• 07.03.2018
  • Management
Serie Rechtsfragen

Tätliche Übergriffe: Welche Rechte haben Pflegende?

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 2/2018

Seite 79

Frage: Ich arbeite im gerontopsychiatrischen Bereich. Oftmals kommt es zu tätlichen Angriffen auf das Pflegepersonal – dass Patienten schlagen, kratzen und beißen, ist keine Seltenheit. Ist so etwas als Körperverletzung zu werten? In welchen Fällen steht einem als Pflegeperson Schmerzensgeld zu?

Leider müssen sich Pflegekräfte nicht nur mit verbalen Gewaltattacken, sondern auch mit tätlichen Angriffen von Patienten, Angehörigen und sonstigen Besuchern auseinandersetzen. Hier bleibt nichts anderes übrig, als sich in Deeskalationsstrategien zu schulen. Professionelles Handeln in der Pflege verlangt auch ein angemessenes Reagieren auf Gewalttätigkeiten.

Allerdings gibt es immer häufiger Fälle von körperlichen Übergriffen mit zum Teil schweren Verletzungen und bleibenden körperlichen und/oder seelischen Schäden.

Wer zuschlägt, tut das in der Regel vorsätzlich und macht sich wegen vorsätzlicher Körperverletzung nach § 223 Strafgesetzbuch strafbar. Allerdings wird die Straftat nur verfolgt, wenn der Verletzte dies beantragt. Erfolgt die Körperverletzung mit einem Gegenstand wie einem Stuhl, liegt eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 Strafgesetzbuch vor. Diese wird automatisch verfolgt. Bei dem Gegenstand muss es sich um ein gefährliches Werkzeug handeln. Unter diesem Begriff sind alle Gegenstände zu verstehen, mit denen erhebliche körperliche Verletzungen hervorgerufen werden können. Hierfür kommt beinahe jeder Gegenstand infrage.

Überdies ergeben sich Schadensersatzansprüche der verletzten Pflegekraft gegen den Gewalttäter. Zu den Schadensersatzansprüchen gehört auch Schmerzensgeld.

Sowohl die Straftat als auch die Haftung wegen der Körperverletzung setzen jedoch voraus, dass der Täter schuldfähig ist, also in der Lage ist, das Unrecht seines Tuns einzusehen. Bei gerontopsychiatrischen Patienten ist das in der Regel nicht gegeben. Solche Patienten machen sich also weder strafbar noch haften sie. Schadensersatzansprüche können dann nicht geltend gemacht werden. In diesen Fällen springt bei Personenschäden, die während der beruflichen Tätigkeit geschehen, die gesetzliche Unfallversicherung ein. Neben Heilbehandlungskosten und Verletztengeld bis zur 26. Woche wird nach § 56 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) unter bestimmten Voraussetzungen eine Erwerbsunfähigkeitsrente gewährt.

Daraus ergibt sich, dass Gewalttätigkeiten, die keine schwerwiegenden Verletzungen zur Folge haben, von der geschädigten Pflegekraft hingenommen werden müssen. Gerontopsychiatrische Arbeit ist somit mit recht unangenehmen Arbeitsbedingungen verbunden. Nicht umsonst gibt es eine gerontopsychiatrische Weiterbildung, in der derartige Problemfelder behandelt werden.

Ganz entscheidend ist ein modernes Risikomanagement, um mit diesen Gewalttätigkeiten professionell umzugehen. Darauf haben Mitarbeiter gegen den Arbeitgeber auch einen Rechtsanspruch: In Arbeitsplatzanalysen nach § 5 Arbeitsschutzgesetz müssen das Problem gewalttätiger Patienten, insbesondere in der Gerontopsychiatrie, und damit verbundene Schutzmaßnahmen für die Mitarbeiter geprüft werden. Ergebnis sollte die Entwicklung eines Standards sein, der innerbetrieblich umgesetzt werden muss, um die Mitarbeiter so gut wie möglich zu schützen.

Haben Sie Fragen? Möchten Sie, dass Prof. Böhme Ihnen an dieser Stelle antwortet? Dann schreiben Sie an: info@boehme-igrp.de. Bitte haben Sie Verständnis, dass nicht alle Fragen beantwortet werden können und keine Einzelberatungen möglich sind.

Prof. Hans Böhme ist Jurist und Soziologe und als Honorarprofessor an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena tätig und beantwortet Ihre Fragen rund um Ihren Job.

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