Mittlerweile liegen zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen vor, die die Wirksamkeit basal stimulierender Pflege stützen. Das Konzept als Ganzes ist in seiner Anwendung jedoch nicht nachgewiesen. Aus wissenschaftlicher Sicht gleicht dies auch einer Herkulesaufgabe.
Heute liegen umfangreiche Praxiserfahrungen zur Anwendung basal stimulierender Pflege vor. Der Fokus lag bislang hauptsächlich auf Patienten mit Demenz, Frühgeborene, Patienten auf Intensivstationen und neurologische Patienten. Mit der gezielten Förderung der Wahrnehmung der Betroffenen haben viele Kollegen gute Ergebnisse erzielen können. Doch immer mehr Pflegende fragen danach, ob die Wirksamkeit basal stimulierender Pflege durch Forschungsergebnisse belegt sei.
Forschungstechnisch problematisch
Basale Stimulation in der Pflege ist vielgestaltig und komplex. Deswegen ist es außerordentlich schwer, die Wirksamkeit des Gesamtkonzepts wissenschaftlich zu begründen. Hierfür müsste erst eine neue Forschungsmethode entwickelt werden.
Hinzu kommt, dass Basale Stimulation in der Pflege von Menschen an Menschen angewendet wird. Das Ergebnis einer basal stimulierenden Pflegehandlung ist schwierig zu untersuchen, weil nie klar ist, ob der Mensch gewirkt hat oder das Konzept. Diese Problematik betrifft nicht nur die Basale Stimulation, sondern alle komplexen Konzepte, die sich aus unterschiedlichen Teilaspekten zusammensetzen und zudem auf menschliche Zuwendung abzielen.
Darüber hinaus ist es ein grundsätzliches Problem, dass die Pflegewissenschaft der Pflegepraxis deutlich hinterherhinkt. Weltweit gibt es große Defizite, die Wirksamkeit pflegerischer Interventionen wissenschaftlich zu begründen. Die Pflege verfügt gerade einmal über 0,5 Prozent evidenzbasierten Wissens. Zum Vergleich: In der Medizin sind es 15 bis 20 Prozent.
Forschungsergebnisse stützen das Konzept
Nichtsdestotrotz: In den vergangenen 20 Jahren sind viele wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt worden, die das Konzept der Basalen Stimulation in der Pflege stützen.
Zunächst ist festzuhalten, dass zahlreiche Studien aus anderen Wissenschaftsdisziplinen das Konzept der Basalen Stimulation untermauern. Hierzu gehören unter anderem Forschungen aus der Anästhesie – etwa zum Erleben von Menschen während der Narkose – und aus der Neonatalogie, beispielsweise zum Zusammenhang zwischen Gewichtszunahme und Berührung bei Frühgeborenen.
Zudem liegen zahlreiche Studienergebnisse vor, die in einem direkten Zusammenhang mit der Basalen Stimulation stehen und aus der pflegerischen Perspektive untersucht wurden. So untersuchten etwa Heimerl et al. (2010) Interventionsmethoden zur personenzentrierten Kommunikation mit demenzkranken Menschen. Dabei verglichen sie die Methoden der Basalen Stimulation und der Validation nach Naomi Feil. An der Studie nahmen zwei Pflegeheime teil; das eine arbeitete bevorzugt mit dem einen Konzept, das zweite mit dem anderen. Das Ergebnis: Die Wirkung beider Konzepte lassen sich beschreiben. Sie sind förderlich für eine individuelle Kommunikation mit der Bewohnerklientel.
Basale Stimulation in der Pflege ist ein Konzept, das eine wertschätzende Haltung der Pflegeperson gegenüber des zu pflegenden Menschen voraussetzt. Kitwood (2008) konnte in seinen Arbeiten herausstellen, dass ein solcher Person-zentrierter Ansatz bei Menschen mit Demenz erfolgversprechend ist und dass die Haltung der Pflegenden maßgeblich darüber entscheidet, ob es zwischen beiden Seiten zu einer echten Begegnung kommt.
Schürenberg (2006) nahm die Bedeutung von Berührung in elementaren Pflegehandlungen in den Blick. Er stellte heraus, dass Berührung neben der verbalen Sprache das wichtigste Element innerhalb der pflegenden Interaktionen darstellt.
Dass Atemstimulierende Einreibungen (ASE) – eine pflegerische Intervention, die aus der Basalen Stimulation stammt – von Pflegeheimbewohnern als wohltuend wahrgenommen werden, konnte Schiff (2006) in einer Studie zur Förderung des Schlafes durch ASE nachweisen. Es zeigte sich, dass Berührungen als Abendritual von den älteren Menschen sehr geschätzt wurden.
Bienstein und Hannich (2001) konnten einen direkten Nachweis erbringen, dass die Förderung und Unterstützung der Haltung, Begegnung und Lebensgestaltung einen direkten Einfluss auf die Qualität der pflegerischen Versorgung schwerst beeinträchtigter Menschen hat.
Es bleibt ein Defizit
Im Bereich der Forschung hat sich in Bezug auf Basale Stimulation in der Pflege viel getan. Viele Forschungen unterfüttern das Konzept. Dennoch bleibt es ein Defizit, dass die Basale Stimulation in der Pflege als Ganzes in seiner Wirksamkeit noch nicht umfassend untersucht werden konnte. Dies ist vor allem der immer noch fehlenden Untersuchungsmethode geschuldet.
So bleibt es eine wichtige Herausforderung für die Zukunft, in der Praxis weiterhin Erfahrungen mit basal stimulierender Pflege zu sammeln und im Dialog zu bleiben. Eins ist sicher: Basale Stimulation wird ein interessanter Forschungsgegenstand für die Pflegewissenschaft bleiben. Auf die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen darf man gespannt sein.
Hinweis: Die hier vorgestellten Studien sind ein kleiner Auszug aus einer ganzen Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen, die die Basale Stimulation in der Pflege direkt oder indirekt stützen. Tiefergehende Ausführungen sind in dem Kapitel „Basale Stimulation in der Pflege und Forschungsergebnisse“ aus dem Buch „Basale Stimulation in der Pflege – Die Grundlagen“ von Christel Bienstein und Andreas Fröhlich nachzulesen, das 2016 in der 8. Auflage im Hogrefe-Verlag erschienen ist.
Heimerl, K et al. (2010): Forschungsprojekt Validation und Basale Stimulation. Voraussetzungen und Wirkweisen von zwei Methoden zur personenzentrierten Kommunikation mit Menschen mit Demenz. Abschlussbericht. Universität Klagenfurt, Klagenfurt
Kitwood, T. (2008): Weiterentwicklung des Konzepts von Kitwood. In: Brooker, D.: Person-zentriert pflegen – Das VIPS-Modell zur Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz
Schürenberg, A. (2006): Beobachtungen von Berührungen innerhalb elementarer Pflegehandlungen, Witten 2006, unveröffentlichte Masterarbeit
Schiff, A. (2006): Schlafförderung durch Atemstimulierende Einreibung bei älteren Menschen. Bern
Bienstein, Ch.; Hannich, H.-J. (2001): Forschungsprojekt zur Entwicklung, Implementierung und Evaluation von Förderungs- und Lebensgestaltungskonzepten für Wachkomapatienten und Langzeitpatienten im stationären und ambulanten Bereich, anhand von zu entwickelnden Qualitätskriterien, Dorsten
Prof. Christel Bienstein ist Entwicklerin der Basalen Stimulation in der Pflege. Sie ist Leiterin des Departments für Pflegewissenschaft an der Universität Witten/Herdecke.