In einem Pflegeheim in Wilstedt im niedersächsischen Landkreis Rotenburg stehen zehn Pflegehelfer aus Kolumbien vor der Abschiebung, nachdem ihre Asylanträge abgelehnt wurden. Die drohende Rückführung, die die Schließung des Pflegeheims zur Folge haben könnte, wurde nach Informationen des NDR jedoch vorerst aufgeschoben: Das niedersächsische Innenministerium dementierte eine geplante Abschiebung kolumbianischer Staatsangehöriger für die kommenden Tage. Dennoch bleibt die Situation prekär, da die Rückführung langfristig nicht vom Tisch ist.
Offener Brief und Petition gegen Abschiebung
Mit einem offenen Brief haben sich die Heimleitung und Angehörige der Bewohner an Bundes- und Landespolitik gewandt. In ihrem Schreiben an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, Innenministerin Nancy Faeser, Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (alle SPD) appellieren sie, die Abschiebung auszusetzen. "Wir werden nicht ruhen, bis die Pflegekräfte eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung erhalten", heißt es im Brief, an den auch eine Petition anknüpft. Sollte die Abschiebung erfolgen, drohe dem Heim das Aus, da ein Drittel des Pflegepersonals fehlen würde.
Besonders beunruhigt seien die Angehörigen der 48 demenzkranken Bewohner des Heims. Die drohende Verlegung in weiter entfernte Einrichtungen könnte laut Brief dramatische Auswirkungen auf die Gesundheit der Betroffenen haben. Einige von ihnen müssten möglicherweise in geschlossene Psychiatrien eingewiesen werden, um Verhaltensauffälligkeiten medikamentös zu regulieren – ein Eingriff, der nach Ansicht der Angehörigen nicht notwendig sein sollte.
Rückendeckung aus der Pflegebranche: Kritik an bürokratischen Hürden
Die Schwierigkeiten, die mit der Anwerbung und Integration ausländischer Pflegekräfte einhergehen, stoßen auch andernorts auf Kritik. Der Vorsitzende des Pflegebündnisses Mittelbaden, Peter Koch, hat am Donnerstag deutlich gemacht, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland potenzielles Fachpersonal abschrecken. Die verzögerte Anerkennung ausländischer Qualifikationen, überbordende Bürokratie sowie unflexible Asyl- und Einwanderungsregelungen stünden einer effektiven Fachkräfteanwerbung entgegen. Anhand eines eigenen Beispiels äußerte Koch seine "Wut über ein krankes System": Einem marokkanischen Bewerber wurde trotz vollständig erfüllter Anforderungen die Einreise verweigert – ein Fall, der die strukturellen Probleme im deutschen Einwanderungs- und Gesundheitssystem verdeutliche. Was bei allen Beteiligten nach ihrem Engagement für den Marokkaner bleibe, seien Frust und Enttäuschung. Das bestehende System setze alles daran, auch die letzten noch motivierten Pflegefachpersonen zu verlieren.
Doch es gibt auch Positivbeispiele: Zehn Kulturbotschafterinnen am Universitätsklinikum Münster unterstützen internationale Pflegefachpersonen bei der Herausforderung, in einem fremden Land zu leben und zu arbeiten.