Eine Pflege-Expertengruppe aus Praxis, Ausbildung und Wissenschaft hat sich besorgt geäußert zur fehlenden Innovationsbereitschaft in der Branche und zur Versorgungspraxis. Nach gut 20 Jahren fällt das Resümee des 10-köpfigen Expertengremiums gemischt aus. 2000 hatte dieses im Rahmen des von der Robert Bosch Stiftung (RBS) initiierten Projekts "Pflege neu denken" u. a. eine Reihe von Handlungsempfehlungen ausgesprochen: zur besseren Verzahnung von Pflegeausbildung und Versorgung, zur Stärkung der beruflichen Autonomie, zur Förderung von Professionalität und Qualität in der Pflege sowie zu mehr Interdisziplinarität und Internationalität.
Halbherzigen Zusammenführung der Pflegeberufe
Von der halbherzigen Zusammenführung der Pflegeberufe in der aktuellen Pflegeausbildung und der unzureichenden Finanzierung von Pflegestudiengängen zeigte sich das Gremium nicht überzeugt. Auch das Zögern und Bremsen von Verantwortlichen in Politik und Gesundheitssystem hinsichtlich der Weiterentwicklung und Aufwertung der Pflegepraxis durch Innovationen, Forschung sowie Wissenschaft stimme nachdenklich.
Besorgt äußerte sich am Montag die damalige Initiatorin der RBS, Almut Satrapa-Schill:
"Wir sehen trotz einiger wichtiger Entwicklungen, die es in der Pflege inzwischen gegeben hat, auch heute noch die Aktualität und Dringlichkeit der damaligen Empfehlungen! Wir brauchen weiterhin Reformen zu einem attraktiven, durchlässigen und zukunftsorientierten Pflegebildungssystem von den Assistenzkräften über Pflegefachfrauen und -männer bis hin zu den hochschulisch qualifizierten und spezialisierten Pflegeexperten."
Das Gremium kritisierte zudem, dass in Deutschland noch "viel zu wenig" in Innovation, Forschung und Wissenschaft für Pflege investiert werde.
"International ist es üblich, dass man viel mehr in der Pflege forscht und in der pflegerischen Versorgung mehr Verantwortung übernehmen und auch Karriere machen kann."
Qualifikationsmixmodelle in der Pflege anwenden
Mit Blick in die Zukunft sieht die Expertengruppe aktuell auch besondere Handlungsbedarfe in der Versorgungspraxis. Der Direktor des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung, Frank Weidner, der mit an den Handlungsempfehlungen seinerzeit gearbeitet hatte, konstatierte, dass Pflege neu zu denken und umzusetzen sei.
"Dazu sind Qualifikationsmixmodelle anzuwenden, mit denen beruflich und akademisch Qualifizierte gemeinsam zum Wohle von Patienten und Pflegebedürftigen die pflegerische Versorgungspraxis sichern und in die Zukunft weiterentwickeln können!"
Positiv bewertete die Expertenarbeitsgruppe, dass mit dem jetzigen Pflegeberufegesetz die Idee der Integration beruflicher und akademischer Pflegeausbildung aufgegriffen worden sei. Die Expertinnen und Experten befürworteten ebenso die Ansätze zu größerer Autonomie der Pflegeberufe durch vorbehaltene Aufgaben, Pflegekammern und eigenständige Heilkundeausübung.