• 16.01.2017
  • Praxis
Porträts

"Die Arbeit macht viel Spaß"

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 8/2016

Immer mehr Pflegende aus dem Ausland bewerben sich in deutschen Kliniken und Pflegeeinrichtungen. Die Anforderungen an die Neuankömmlinge sind hoch – aber auch die Freude an der neuen Aufgabe.

„Es war die richtige Entscheidung“

Ihre Familie ist zunächst nicht erfreut, als sie hört, dass sie nach Deutschland gehen möchte. Lia K. ist Mitte zwanzig und hat gerade ihren Bachelor-Abschluss in Gesundheits- und Pflegewissenschaften gemacht, als sie beschließt, ein Stellenangebot der Universitätsklinik in Bonn anzunehmen. „In Griechenland ist es sehr schwer einen Job zu finden“, sagt sie. „Ich wollte auch noch einen Master-Abschluss machen – in Deutschland konnte ich beides kombinieren.“

So beginnt sie im Januar 2013 im OP der Frauenklinik und arbeitet dort zunächst als Operationstechnische Assistentin (OTA). Der Anfang ist schwer, sie hat noch keine Berufserfahrung und hat in Griechenland nur einen 2-Wochen-Intensivkurs in Deutsch absolviert. „Geholfen haben mir vor allem meine lieben und netten Kollegen, die mir bei allen Fragen mit Rat und Tat zur Seite standen“, erzählt sie. „Ich habe immer gesagt: Deutsch habe ich eigentlich im OP gelernt.“

Mittlerweile lebt sie seit mehr drei Jahren in Bonn und fühlt sich „als fester Bestandteil einer großen Familie am UKB“. Neben der Arbeit im OP beginnt sie einen Masterstudiengang in Klinischer Medizintechnik an der Universität Bonn. Anfang dieses Jahres wird sie gefragt, ob sie die kommissarische Leitung und OP-Koordinatorin des OPs übernehmen möchte. Sie traut sich und sagt ja. 

Etwa alle zwei Monate nimmt sie ein verlängertes Wochenende und fliegt in die Heimat, um ihre Familie in Thessaloniki zu besuchen. „Meine Eltern sind jetzt zufrieden mit der Situation, weil sie sehen, dass ich mich in Deutschland wohlfühle.“ Sie selbst ist froh, dass sie diesen Schritt gegangen ist. „Die Familie fehlt immer, aber ich glaube, ich habe die richtige Entscheidung getroffen. Ich bin ein gutes Beispiel dafür, dass man in Deutschland sehr gute Arbeitschancen hat und es Raum für berufliche und persönliche Entwicklung gibt.“

„Am Anfang war einfach alles neu“

Als Magda C. sich auf eine Stellenanzeige der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) bewirbt, liegt ihre Ausbildung schon ein paar Jahre zurück. Sie hat zunächst in einer Ambulanz in Georgien gearbeitet und später dann in einer Zahnarztklinik. Jedoch ist der Aufgabenbereich einer Krankenschwester in ihrer Heimat ganz anders als in Deutschland. „Die eigentlich Pflege erfolgt überwiegend über die Angehörigen“, erzählt sie. „Die Krankenschwestern arbeiten dafür enger mit den Ärzten zusammen, die Struktur ist also eine ganz andere.“

Seit April 2015 ist sie im Deutschen Herzzentrum München (DHM) auf einer kardiologischen Pflegestation beschäftigt. „Wir haben viele Patienten, die zum Herzkatheter kommen, aber auch Patienten mit Herzrhythmusstörungen und Klappen-OPs“, erzählt sie. Die neue Arbeit macht ihr viel Spaß, auch wenn das frühe Aufstehen, die ungewohnten Tätigkeiten und die fremde Sprache zunächst „sehr gewöhnungsbedürftig“ sind. „Am Anfang war einfach alles neu, das war nicht einfach.“

In den ersten Monaten wird Magda C. von Praxisanleitern angelernt und auch die Kollegen stehen ihr zur Seite. „Hier sind viele aus dem Ausland, das ist ganz normal“, sagt sie. Mittlerweile kann sie selbstständig arbeiten und auch ihre Sprachkenntnisse sind sehr gut. Die B2-Prüfung hat sie bestanden und steht nun kurz vor ihrer Anerkennungsprüfung. Darauf arbeitet sie einmal pro Woche einen Tag lang an der Akademie des Städtischen Klinikums München hin – zusammen mit vielen anderen Anerkennungskandidaten. 

Magda C. lebt ganz in der Nähe des Klinikums in einem Wohnheim-Appartement. Dort hat sie auch neue Freunde kennengelernt, nicht nur aus Georgien, sondern auch aus Griechenland und Ungarn. „Das ist auch für die Sprache besser“, sagt sie schmunzelnd, „weil wir uns auf Deutsch unterhalten müssen.“

„Zum Glück gibt es WhatsApp“

Alles beginnt im August 2014, als Manana S. eine Stellenanzeige auf Facebook entdeckt: „Die GIZ sucht Pflegekräfte für Deutschland“. Die 23-jährige Georgierin hat zwar einen guten Job in der plastischen Chirurgie, die Ausschreibung reizt sie aber trotzdem. „Ich habe mich dann einfach beworben, weil ich eine neue Herausforderung gesucht habe“, sagt sie rückblickend. Und wird im anschließenden Bewerbungsverfahren als eine der wenigen unter 80 Kandidaten ausgewählt. 

Danach heißt es dann erst einmal wieder die Schulbank drücken. Im Goethe-Institut in Tiflis, der georgischen Hauptstadt, wo sie mit ihrer Großmutter wohnt, lernt sie vier Monate lang die deutsche Sprache bis zum B1-Niveau. Im April 2015 reist sie dann in Frankfurt an, zusammen mit drei georgischen Kolleginnen, und arbeitet seitdem im Krankenhaus Nordwest auf einer Inneren Station. „Wir wurden am Flughafen abgeholt und haben dann erst einmal das Krankenhaus und die Stadt kennengelernt“, sagt Manana S. Auch ein Wohnheimzimmer steht schon für sie bereit.

Trotz des Sprachkurses habe sie sich am Anfang nur mit Händen und Füßen verständigen können, erzählt sie. „Die ersten drei Monate waren sehr anstrengend, bis meine Sprachkenntnisse dann besser waren.“ Am Klinikum lernt sie zweimal pro Woche in ihrer Freizeit weiter Deutsch. Im Krankenhaus Nordwest gibt es dafür extra eine festangestellte DaZ-Lehrerin (Deutsch als Zweitsprache), die selbst Krankenschwester ist. 

Mittlerweile hat Manana S. ihr Anerkennungsverfahren bestanden und sich sehr gut in der Mainmetropole eingelebt. „Die Arbeit hier macht mir sehr viel Spaß. Alle Kollegen haben mich unterstützt und sind sehr hilfsbereit. Trotzdem hatte ich in den ersten Monaten häufiger Heimweh“, gesteht sie. „Aber zum Glück gibt es ja WhatsApp. So kann ich mit meiner Familie und meinen Freunden in Kontakt bleiben.“

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