Deutschland verpasst die Chancen einer konsequenten hochschulischen Pflegebildung. Diese deutliche Kritik haben mehrere Pflegeverbände an die Bundesregierung adressiert. In einem gemeinsamen Positionspapier haben sie die Schließung von Finanzierungs- und Entlohnungslücken in Studiengängen der Pflege sowie den "breiten" Ausbau von Pflegestudiengängen an allen Universitätsmedizinstandorten in Deutschland gefordert.
Refinanzierung des Pflegestudiums fehlt
Die hochschulische Pflegebildung stecke hierzulande nach wie vor in Kinderschuhen, äußerten am Montag der Verband der Pflegedirektorinnen und Pflegedirektoren der Universitätskliniken und Medizinischen Hochschulen Deutschlands (VPU), dessen Netzwerk "Pflegewissenschaft und Praxisentwicklung", der Deutsche Pflegerat, die Deutsche Gesellschaft für Pflegewissenschaft, die Bundesdekanekonferenz Pflegewissenschaft, der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe und die European Academy of Nursing Science.
Nach wie vor existierten für den Pflegeberuf nur begrenzt Studienmöglichkeiten: Gerade einmal 5 der über 30 Universitätsmedizinstandorte und Universitätskliniken in Deutschland böten überhaupt ein Pflegestudium an.
Hinzukomme die Herausforderung des konkurrierenden parallelen Angebots von vollumfänglich finanzierter Pflegeausbildung mit Ausbildungsgehalt zu einem in der Regel nicht vollumfänglich refinanzierten Pflegestudium ohne Vergütung der Praxiseinsatzzeiten. Der Sprecher des VPU-Netzwerks Pflegewissenschaft und Praxisentwicklung, Andreas Kocks, mahnte:
"Die fehlende Vergütung führt zu einem deutlichen Wettbewerbsnachteil sowie Attraktivitäts- und Bewerberverlust für die Pflegestudiengänge. Dieses Missverhältnis stellt eine Gefährdung der Entwicklung der Pflegewissenschaft sowie der Erhöhung des Anteils hochschulisch qualifizierter Pflegefachpersonen und somit der Weiterentwicklung einer qualitativ hochwertigen, evidenzbasierten Pflegepraxis in Deutschland dar."
Dringend erforderlich seien politische, finanzielle und einheitliche Rahmenbedingungen, damit die nachhaltige Implementierung von Pflegestudiengängen gelingen könne. Dies dürfe nicht allein den Ländern überlassen sein.
Förderprogramm zum Ausbau von Pflegestudiengänge gefordert
Die 3 Hauptanliegen der Zeichnenden des Positionspapiers an die Bundesregierung sind:
- Vergütung der Praxiseinsätze für Pflegestudierende analog zur Pflegeausbildung und dem Hebammenstudium.
- Refinanzierung der Praxisanleitung in den Praxiseinrichtungen.
- Aufbau eines Förderprogramms zum Auf- und Ausbau von Pflegestudiengängen und pflege-wissenschaftlichen Professuren deutschlandweit.
Bereits im November 2021 hatten mehrere Pflegeverbände in einem Memorandum eindringlich vor einem Scheitern der akademischen Pflegeausbildung gewarnt.