Am Städtischen Klinikum Braunschweig kümmert sich eine „Employee Happiness Managerin“ um Belange der Mitarbeitenden und entlastet sie im Privaten.
Oskar ist drei Jahre alt. Seine Eltern Lea und Christof Janocha arbeiten beide im Städtischen Klinikum Braunschweig als Pflegefachpersonen: er in der Onkologie, sie in der Blutspende. Zwischen Schichtarbeit und Weiterbildungen jongliert das junge Paar sein Familienleben. Dringend muss ein Kitaplatz für den kleinen Oskar her. Die Wartelisten sind in vielen Einrichtungen lang, eine Zusage bleibt aus. Lea Janocha sieht nur noch den Ausweg, sich von ihrer Arbeit freistellen zu lassen, um sich um den Dreijährigen zu kümmern.
Anfangs sind nicht alle überzeugt
Hier kommt Constanze Jäger ins Spiel. Als erste Einrichtung im Gesundheitswesen hat das Städtische Klinikum Braunschweig eine „Employee Happiness Managerin“ initiiert – also eine Mitarbeiterin, die sich um die Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten bemüht. Seit rund eineinhalb Jahren hilft die 42-Jährige bei der Suche nach einer Wohnung oder einem Kita- und Schulplatz. Daneben plant sie Feste und Events, vermittelt Sprachkurse oder organisiert Förderbedarfe.
Also bittet Lea Janocha Constanze Jäger um Hilfe – doch Zweifel bleiben. Denn nicht jeder im Klinikum Braunschweig ist anfangs überzeugt vom Employee Happiness Management. Kann Jäger wirklich helfen? Haben wir nicht genug andere Probleme, zum Beispiel den Personalmangel? Warum stellen wir nicht stattdessen neue Pflegende ein? Viel Kritik und Gemunkel gehen durchs Haus. „Auch wir waren sehr kritisch, haben uns gefragt: Wofür brauchen wir das in der Klinik?“, erinnert sich Lea Janocha.
Auf die Frage, warum sich ein Krankenhaus eigentlich eine Employee Happiness Managerin leistet, entgegnet Kliniksprecherin Thu Trang Tran, die das Pilotprojekt initiiert hat: „Warum nicht? In einer Zeit, wo sich der Arbeitsmarkt komplett gewandelt hat, können nur jene Unternehmen bestehen, die auch bereit sind, neue Wege zu gehen.“ Zumal die Situation von Familie Janocha kein neues Phänomen ist. Im Gesundheitswesen arbeiten in einigen Berufen sehr viele Frauen – viele in Teilzeit. Care-Arbeit liegt unabhängig von der Gleichstellung zwischen Mann und Frau meist dennoch im Bereich der Frau. „Hier anzusetzen, entspricht nicht nur dem modernen Zeitgeist, sondern ist auch für die Zukunft von besonderer Relevanz“, sagt die Kliniksprecherin. „Eine Assistenzärztin, die ihre Stunden nicht aufstocken kann, weil sie keine Kinderbetreuung erhält, ist nicht nur ein Thema für die Familie, sondern auch für einen Arbeitgeber.“ Denn zufriedene und motivierte Mitarbeitende sind die Basis für eine gute Patientenversorgung. „Mit der Entlastung durch das Employee Happiness Management haben die Mitarbeitenden den Kopf während der Arbeit frei, um sich um die Patienten bestens zu kümmern“, sagt Andreas Goepfert, Geschäftsführer des Klinikums Braunschweig.
„Wir bekommen das hin“
Als die E-Mail von Lea Janocha bei Jäger ankommt, meldet diese sich sofort zurück, sagt: „Wir bekommen das hin.“ Ein Versprechen, das sie hält. Innerhalb weniger Tage organisiert sie einen Kitaplatz für den kleinen Oskar direkt um die Ecke des Klinikums. Lea Janocha atmet auf. Sie kann im Klinikum weiterarbeiten, bleibt dem Haus erhalten. Angesichts des Fachkräftemangels ist die Freude beiderseits groß.
Der Buschfunk auf den Fluren hat sich gewandelt. Viele Skeptiker sind inzwischen überzeugt, das Projekt kommt an. Jäger macht einen Job, der überrascht – sowohl die Außenwelt als auch sie selbst. Die Braunschweigerin lebt heute in einem 1.500-Seelen-Dorf, ist ursprünglich Erzieherin, Mediatorin, Supervisorin und Trainerin für gewaltfreie Kommunikation. Im Städtischen Klinikum Braunschweig arbeitete sie seit August 2019 in der Kita. Als das Haus im November 2021 plötzlich nach einer Employee Happiness Managerin sucht, weiß sie: „Das ist meine Stelle.“
E-Mails checken und telefonieren, planen und organisieren. Täglich kommen im Schnitt fünf bis sieben Anfragen bei ihr an – und das über die unterschiedlichsten Kanäle. „Ich kann die Finger nicht vom Handy lassen, versuche immer sofort ins Doing zu gehen – aber ich muss auch selektieren, wenn viele Aufgaben auf einmal parallel abzuarbeiten sind. Ich bin viel im Haus unterwegs und mit den Kollegen in Kontakt“, berichtet sie.
Nicht alle Probleme kann sie direkt lösen, nicht immer einfach den Zauberstab schwingen. Manche Aufgaben – beispielsweise in der Behördenbegleitung – können sich über Monate ziehen. „Meine Aufgaben sind jeder Couleur“, sagt die „gute Seele des Hauses“, wie sie häufig genannt wird. Darunter fallen die barrierefreie Hochzeitslocation, die dringend gesuchte 4-Zimmer-Wohnung oder der Kurzzeitpflegeplatz für den Vater. Sie vermittelt Rechtsanwälte und Reinigungshilfen oder besorgt Blumenstrauß und Geschenk. „Für mich ist das der beste Job der Welt“, sagt Jäger. „Ich plane etwas und habe ein zu 99 Prozent positives Endergebnis.“
Inzwischen sind einige Kooperationen mit sozialen Einrichtungen und Unternehmen Braunschweigs entstanden. Auf zwei Jahre ist das Pilotprojekt befristet, bis Herbst 2023 soll es noch laufen. Danach folgt die Evaluation. Jäger wünscht sich, dass das Employee Happiness Management bleibt und vielleicht sogar ausgeweitet wird.