Seit den Jahren 2003/2005 gibt es für Pflegende in Deutschland die Möglichkeit, sich im Bereich „Schmerzmanagement in der Pflege" als Algesiologische Fachassistenz (AF) oder Pain Nurse (PN) weiterzubilden. Die Chancen in den verschiedenen Krankenhäusern, auf eine professionelle Einheit aus Arzt und Pflegekraft bei der individuellen Versorgung von Schmerzpatienten im Akutbereich/Akutschmerzdienst oder bei chronischen Erkrankungen zu treffen, sind dadurch erfreulicherweise deutlich angestiegen.
Akute Schmerzen stellen eine biologische Warnfunktion zum Schutz unseres Körpers dar und weisen auf Krankheiten oder Verletzungen hin, die mit einer Gewebsschädigung einhergehen. Die Fachpflegekraft (AF/PN) sorgt bei der Versorgung von Patienten mit akuten Schmerzen, zum Beispiel in Form von Bauchschmerzen, Knochenbrüchen, Prellungen, Entzündungen, Verbrennungen, Zahnschmerzen, aber auch bei postoperativen Schmerzen für ein optimales Schmerzmanagement. Sie agiert als Bindeglied zwischen dem Arzt und dem Patienten und gibt gezielte Informationen über die Schmerzart, -qualität, -stärke und Ursache weiter, um zeitnah zu einer Schmerzreduzierung beitragen zu können.
Die Fachpflegekräfte (AF/PN) in dem Bereich der Akutschmerzversorgung wünschen sich deutschlandweit bislang häufig vergebens, dass ihre Bemühungen, Strukturen und Abläufe in die Versorgung von Schmerzpatienten zu bringen, stärkere Beachtung und Unterstützung in allen Ebenen finden, um eine qualitativ hochwertige Versorgung von Schmerzpatienten weiter verbessern und vorantreiben zu können.
Einsatzmöglichkeiten für Fachpflegekräfte (AF/PN) im Krankenhaus
Fachpflegekräfte mit einer Zusatzbezeichnung im Bereich „Schmerzmanagement" werden in den Krankenhäusern in verschiedenen Bereichen eingesetzt:
- Akutversorgung
- Anästhesieabteilung
- Akutschmerzdienst
- Multimodale Schmerztherapie
Häufig bekleiden die Pflegekräfte allerdings mehrere Positionen und die Tätigkeit als AF/PN in der Akutschmerzversorgung muss oftmals zusätzlich, zwischen „Tür und Angel" durchgeführt werden. In vielen Krankenhäusern wird noch nicht die Notwendigkeit gesehen, Planstellen im Bereich „Schmerzmanagement" zu schaffen, um eine optimale Versorgung von Patienten mit akuten Schmerzen zu gewährleisten.
Der Chronischer Schmerz – eine annehmbare Herausforderung für die Pflege
Durch die Schaffung der OPS Ziffer 8-918 multimodale Schmerztherapie hat zumindest in den letzten Jahren ein Umdenken bei der Versorgung von chronischen Schmerzpatienten in der Krankenhauslandschaft stattgefunden. Speziell ausgebildete Fachpflegekräfte (AF/PN) werden zunehmend und ausschließlich in diesem Bereich eingesetzt.
Bei der Versorgung von Patienten mit chronischen Schmerzen, die länger als drei bis sechs Monate bestehen, ist jegliche Funktion des Schmerzes verloren gegangen und es besteht eine enorme emotionale, psychische, ökonomische und soziale Belastung, welche weitreichende Auswirkungen haben (Bio-Psycho-Soziales Modell).
Der chronische Schmerz stellt ein ganz eigenes Krankheitsbild dar, das dementsprechend eines individuellen und ganzheitlichen Therapieansatzes bedarf. Zunehmend entstehen deshalb für die Menschen mit chronischen Schmerzen schmerztherapeutische Einrichtungen, in denen interdisziplinär und mit einem multimodalen Konzept gearbeitet wird. Das vorrangige Ziel der Therapie besteht darin, dass die negativen, emotionalen Verhaltensänderungen in Bezug auf Schmerzen aus dem zentralen Denken herausgerückt werden und wieder Platz für das Alltägliche geschaffen wird.
Um dieses Ziel zu erreichen, ist der Einsatz von Fachpflegekräften (AF/PN) in der stationären multimodalen Schmerztherapie von enormer Bedeutung. Das Interesse der Pflegekräfte, sich auf eine ganzheitliche, jedoch nicht immer ganz einfache Versorgung von chronischen Schmerzpatienten einzulassen, nimmt erfreu-licherweise stetig zu.
Wer den Schmerz zum Gegner hat, braucht eine starke Gemeinschaft
In einem multimodalen Behandlungskonzept sind neben Ärzten/innen und der pflegerischen Fachkraft (AF/PN) viele weitere Therapeuten in die umfassende multimodale Schmerztherapie einbezogen. Sie betrachten aus verschiedenen Blickwinkeln die schmerzauslösenden beziehungsweise schmerzverstärkenden Ursachen jedes einzelnen Patienten und können daraufhin die aus Ihrer Sicht sinnvollen, schmerzreduzierenden Therapiemaßnahmen im Team diskutieren und Behandlungsoptionen aufzeigen.
Folgende Therapeuten sind an einem multimodalen Schmerztherapiekonzept beteiligt:
- Arzt / Ärztin mit der Zusatzbezeichnung „spezielle Schmerztherapie"
- Pflegekraft mit der Zusatzbezeichnung „Algesiologische Fachassistenz" oder „Pain Nurse"
- Diplom Psychologe / Diplom Psychologin mit der Zusatzbezeichnung „Psychologischer Psychotherapeut/in" / „Schmerzpsychotherapeut/in"
- Physiotherapeut/in mit der Zusatzbezeichnung „Schmerzphysiotherapeut/in"
- Ergotherapeut/in
- Sporttherapeut/in
- Kreativtherapeuten, zum Beispiel Musik, Kunst, Tanz, Traditionelle chinesische Therapien, Feldenkrais, Yoga, tiergestützte Therapie (optional)
Nur durch das Zusammenspiel dieser vielen verschiedenen Therapiemöglichkeiten erhält der Patient die Chance, Bewältigungsstrategien im Umgang mit chronischen Schmerzen zu entwickeln und sich durch viele kleine Schritte in Richtung „schmerzarmes" Leben mit erhöhtem Wohlfühlcharakter und zurückgewonnener Lebensqualität zu bewegen.
Stellenwert der Pflege in Deutschland auf Tiefstand
Da der Wert und die Unabdingbarkeit der professionellen Pflege in Deutschland bei den Politikern und Politikerinnen noch nicht präsent ist, wie der Präsident des Deutschen Pflegerats, Andreas Westerfellhaus, im Vorfeld des Pflegekongresses 2013 in Berlin feststellte und Deutschland damit beim Stellenwert der Pflege das Schlusslicht in Europa ist, kämpfen auch die Pflegekräfte nach einer erfolgreichen Qualifizierung zur Fachpflegekraft (AF/PN) für mehr Rechte und um mehr Akzeptanz und Anerkennung im Rahmen eines stationären Settings / Gesundheitswesen.
Die Fachpflegekraft erhält in der stationären, multimodalen Schmerztherapie aufgrund ihres vielfältigen Aufgabengebietes einen hohen Stellenwert, der häufig jedoch über das Team und die Patienten hinaus nicht genügend Beachtung und Unterstützung erfährt. Der AF/PN wird bei dieser Therapieform eine spezielle Rolle zuteil, da sie mit den Patienten während der stationären Therapie eine sehr enge Bindung eingeht, sich die Zeit nimmt, die der Patient benötigt, um sich zu öffnen und dadurch zum Mittelpunkt für die Patienten, aber auch für alle Therapeuten „rund um die Uhr" als erster Ansprechpartner/in und häufig als Vertraute/r zur Verfügung steht. Aufgrund einer täglichen Übersicht der Fachpflegekraft hinsichtlich der Einhaltung der OPS Ziffer 8-918 und durch eine ständige Anpassung des multimodalen Behandlungskonzeptes, ist die Unterstützung der Ärzte/innen und der anderen o.g. Therapeuten/innen für die Durchführung und Abrechnung einer hochwertigen, interdisziplinären, multimodalen Schmerztherapie gegeben.