Der Bund soll der Pflegeversicherung kurzfristig eine Finanzspritze von einer Mrd. Euro geben. Grund: "unvorhergesehene pandemiebedingte Mehraufwendungen". Diese könnten nicht im Rahmen der Beiträge bis Jahresende ausgeglichen werden, heißt es in einem Schreiben des Finanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestags. Vergangenen Freitag hatten zuerst das Nachrichtenportal "ThePioneer" und die "Bild"-Zeitung darüber berichtet.
Beitragssatz konstant halten
Mit Überweisung des Geldes werde "eine sonst drohende Zahlungsunfähigkeit vermieden" und der Beitragssatz in diesem Jahr konstant gehalten, heißt es in dem Schreiben weiter, das der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt. Zahlungstermin solle der 5. Oktober sein.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte bereits im Juni in Absprache mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung festgelegt, dass die Pflegeversicherung kurzfristig einen Zuschuss von einer Mrd. Euro bekommt. Der Haushaltsausschuss muss allerdings noch zustimmen.
Aus Sicht des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen reicht ein kurzfristig geplanter Steuerzuschuss in der vorgesehenen Höhe allerdings nicht aus. In einer Stellungnahme des Verbands zu den Regierungsplänen, die dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" vorliegt, heißt es, nötig sei stattdessen ein Bundeszuschuss von 1,6 Mrd. Euro.
GKV-Spitzenverband fordert 1,6 Mrd. Euro
Andernfalls bestehe die "erhebliche Gefahr, dass es bei einzelnen Pflegekassen im November zu Liquiditätsproblemen kommen wird". Angesichts der Corona-Mehrkosten für die Pflegeversicherung im laufenden Jahr von rd. 5 Mrd. Euro "wäre ein entsprechend erhöhter Zahlbetrag in jedem Fall sachgerecht", so der Spitzenverband.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz betonte, es sei ein schwerer Fehler, die Ausgaben der Pflegeversicherung bisher allein über Mitgliedsbeiträge zu finanzieren. Schließlich würden alle anderen Sozialversicherungen durch zusätzliche Steuermittel gestützt, sagte Vorstandschef Eugen Brysch der dpa.
"Genau diese solidarische Finanzierung fehlt in der Altenpflege."
Wegen der gesetzlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung seien die Finanzreserven der Pflegekassen drastisch geschrumpft. Auch die Angebote von Kurzzeitpflege und Tagespflege seien stark heruntergefahren worden, um Personalreserven in der stationären Pflege zu haben. Jetzt fehlten genau diese Einnahmen.
Bessere Bezahlung von Pflegenden
Die Pflegereform der Großen Koalition sieht ab 2022 u. a. jährlich einen Steuerzuschuss von einer Mrd. Euro vor. Hintergrund sind Entlastungen für Heimbewohnerinnen und -bewohner bei Eigenanteilen für die Pflege sowie neue Regelungen mit dem Ziel einer besseren Bezahlung von Pflegefachpersonen.