Im Bundestag haben die Abgeordneten am Donnerstag hitzig zum Thema Impfpflicht debattiert. Ergebnis: Sowohl ein Gesetzentwurf aus den Reihen der Koalition für eine Impfpflicht ab 60 Jahren als auch ein Antrag von CDU/CSU für einen "gestuften Impfmechanismus" hat die Mehrheit verfehlt – eine allgemeine Corona-Impfpflicht ist damit vom Tisch.
Lediglich die seit März geltende einrichtungsbezogne Impfpflicht für Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gilt.
Bittere Schlappe für Gesundheitsminister Lauterbach
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) äußerte sich enttäuscht:
Einziger Gesetzentwurf, der die allgemeine Impfpflicht gebracht hätte, ist gerade gescheitert. Es ist eine sehr wichtige Entscheidung, denn jetzt wird die Bekämpfung von Corona im Herbst viel schwerer werden. Es helfen keine politischen Schuldzuweisungen. Wir machen weiter
— Prof. Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) April 7, 2022
Noch am Mittwoch hatte die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz die Hoffnung, der Gesetzentwurf von Ampel-Abgeordneten für eine Impfpflicht ab 60 habe eine Chance durchzukommen. Das wäre ein "wichtiges Signal", wenn auch das "absolute Minimum" politischer Verantwortungsübernahme – der richtigere Weg wäre aus Sicht der Kammer eine allgemeine Impfplicht ab 18 Jahren.
BKG fordert Aussetzen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht
Die Corona-Impfung sichere besonders das Überleben derjenigen, für die Pflegefachpersonen im Land durch ihre eigene Impfverpflichtung mit großer Verantwortung eingestanden seien und auch weiterhin einstünden.
Für die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) war die einrichtungsbezogne Impfpflicht bislang "durchaus sinnvoll als erster Schritt und Vorbild für eine allgemeinere Impfpflicht". Allerdings: Wenn jetzt alle Schutzmaßnahmen außerhalb des Gesundheitssystems fielen und auch keine allgemeinere Impfpflicht komme, fühlten sich die Beschäftigten alleine gelassen, kritisierte BKG-Geschäftsführer, Roland Engehausen. Er betonte:
"Verpflichtender Infektionsschutz und Impfpflicht alleine nur in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen mit sowieso höchsten eigenverantwortlichen Schutzauflagen macht keinen Sinn."
Die BKG fordere daher, die einrichtungsbezogene Impfpflicht auszusetzen und keine Arbeitsverbote durch die Gesundheitsämter aussprechen zu lassen. Denn:
"Wenn nun für alle anderen ungeimpften Bevölkerungsgruppen die völlige Freiwilligkeit gilt, frustriert diese einseitige Pflichtüberprüfung der Menschen, die im Gesundheitswesen verantwortlich tätig sind, auf ganzer Linie“ so Engehausen weiter."
Die BKG habe bereits "viele enttäuschte und wütende Reaktionen" aus den Kliniken auf die Entscheidungen im Bundestagerreicht.
Seit Beginn der Pandemie war eine allgemeine Impfpflicht lange über Parteigrenzen hinweg ausgeschlossen worden. Angesichts schleppender Impfungen sprachen sich Ende vergangenen Jahres Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten doch dafür aus.
Aktuell haben nach Angaben der Tagesschau mind. 63,2 Mio. Menschen oder 76 % aller Einwohnenden Deutschlands den Grundschutz mit der nötigen zweiten Spritze. Die Impfkampagne sei aber nahezu zum Erliegen gekommen.