Die internationale Rekrutierung von Pflegefachpersonen gerät nach Ansicht des International Council of Nurses (ICN) "außer Kontrolle". Damit lagerten wohlhabendere Länder ihre Kosten für die Qualifizierung von Pflegepersonal faktisch in ärmere Länder aus – "kostengünstig und ohne Rückerstattung" –, kritisierte ICN-Präsidentin Pamela Cipriano in der vergangenen Woche.
"Die Anwerbepraxis hat mittlerweile in vielen Ländern verheerende Folgen, in denen gravierende Versorgungslücken in den Gesundheitssystemen bestehen. Die Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation zur internationalen Rekrutierung von Gesundheitspersonal muss daher strikt befolgt werden – alles andere ist unvertretbar."
"Neue Form des Kolonialismus"
Der ICN beruft sich bei seiner Kritik auf aktuelle Berichte von Mitgliedsorganisationen aus afrikanischen Staaten. So hätten ruandische Pflegefachpersonen ICN-Geschäftsführer Howard Catton während des einwöchigen ICN-Programms "Organizational Development of National Nursing Associations" in Kigali/Ruanda die Auswirkungen der internationalen Anwerbestrategie geschildert. Aus ihrer Sicht sei die Rekrutierungspraxis wohlhabenderer Länder von gut ausgebildeten Pflegefachpersonen ärmerer Länder eine "neue Form des Kolonialismus".
Massiv in Pflegebildung investieren
Angesicht dieser Situation sei aus Sicht des ICN ein massiver Anstieg der Investitionen in Pflegeausbildung, Arbeitsplätze und Führungsqualitäten nötig. Sonst werde es nicht gelingen, die Vision einer universellen Gesundheitsversorgung zu verwirklichen.