Immer wieder kommt es im Arbeitsalltag vor, dass Krankenpflegeschüler mit dem Transport von Patienten beauftragt werden. Dürfen Schüler prämedizierte Patienten in den OP transportieren? Wer haftet, wenn es zu Zwischenfällen kommt?
Bei der Beantwortung der vorliegenden Anfrage sind zwei Bereiche zu berücksichtigen:
- ausbildungsrechtliche Fragestellungen und
- haftungsrechtliche Fragestellungen.
Da der Transport von Patienten eventuell ärztliche oder pflegerische Kompetenz erfordert, gehört dieses Thema in den Ausbildungsplan von Gesundheits- und Krankenpflegeschülern. Schüler mit ständigen Patiententransporten zu beauftragen, ist mit dem Krankenpflegegesetz nicht vereinbar.
In der Praxis lässt sich das allerdings nicht immer so einfach umsetzen. Hier wird bei einem Patiententransport in kritischen Fällen eher ein Schüler beauftragt anstatt einer Hilfskraft. Dabei kommt es natürlich auf den Ausbildungsstand an. Je näher das Examen rückt, umso eher kann der Schüler auch mit kritischen Fällen beauftragt werden. Wichtig ist in dem Zusammenhang, dass der Schüler einen Praxisanleiter hat, also einen Ansprechpartner, der während dieser Situation jederzeit erreichbar sein muss, zum Beispiel per Handy.
Haftungsrechtlich gesehen geht es um drei Gesichtspunkte:
- Zustand des Patienten,
- Art und Zeitpunkt der Prämedikation und
- materielle Qualifikation des Transporteurs.
Bei therapeutischen und pflegerischen Entscheidungen ist immer der Zustand des Patienten zu berücksichtigen. Wird ein prämedizierter Patient transportiert, ist heute eine andere Ausgangslage gegeben als etwa vor zwanzig Jahren. Damals wurden Medikamente intramuskulär oder gar intravenös gegeben. Heute gibt es neue Medikamente und diese werden oral verabreicht. Durch den vollständigen Verzicht auf Opiate im Rahmen der Prämedikation ist diese sehr viel sicherer und damit gefahrloser für den Patienten geworden.
Ohne an dieser Stelle auf die therapeutische Sinnhaftigkeit näher eingehen zu wollen, darf festgestellt werden, dass die orale Prämedikation meistens bei Abruf des Patienten in den OP erfolgt. Bevor das Medikament überhaupt annähernd seine Wirkung entfalten kann, liegt der Patient in der Regel bereits in der Anästhesievorbereitung.
Es ist Aufgabe der Pflegefachkraft, den Zustand des Patienten im Rahmen der Krankenbeobachtung einzuschätzen und dann zu entscheiden, ob ein Schüler den Patienten transportieren kann.
Die anordnende Pflegefachkraft entscheidet also, ob der Schüler für diese konkrete Aufgabe geeignet ist. Dabei muss sie das Gefährdungspotenzial für den Patienten berücksichtigen. Ferner muss der Krankenhausträger im Rahmen seiner Organisationsverantwortung sicherstellen, dass Schüler zum Patiententransport entsprechend unterwiesen werden.
Kommt es dennoch zu einem Zwischenfall, haftet der Schüler nur dann, wenn er beim Transport einen Fehler macht, zum Beispiel wenn er den Patienten auf der Liege alleine lässt. Ansonsten haftet die anordnende Pflegefachkraft im Rahmen ihrer Anordnungsverantwortung, wenn sie Sachverhalte falsch einschätzt oder unklare Anordnungen gibt. Der Krankenhausträger haftet im Rahmen der Organisationsverantwortung auch für das Eintreten voll beherrschbarer Risiken, beispielsweise wenn ein Patient von der Liege stürzt.
Haben Sie Fragen? Möchten Sie, dass Prof. Böhme Ihnen an dieser Stelle antwortet? Dann schreiben Sie an: info@boehme-igrp.de. Bitte haben Sie Verständnis, dass nicht alle Fragen beantwortet werden können und keine Einzelberatungen möglich sind.