erschreckender: 53 Prozent haben rassistische Beleidigungen erfahren, 56 Prozent sogar körperliche Übergriffe.
"Ich sehe hier auch das Ergebnis einer verfehlten und rein negativ geführten Migrationsdebatte", betont Klapper. Pflegefachpersonen seien nicht nur Arbeitskräfte, sondern Menschen, die zur Gesellschaft gehörten. Wer sie gewinnen und halten wolle, müsse Ausgrenzung und Rassismus aktiv bekämpfen.
Die Ergebnisse der Umfrage seien ein deutlicher Appell an Politik, Arbeitgebende und Gesellschaft. Mehr als 3.000 beruflich Pflegende haben nach DBfK-Angaben daran teilgenommen – und sie machen klare Forderungen:
- Mehr Befugnisse
70 Prozent der Pflegefachpersonen wünschen sich mehr Verantwortung und Kompetenzerweiterung. - Bessere Arbeitsbedingungen
77 Prozent der Befragten möchten mehr Gestaltungsmöglichkeiten in ihrem Beruf. - Gezielte Integrationsmaßnahmen
Investitionen in Sprachförderung und interkulturelle Begleitung sind essenziell.
Die DBfK-Bundesgeschäftsführerin sieht dringenden Handlungsbedarf: "Wer dem Fachkräftemangel begegnen will, muss handeln." Das reiche von einer erleichterten Anerkennung ausländischer Qualifikationen bis zu klaren Entwicklungsperspektiven im Beruf. Die ausstehenden Pflegegesetze zur Kompetenzerweiterung seien zu verbessern und rasch auf den Weg zu bringen.