• 01.09.2016
  • Management
Change Management

Mit Widerständen umgehen

Die Schwester Der Pfleger

Ausgabe 9/2016

 

Veränderungsprozesse in Gesundheitseinrichtungen können lange dauern, viel Energie binden und hohe Kosten verursachen. Manchmal verebben sie auch oder scheitern gar komplett. Um erfolgreich Veränderungen umsetzen zu können, müssen typische Fallen und Tücken beim Change-Prozess umgangen werden. Dabei spielen der Umgang mit Widerstand und die Kommunikation eine entscheidende Rolle.

Gesundheitseinrichtungen befinden sich in einem dynamischen Umfeld, sodass stetig die Notwendigkeit von Anpassungen besteht. 

Change muss von kontinuierlicher Weiterentwicklung abgegrenzt werden. Bei Change geht es um weitreichende Veränderungen, bei denen etwas Neuartiges geschaffen wird. Bei einer kontinuierlichen Weiterentwicklung liegen kleine, ineinanderfließende Schritte vor, die erst über einen längeren Zeitraum hinweg auch zu umfangreichen Veränderungen führen können. Wird das bisherige Vorgehen modifiziert, kann bei dem nachfolgenden Verhalten immer noch der ursprüngliche Zustand erkannt werden. Im Kern geht es schwerpunktmäßig um Effizienzsteigerungen, also um die Frage, wie man dasselbe schneller, kostengünstiger oder mit weniger Risiko erreichen kann. Beim Change kommt es zu einer abrupten Abkehr vom bisherigen Status, es wird ein völlig neues Denken und ein Verständnis für neue Konzepte erforderlich.

Werden Veränderungen ungesteuert vorgenommen, ist die Erfolgswahrscheinlichkeit gering, selbst wenn die dahinterstehende Idee sinnvoll ist. Genau an diesem Punkt setzt Change-Management an. Im Mittelpunkt steht die Steuerung des sozialen Veränderungsprozesses. Denn die Führungskräfte und Mitarbeiter, die von der Veränderung betroffen sind, sind der zentrale Erfolgsfaktor für das Gelingen des Prozesses. Je mehr Bereiche der Einrichtung von den Veränderungen betroffen sind, desto komplexer ist die Steuerung des Prozesses.

Wie Veränderungen auf Mitarbeiter wirken

Veränderungen werden durch die Beschäftigten oftmals als Bedrohung wahrgenommen. Zudem verlangen sie eine Abkehr von bislang bestehenden Einstellungen und Verhaltensmustern (Abb. 1). Offenkundig werden kann Widerstand auf verschiedene Weisen (Abb. 2).                            &nbs

Generell kann man drei Arten von Widerständen unterscheiden:

  • Der rationale Widerstand basiert auf sachlichen Argumenten gegen die Veränderung. Deshalb ist es die Form von Widerstand, die am einfachsten zu handhaben ist. Kann man den Mitarbeitern die Notwendigkeit der Veränderung nachvollziehbar begründen, gelingt es in der Regel sehr schnell, die Beschäftigten für die Veränderung zu gewinnen.
  • Politischer Widerstand entsteht durch die Angst, auf Grund von Veränderungen an Einfluss und Macht zu verlieren. Das Problem beim politischen Widerstand ist, dass er regelmäßig nicht offen vorgebracht wird. 
  • Emotionaler Widerstand entwickelt sich aus Ängsten der Mitarbeiter vor dem Wandel. Der emotionale Widerstand lässt sich nicht mit sachlichen Argumenten erklären, vielmehr spielen subjektive, nicht rational erklärbare Gefühle die entscheidende Rolle. Oftmals handelt es sich dabei um die Angst, mit den Veränderungen nicht zurechtzukommen.

Keine Veränderung ohne Widerstand

Um mit Widerständen zielgerichtet umgehen zu können, sind verschiedene Aspekte zu beachten. Es gibt keine Veränderungen ohne Widerstand: Veränderungen führen zu Unmut, dies ist nichts Außergewöhnliches. Anlass zur Sorge gibt es eher, wenn das Team gar keine Reaktion zeigt. Dies ist ein Zeichen dafür, dass die Belegschaft gar nicht erst an die Umsetzung der Veränderungsmaßnahme glaubt. 

Widerstand enthält immer eine verschlüsselte Botschaft: In den meisten Fällen sind Veränderungen notwendig und sinnvoll. Die Bedenken, Befürchtungen oder Ängste haben meist gar nichts mit den Änderungen an sich zu tun, sondern haben ihre Wurzel im emotionalen Bereich.

Wird Widerstand ignoriert, führt das zu Blockaden. Das Management sollte prüfen, ob die Voraussetzungen für den Veränderungsprozess wirklich gegeben sind. Der Aufbau von verstärktem Druck führt lediglich zu einem verstärkten Gegendruck der Beschäftigten und ist daher nicht zielführend. 

Wichtig ist zudem: Mit dem Widerstand, nicht gegen ihn arbeiten. Die Ursachen des Widerstands müssen erforscht werden, nur so kann damit konstruktiv umgegangen werden. Dem Widerstand muss ausreichend Raum eingeräumt werden. Dazu müssen sich die Führungskräfte Zeit für die Kommunikation mit den Beschäftigten nehmen und die Mitarbeiter in die Änderungsprozesse einbeziehen. Wenn Arbeitnehmer das Gefühl haben, beteiligt zu werden, sind sie eher bereit, Neuerungen zu akzeptieren, sie zu gestalten und den neuen Weg mitzugehen.

Change-Management an einem Beispielfall

Am Beispiel der Einführung eines Integrierten Aufnahmemanagements in einem Krankenhaus soll der Umgang mit Widerständen verdeutlich werden.

Organisatorische Änderungen bei der Aufnahme sind in der Umsetzung komplex, da zahlreiche Berufsgruppen und vielfältige, bisher gewohnte Abläufe davon betroffen sind. Bei der Einführung eines Integrierten Aufnahmemanagements im Rahmen des Veränderungsprozesses bestehen vielfältige Bedenken seitens des ärztlichen und pflegerischen Dienstes, mit denen sich die Führungskräfte auseinandersetzen müssen. Insbesondere Wissens- und Willensbarrieren erschweren die Veränderung. 

Die Perspektive der Fachabteilungen: Die Fachabteilungen stehen dem Konzept zunächst skeptisch gegenüber, da sie ihre eigenen Interessen beeinflusst sehen. Termine können nicht mehr selbstständig vergeben werden, ebenso wird der Einfluss auf die Betten- und die Operationssaalplanung reduziert. Zudem wird die Gefahr einer Reduktion der Bettenzahl der Abteilung durch die Festlegung von fließenden Bereichen genannt. Kritisiert wird auch der Verlust an Flexibilität und der Möglichkeit einer individualisierten Patientenaufnahme. 

Die Sicht der Pflegenden: Auch im Pflegedienst bestehen diverse spezielle Befürchtungen. Eine Willensbarriere entsteht aus der Angst heraus, dass der eigene Arbeitsplatz gefährdet sein könnte, wenn das Integrierte Aufnahmemanagement seine angedachte Wirkung entfaltet. Denkbar sind die Schließungen ganzer Stationen oder die Einsparung von Stellen auf den Stationen, da Tätigkeiten künftig zentral erledigt werden. Es fehlt der Glaube daran, dass die bisher nach subjektiver Meinung der Stationen gut durchgeführte Planung von Maßnahmen und die Bettenbelegung genauso durch eine zentrale Einheit durchgeführt werden kann. Aus Sicht der Pflegekräfte könnte es zu einer Überbelegung der Stationen, unzufriedenen Patienten und Abstimmungsdefiziten mit der Zentraleinheit kommen.

Besonders problematisch wird zudem das mögliche Konfliktpotenzial mit den Ärzten gesehen. Einerseits erwartet das Zentrale Belegungsmanagement eine Aussage über anstehende Entlassungen, andererseits obliegt die Entlassungsentscheidung letztendlich jedoch dem behandelnden Arzt.

Die Rolle des Change-Managers: Der Change-Verantwortliche muss darauf achten, dass von Anfang an eine realistische Projektplanung vorgenommen wird. Im Rahmen der Einführung sind vielfältige Maßnahmen zu ergreifen, um den Akzeptanzbarrieren entgegenwirken zu können. Ausgangspunkt ist die umfassende Kommunikation des Konzeptes im gesamten Krankenhaus. 

Alle Mitarbeiter müssen die Möglichkeit haben, sich an der inhaltlichen Ausgestaltung des Konzeptes aktiv zu beteiligen, sämtliche sachliche Gegenargumente sind anzuhören und ausführlich zu diskutieren. Der Angst vor einem Jobverlust kann durch eine Arbeitsplatzgarantie entgegengewirkt werden. Auch gegenüber Zuweisern sollte die Umstellung frühzeitig kommuniziert werden, um Anlaufschwierigkeiten und daraus resultierende Annahmeschwierigkeiten des neuen Konzepts zu vermeiden. So kann verhindert werden, dass beharrliche Kritiker des Systems Bestätigung erfahren und versuchen, weitere Verbündete gegen das Konzept zu gewinnen. 

Eine frühzeitige Schulung der Mitarbeiter kann durch Hospitationen in Kliniken erreicht werden, die bereits ein Integriertes Aufnahmemanagement eingeführt haben. Ebenso sollten die Beschäftigten, die in dem künftigen Bereich arbeiten, in den einzelnen Fachabteilungen einige Zeit präsent sein, um die Abteilung besser kennenzulernen. Schulungen der künftig im neuen Bereich tätigen Personen durch externe Stellen unterstützen ferner den Prozess einer erfolgreichen Einführung. 

Der Fortschritt der Implementierung sollte regelmäßig gegenüber den Mitarbeitern kommuniziert werden. Nur so können möglicherweise auftretende Konflikte frühzeitig erkannt und einer Lösung zugeführt werden. Spezielle Qualitätszirkel könnten etwa gegründet werden, um sich mit den identifizierten Defiziten auseinanderzusetzen. Für Klarheit bei den Abläufen wird durch die schriftliche Niederlegung und regelmäßige Anpassung von Verfahrensanweisungen gesorgt. Regelmäßige Audits, die auch durch externe Experten durchgeführt werden, können helfen, Schwachstellen in den neuen Prozessen zu erkennen.

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