Lob für das deutsche Gesundheitssystem, aber auch für die Leistung der Krankenhäuser in der Corona-Krise kam von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zum Auftakt des 20. DRG-Forums. Dennoch müssten wichtige Veränderungen nun in Angriff genommen werden – z. B. eine Neuordnung der Krankenhauslandschaft. Der Minister verteidigte das Aussetzen der Impfung mit dem Wirkstoff von AstraZeneca.
"So eine Pandemie ist auch für einen Gesundheitsminister kein Schonwaschgang, aber gut, so geht es vielen im Land."
Der Minister verteidigte das Aussetzen der Impfung mit dem Wirkstoff von Astra Zeneca. "Ich höre immer den Vorwurf, man müsse abwägen. Das Risiko vor allem von jungen Frauen ist nach jetzigem Wissensstadt deutlich erhöht", so Spahn. Das könne man nicht übergehen. Moderator Jörg F. Debatin wies darauf hin, dass gerade in Krankenhäusern auch viele junge Frauen arbeiten würden.
PPR ist ein unnötiges Provisorium
Spahn unterstrich in seinem Statement, dass sein Haus in den zurückliegenden Jahren vor allem das Thema Pflege adressiert habe. Als wichtigen Meilenstein nannte er die Herausnahme der Pflege aus den Fallpauschalen. Das Pflegebudget leiste einen hohen Beitrag dazu, den Beruf attraktiver zu machen. Auf das Pflegepersonalbemessungsinstrument von Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG), Verdi und Deutschem Pflegerat angesprochen, zeigte Spahn keine große Begeisterung.
"Ich sehe keinen Sinn darin, so ein Provisorium einzuführen."
Dafür habe man im Grunde das Pflegebudget.
"Das Pflegebudget ist ein Zwischenschritt, das ist keine Lösung für die nächsten 20 Jahre."
Vom Prozess her verwies Spahn auf die Personalbemessung, die in der Altenpflege gerade auf den Weg gebracht wird.
"Einen ähnlichen Prozess kann ich mir für das Krankenhaus vorstellen."
Die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig Fachkräfte insbesondere in der Pflege sind. "Es geht dabei um Wertschätzung, da reicht Applaus nicht", so der Minister. Um dem Mangel zu begegnen brauche man einen langen Atem, schließlich dauere es 3 Jahre, um eine Intensivkraft auszubilden, sagte Spahn.
Angetan vom Intensivbettenregister
Spahn lobte die Krankenhäuser für ihre Rolle in der Corona-Krise.
"Unser System war zu keiner Zeit überlastet, wir konnten auch immer wieder Patienten aus dem Ausland übernehmen. Wir haben in dieser Jahrhundertpandemie eine Reihe von richtigen Maßnahmen ergriffen."
Spahn zählte die für die Kliniken relevanten auf: Freihaltepauschalen, Finanzierung neuer Intensivbetten, Mindererlösausgleich für 2020 und 2021, die Pauschalen für Schutzkleidung, das Aussetzen der MDK-Prüfung. Spahn lobte das in der Pandemie aufgebaute digitale Intensivbettenregister.
"Man kann sich fragen, warum es das nicht früher gegeben hat, auf jeden Fall aber wird es bleiben."
Auf die per Video eingereichte Bitte von Klinikgeschäftsführer Martin Bosch, Geschäftsführer des St. Josefs-Hospital Wiesbaden, verlässliche Rahmenbedingungen in der Corona-Krise zu schaffen, entgegnete Spahn:
"Das Schwierigste in einer Jahrhundertpandemie ist Planbarkeit. Ich denke, der Bericht aus dem Expertenbeirat über die Finanzierung der Kliniken bis September 2020 hat gezeigt, dass unserer Weg richtig war."
Nun müssen man den Gesamtjahresbericht abwarten – der noch im Lauf des Monats im Ministerium liegen soll.
Strukturdebatte: Versorgung ist nicht bedarfsgerecht
Natürlich ging Spahn auch auf die Neuordnung der Krankenhauslandschaft ein und dazu erreichten ihn auch einige Fragen aus dem Netz. Wir müssen in den 2020er-Jahren intensiv besprechen, was Grundversorgung ist, so Spahn. Als Faktor müsse Erreichbarkeit dienen, aber auch Qualität. Nicht jedes Haus müsse alles machen, unterstrich der Minister einmal mehr.
Das heiße nicht, dass schwierige Eingriffe immer in den großen Stadtkrankenhäusern gemacht werden müssten.
"Es gibt auch viele Spezialisten auf dem Land, aber es muss abgestimmt sein."
Der Minister erinnerte daran, dass sich die DKG bereit erklärt habe, an einer Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft mitzuarbeiten, "vielleicht auch mehr als in der Vergangenheit".
"Wir haben Überversorgung vor allem in Großstädten und Regionen, wo es zu wenig Leistungsanbieter gibt. Die Versorgung in Deutschland ist nicht bedarfsgerecht."
Leistungsbezogene Vergütung sei der richtige Weg. Dafür brauche man aber eine bedarfsgerechte Krankenhausplanung.
Dass es bei der Strukturdebatte mitunter schwierige Player gibt, weiß auch Spahn.
"Wir sind ein Bundesstaat mit 16 Bundesländern", gab er zu Protokoll und es sei klar, wer für die Investitionen der Krankenhäuser verantwortlich sei. Auf die Frage des Moderators Jörg Debatin, ob die 3 Mrd. Euro für IT aus dem Krankenhauszukunftsfonds eine Art "Template" für die künftige Krankenhausfinanzierung sein könnten, antwortete Spahn ausweichend. Dies sei wünschenswert, aber im Grunde seien natürlich die Länder verantwortlich. Spahn erklärte, dass es bei der Digitalisierung der Kliniken großen Nachholbedarf gebe. Ein gewichtiger Teil des Bundestopfes fließt in die IT-Sicherheit. Der Minister betonte, dass immer mehr Krankenhäuser von Cyberkriminellen erpresst würden.
"Es ist nicht so sexy, in Cybersicherheit zu investieren, aber es ist wichtig, damit wir safe sind."
Notfallversorgung: Politik der kleinen Schritte
In der Diskussion um die Notfallversorgung hat der Minister die große Notfallreform nicht geliefert. Nun soll ein Ersteinschätzungssystem in Kliniken auf den Weg gebracht werden – für viele ist das viel zu wenig. Das Terrain ist vermint mit all den Interessen von Bund, Ländern, Kliniken und niedergelassenen Ärzten. Wer macht was, diese Frage war am Ende nicht auflösbar.
"In der Pandemie, wo Bund und Länder miteinander agieren müssen, ist es schwierig so eine schwierige Frage lösen zu wollen."
Eine Strukturierung nach den Vorstellungen des Ministers war nicht mehrheitsfähig, deshalb habe er sich entschlossen, den Weg der kleinen Schritte zu gehen.
"Den Bürgern ist es wahrscheinlich egal, ob die Notfallversorgung von Kassenärzten oder Krankenhäusern gesteuert wird."
Wichtig sei für Patientinnen und Patienten, dass die ganze Notfallversorgung aus einer Hand komme.
Ambulantisierung: "Bemerkenswerter Befund"
Stichwort Ambulantisierung – müsste es nicht ein drittes Budget geben für den ambulant-stationären Bereich, wenn er sich denn entwickelt? Es müsse klar sein, was in so einen Bereich fällt, antworte Spahn auf diese Frage des Moderators Debatin.
"Das BMG hat zweimal versucht, diese Frage als Auftrag auszuschreiben, aber es hat sich keiner beworben", so der Minister. Das sei ein bemerkenswerter Befund. "Wir packen dieses Thema gerne an, dann muss es aber konkret sein."