Die Bundespflegekammer (BPK) hat die Bundesregierung aufgefordert, eine Pflegeoffensive einzuleiten für mehr Personal, bessere Bezahlung und mehr Mitsprache für professionell Pflegende. In einem 12-seitigen Forderungskatalog zur Bundestagswahl 2021 macht sie auf die aktuell prekäre Situation für Pflegefachpersonen aufmerksam und zeigt auf, welche Lehren unmittelbar aus der Corona-Pandemie gezogen werden müssen.
Politik muss jetzt handeln
Denn die Krise verdeutliche lediglich die eklatanten Missstände, die bereits vor Corona herrschten: chronische Überlastung, anhaltend schlechte Arbeits- und Rahmenbedingungen sowie das mangelnde politische Mitspracherecht der Pflegefachpersonen.
BPK-Präsidiumsmitglied Markus Mai betonte am Mittwoch:
"Die Verbesserung der Pflege duldet keinen Aufschub und darf nicht unter Haushaltsvorbehalt gestellt werden."
Auch BPK-Präsidiumsmitglied Nadya Klarmann verdeutlichte:
"Ohne gute Pflege können Wirtschaft und Gesellschaft nicht funktionieren. Gelingt es nicht innerhalb kürzester Zeit, die Weichen für mehr Personal zu stellen, werden wir innerhalb weniger Jahre mit katastrophalen Versorgungsengpässen konfrontiert sein."
Zum heutigen Tag der Pflegenden legt die @BundesPfleKa auch ihre Forderungen an die Politik vor: mehr Personal, mehr politische Mitsprache, gerechtere Bezahlung, bessere Ausbildung!
— Bundespflegekammer (@BundesPfleKa) May 12, 2021
➡️Alle Forderungen können Sie hier nachlesen: https://t.co/ZSbdNFCnzt pic.twitter.com/Y7xtrIIRt4
Die BPK fordert deshalb:
Personalausstattung verbessern
- In allen Ausbaustufen verbindliche und bundeseinheitliche Einführung des Personalbemessungsverfahrens in Pflegeheimen, wobei im Rahmen der Erprobung zukunftsweisende Versorgungskonzepte berücksichtigt und das Verhältnis von Fach- zu Assistenzkräften kritisch überprüft werden müssen.
- Die PPR 2.0 als vorläufige Personalbemessungsgrundlage im Krankenhaus umgehend umsetzen und parallel ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren entwickeln.
- Die bislang landesrechtlich geregelten Pflegehelferausbildungen bundeseinheitlich ausgestalten (Dauer: 2 Jahre) und eine Qualifizierungsoffensive starten, um den notwendigen Bedarf zu decken.
- Die Ausbildungszahlen erhöhen und Studienplätze für Pflege in der Erstausbildung sowie postgraduiert zur Spezialisierung deutlich ausbauen.
- Etablierung und Refinanzierung von umfassenden Integrationsprogrammen für ausländische Pflegefachpersonen.
- Digitalisierung in der Pflege vorantreiben, um die Pflegenden zu entlasten.
- Aufbau einer Pflegereserve für den Pandemie- und Katastrophenfall gemeinsam mit den Pflegekammern.
Mehr Mitsprache
- Vertreter des Pflegerufs mit Stimmrecht im Gemeinsamen Bundesausschuss und beim Gemeinsamen Qualitätsausschuss beteiligen.
- Beteiligungsrechte der Pflegeberufe in allen Gremien, die die Pflege betreffende Entscheidungen fällen (z. B. Corona-Krisenstäbe).
- In der Bundesregierung die Stelle einer Chief Government Nurse schaffen.
- Bereitstellung einer Anschubfinanzierung für die Bundespflegekammer durch den Bundesgesetzgeber.
Neuverteilung der Aufgaben im Gesundheitswesen
- Mehr Entscheidungsbefugnisse für Pflegefachpersonen z. B. bei der Gestaltung der Pflege und der Verordnung von Leistungen.
- Beseitigung der rechtlichen Barrieren und flächendeckende Umsetzung von Modellprojekten zur Heilkundeübertragung an Pflegefachpersonen.
- Fortsetzung des Strategieprozesses mit dem Ziel, eine Roadmap für die Einführung des Community Health Nursing, Schulgesundheitspflege bzw. Advanced Practice Nursing in Deutschland zu erarbeiten.
Angemessene Bezahlung
- Gehälter in der Langzeitpflege und Rehabilitation schnell an die der Krankenhauspflege angleichen.
- Einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag in der Langzeitpflege abschließen, der sich am Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst oder den Arbeitsvertragsrichtlinien der konfessionellen Krankenhausträger orientiert.
- Das Lohnniveau für alle Pflegefachpersonen schrittweise auf ein Einstiegsgehalt von 4.000 Euro brutto anheben.
- Einführung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich.
- Bessere Absicherung von Pflegefachpersonen bei Erwerbsunfähigkeit.
Pflege gerecht finanzieren
- Die Finanzierung in der Pflegeversicherung solidarisch regeln, also die Eigenanteile sozial gerecht deckeln und die Mehrkosten solidarisch über höhere Beiträge und Steuermittel finanzieren.
- Nachhaltig und legislaturperiodenübergreifend ein Pflegebudget im Krankenhaus sicherstellen, das nach oben nicht begrenzt ist.
- Ablehnung der Weiterführung des DRG-Systems in der heutigen Form. Vorhaltekosten im Sinne einer Basisversorgung und Reservekapazitäten in Krisenzeiten pauschal finanzieren.
- Die Investitionsfinanzierung in Krankenhäusern und stationärer Pflege im Sinne der Vorhaltung vonseiten des Staats sichern.