• 11.05.2022
  • PflegenIntensiv
Patiententransfer von der Intensivstation in den OP und zurück

Ein- und Ausschleusen

PflegenIntensiv

Ausgabe 2/2022

Seite 74

Pflegefachpersonen an der Schleuse, dem Eingang zum OP, benötigen nicht nur umfangreiche pflegerische Expertise und Kompetenzen, sondern auch hohe Flexibilität, gute Kommunikationskenntnisse und großes Einfühlungsvermögen. Die Autorin beschreibt die Anforderungen für einen gelingenden Patiententransfer.

Ein Patiententransfer bedeutet für eine Patientin oder einen Patienten (im Folgenden: Patient) Aufregung, auch wenn sie oder er sediert ist oder im Koma sein sollte. Dies sollten sich Mitarbeitende immer wieder bewusst machen.

Zur Vorbereitung eines Intensivpatienten sollte die Intensivstation frühzeitig aus dem OP die Information erhalten, wann ungefähr der zu operierende Patient abgerufen wird. Dies schafft ausreichend Zeit, um z. B. Unterlagen zusammenzustellen (evtl. Laufbogen und zwei bis drei Patientenaufkleber), zu überprüfen, ob alle verordneten Medikamente eingetragen und verabreicht wurden, ggf. Waschungen vorzunehmen. Wichtig ist zudem, dass der Patient das Identi­fizierungsarmband trägt. Auch sollte der Patient selbst über die bevor­stehende Operation informiert werden – unabhängig davon, ob er ansprechbar ist oder nicht.

Anforderungen an das Schleusenpersonal

Schulung und Einweisung. Pflegefachpersonen benötigen gute Einweisungen für Schleuse und OP-Tische. Regelmäßige Schulungen sollten das sichere Anwenden der Geräte ermöglichen. Denn der sorgfältige und routinierte Umgang mit medizinischen Geräten vermittelt Patienten Sicherheit. Mangels Zeit sind sorgfältige Einweisungen allerdings oftmals nicht möglich – laut Aktionsbündnis Patientensicherheit gefährdet dies sowohl Patienten als auch Personal.

Die mechanische Umbettschleuse birgt Fehlerquellen, auf die jede Pflegefachperson vorbereitet sein sollte. Der OP-Tisch wiederum verfügt über eine Reihe von Funktionen, die das Pflegepersonal kennen sollte, um einen sicheren Transfer zu gewährleisten.

Vorbereitung des OP-Tisches. Um den richtigen OP-Tisch für eine Operation auszuwählen, ist es notwendig, die verschiedenen Operationsmethoden und die dazugehörigen Lagerungen zu kennen. So erfordern z. B. Wirbelsäulenoperationen üblicherweise einen Carbontisch, auf dem der Patient dann in Bauchlage zu platzieren ist. Ist eine Umlagerung noch vor Beginn der Operation nötig, ist der Tisch mit speziellen Vorrichtungen zu versehen, z. B. sind für eine Steinschnittlage Beinhalter anzubringen. Muss im Zuge einer geplanten Operation geröntgt werden, ist eine Röntgenmatte zu unterlegen. Aber auch hier gibt es Vorgaben, die die Pflegefachpersonen kennen müssen: So darf die Röntgenmatte etwa im Falle einer Hüft- oder Oberschenkeloperation nicht im Hüftbereich unterlegt werden.

Die jeweiligen Standards eines Hauses geben gute Anhaltspunkte. Sie beschreiben u. a., wie für welche Operation die Lagerung zu erfolgen hat und welche Materialien benötigt werden.

Identitätskontrolle. Das Aktionsbündnis Patienten­sicherheit hat zur Identitätskontrolle eine klare Handlungsempfehlung herausgegeben, um sicherzustellen, dass der richtige Patient an der richtigen Stelle operiert wird. Die meisten Krankenhäuser verwenden hierzu sog. Checklisten, die die Pflegefachpersonen an der Schleuse ausfüllen:

  • Den Patienten – soweit möglich – aktiv einbe­ziehen und ihm offene Fragen stellen: nach dem Namen, dem Geburtsdatum und der geplanten Operation.
  • Die von Ärztin oder Arzt vorgenommene Seitenmarkierung prüfen.
  • Das Identifizierungsarmband des Patienten kontrollieren bzw. scannen.
  • Die Einverständniserklärung abfragen – ohne sie kann weder eine Operation noch eine Narkose erfolgen.


Sinnvollerweise sollten diese Checklisten Vermerke enthalten, was zu tun ist, wenn bestimmte Fragen nicht korrekt beantwortet werden können oder Unterlagen nicht vorliegen. Das schafft klare Verhaltens­regeln und Prozesse.

Sturzprophylaxe. Für den sicheren Transfer vom Bett auf den OP-Tisch sind beide Gestelle zu fixieren: Mögliche Höhenunterschiede sind auszugleichen, ein ggf. vorhandener Abstand zwischen Bett und Tisch ist zu überbrücken. Patienten benötigen für diesen Vorgang genaue Anweisungen, was sie wie tun sollen und was nicht. Da OP-Tische schmal sind, ist die Sicherung der Seiten eine wesentliche Aufgabe des Pflegepersonals, um einen Sturz des Patienten vom Tisch zu vermeiden.

Erkennen und Einordnen der Erkrankung. Das Pflegefachpersonal muss die Erkrankungen und Ressourcen des Patienten kennen und mögliche Vorerkrankungen einordnen können, um den Transfer eines Patienten individuell und professionell zu gestalten. Denn es ist ein Unterschied, ob der junge fitte Sportler für eine Osteosynthese seines Außenknöchels auf den OP-Tisch zu transferieren ist oder die hochbetagte Dame mit schwerem Asthma und einer Parese des linken Arms.

Pflegefachpersonen müssen zur Vorbereitung von Operationen auch prüfen, ob der jeweilige Patient Einschränkungen im Bewegungsapparat hat, wie sein Hautzustand ist, ob ggf. Dekubitusgefahr besteht. Als Unterlage auf dem OP-Tisch bieten sich generell Gel- und Wärmematten an, da der Patient – unabhängig davon, ob Bauch- oder Rückenlage – längere Zeit ruhig und unbeweglich liegen muss.

Hygiene. Hygiene ist ein zentraler Aspekt für die Arbeit an der Schleuse: Das Wissen um Basishygiene und Flächendesinfektion sowie der korrekte Umgang mit Infektionskrankheiten sind essenziell. Wichtig ist daher die rechtzeitige Information seitens des Personals auf der Intensivstation, ob und wie infektiös ein Patient ist. So kann das Schleusenpersonal entsprechende Vorbereitungen treffen.

Im Übrigen gelten die Hygienepläne eines Krankenhauses als Dienstanweisungen. Das Robert Koch-Institut informiert zudem regelmäßig über Neue­rungen und spricht Empfehlungen aus.

Umlagern des Patienten

Das Pflegefachpersonal begrüßt den Patienten und stellt sich ihm vor. Zwecks Kontrolle der Identität des Patienten und zur Dokumentation der Einschleusezeit ist dessen Armband zu scannen. Zudem sollte das begleitende Pflegefachpersonal der Intensivstation den Namen des Patienten nochmals bestätigen, sofern dieser selbst dazu nicht in der Lage ist.

Kommunikation. Für das weitere Prozedere ist es bedeutsam, den Patienten – soweit ansprechbar – fortlaufend über die weiteren Aktionen zu informieren, ihn auch zu loben und zu motivieren.

Dabei sollten nicht alle beteiligten Personen reden. Wichtig für den Patienten ist, dass er die Stimme einer Kontaktperson vernimmt. Diese sollte sich immer mit Namen an ihn wenden. Aufgabe dieser Kontaktperson ist es zudem, einen Überblick zu haben, welche Tätigkeiten die Kolleginnen und Kollegen gerade ausüben, und ggf. an diese notwendige Anweisungen zu geben. Alle anderen Beteiligten verständigen sich untereinander leise oder nur über Augenkontakt. So entwickelt sich eine positive Atmosphäre, in der die Pflegefachpersonen Kompetenz ausstrahlen und dem Patienten Sicherheit vermitteln.

Teamwork. Da dieser meist selbst nicht in der Lage ist, vom Bett auf den OP-Tisch zu wechseln, ist für den Transfer Teamwork gefragt: Zunächst ist der Patient aufzudecken, um Anschlüsse und Schläuche zu lokalisieren, sodass diese im Folgenden keinen Schaden nehmen. Anschließend sollten drei bis vier Pflegefachpersonen den Patienten gemeinsam und vorsichtig z. B. mithilfe eines Rollbords auf den bereitgestellten OP-Tisch transferieren. Nach Beendigung dieses Vorgangs sollte der Patient wieder zugedeckt werden, wenn möglich mit einer angewärmten Decke im Sinne des Wärmemanagements.

Dekubitusprophylaxe. Zur Dekubitusprophylaxe ist anschließend die Lagerung zu verbessern. Mögliche Ansatzpunkte sind u. a. eine Knierolle, das Aufrichten des Oberkörpers zur Atemerleichterung oder das Glattziehen des Lakens auf dem OP-Tisch. Eventuell vorhandene Hautläsionen sollte das Pflegefachpersonal im Zuge dieser Vorgänge erkennen und dokumentieren.

Schläuche und Ableitungen lassen sich dann sicher sortieren und aufhängen. Ferner ist der Patient mit einem Sicherheitsgurt zu stabilisieren und gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass die Liege sehr schmal ist und dies zu seiner Sicherheit dient.

Und schließlich ist die Armschiene für den später ausgelagerten Arm vorzubereiten. Dazu ist darauf zu achten, den Arm nicht zu tief zu lagern, da sich auf Dauer Spannungen in der Brustmuskulatur einstellen können. Der Patient sollte bestätigen, dass die Armlagerung angenehm ist. Das Pflegefachpersonal sollte ihn bestenfalls mehrfach fragen, da er in seiner Aufregung im ersten Moment alles bejaht.

Rückverlegung. Ist der Patient pflegeseitig auf die OP vorbereitet, sollte das Patientenbett wieder frisch bezogen und für den Rücktransfer nach der Operation vorbereitet werden.

Nach der Operation ist das Team der Intensiv­station rechtzeitig zu informieren, wann der Patient wieder abholbereit ist.

Im Schleusenbereich sollte eine ruhige Atmosphäre herrschen. Erst wenn der Patient nach dem Aufwachen sicher ansprechbar ist, kann er In­formationen über seinen Gesundheitszustand er­halten.

 

Losch M. Patienten einschleusen. Der erste Eindruck zählt! Im OP 2021; 11 (05): 202–207. doi: 10.1055/a-1165–8413

Aktionsbündnis Patientensicherheit e. V. Umsetzung der Einweisungsverpflichtung für Medizinprodukte. Aktualisierte Handlungsempfehlung August 2021. Im Internet: www.aps-ev.de/wp-content/uploads/2021/08/APS_Medizinprodukte_Einweisung2021.pdf

Liehn M, Köpcke J, Richter H, Kasakov L. OTA-Lehrbuch – Ausbildung zur Operationstechnischen Assistenz. Kap. 4.1: Einschleusung des Patienten in den OP. 2. Aufl. Berlin: Springer-Verlag; 2018: 91 f.

Leitung der DGF-Arbeitsgruppe OTA

p.becker@dgf-online.de

 

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